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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Glucksen hören, das wie eine freundliche Begrüßung klang.
    »Wer bist du denn?«, fragte Yonathan freundlich.
    »Din-Mikkith«, antwortete Rotschopf. »Liebes Din-Mikkith.«
    Yonathan kippte die Kinnlade herunter. Damit hatte er nicht gerechnet. Sicher, Zirah, der Vogel Kapitän Kaldeks, hatte auch gesprochen, sogar auf unheimlich verständige Weise. Jenes Wesen hatte jedoch sein ganzes Leben lang in der Gegenwart von Menschen gelebt und war vielleicht gar kein gewöhnliches Tier. Aber das hier! Mitten im Regenwald des Verborgenen Landes lief Yonathan dieser kleine Vogel über den Weg, der auf die Frage nach seinem Namen klar und verständlich antwortete.
    Yonathan fragte sich soeben, ob es hier eigentlich auch normale Pflanzen und gewöhnliche Tiere gab, da ertönte hinter ihm Yomis laute Stimme: »Was ist denn das für ein komisches Federvieh?«
    Bevor Yonathan den Zeigefinger auf die Lippen legen konnte, erhob sich Rotschopf erschrocken in die Lüfte und flatterte davon.
    »Der war ja fast so bunt wie Zirah.« Yomis Stimme klang bewundernd.
    »Ja, aber wesentlich freundlicher«, erwiderte Yonathan verärgert, ohne sich zu Yomi umzudrehen.
    Sie verfolgten den Flug des kleinen, bunten Vogels, der sich in den Himmel emporschraubte. Plötzlich tauchte von Norden ein schwarzer Schatten auf.
    Yonathan erinnerte sich sogleich, einen solchen Vogel schon einmal gesehen zu haben – vor drei Tagen, als sie aus den Höhlen des Ewigen Wehrs in den Wald herabgestiegen waren.
    Der schwarze Vogel stieß auf den kleineren, bunten herab. Doch dieser reagierte schnell. Kurz bevor der schwarze Schatten den Rotschopf erreicht hatte, wich der Papagei mit einem geschickten Haken aus. Die Klauen des größeren Tiers griffen ins Leere. Rotschopf stieß einen gellenden Schrei aus, eher spöttisch als furchtsam. Seine Bewegungen in der Luft waren quirlig und spielerisch leicht – nichts war mehr von der Tollpatschigkeit übrig geblieben, mit der er noch eben am Boden herumgewatschelt war.
    Doch der dunkle Angreifer gab nicht auf. Mit kraftvollen Flügelschlägen setzte er dem kleineren Vogel nach und erneut stieß er auf ihn hernieder. Diesmal hatte der schwarze Greif wohl nicht beachtet, dass er sich gefährlich nahe über den Baumkronen befand. Rotschopf wich abermals mit einer flinken Drehung aus und verschwand hinter den Bäumen. Sie hörten lautes Rascheln und dann das Knacken von brechendem Geäst. Einen Moment lang war Ruhe und Yonathan fürchtete schon, die Krallen des schwarzen Vogels könnten Rotschopf verletzt haben. Dann jedoch erklang wieder der spöttische Schrei des kleinen Vogels und kurz darauf erschien er selbst, hoch über den Köpfen der beiden erleichtert aufatmenden Menschen. Er drehte noch eine schnelle Schleife und verschwand sodann in Richtung Süden.
    Yonathan und Yomi blickten sich wortlos an. Bevor sie noch etwas sagen konnten, zog wieder das Rauschen von Vogelschwingen ihre Aufmerksamkeit auf sich. Der schwarze Greif erschien in ihrem Blickfeld. Bereits zuvor hatten sich die Bewegungen dieses schattenhaften Geschöpfes eher durch Kraft denn durch Grazie ausgezeichnet, jetzt jedoch war auch der letzte Rest von Eleganz gewichen. Schwerfällig entschwand das Tier in schlangenförmiger Bahn gen Süden.
    »Den hat’s wohl ziemlich arg erwischt«, bemerkte Yomi.
    »Wenn du ihn nicht aufgescheucht hättest, dann wäre dem kleinen Rotschopf diese ganze Jagd erspart geblieben.«
    »Ja, und damit eine Menge Spaß«, entgegnete Yomi trocken.
    Yonathan wandte den Kopf wieder seinem Gefährten zu und wollte gerade eine empörte Miene aufsetzen – da musste er laut loslachen.
    Yomi war verwirrt. »Warum lachst du denn so dämlich?« Er wandte sich verärgert ab. »Erst blitzt er mich an, dass ich befürchten muss, er würde mich jeden Moment mit Haut und Haaren verspeisen – nur, weil ich diesen komischen Kauz verscheucht habe –, und dann lacht er im nächsten Augenblick, als wäre ihm jeglicher Verstand abhanden gekommen.«
    Yonathan beruhigte sich langsam wieder. »O Yo, entschuldige bitte, aber du solltest dich sehen.«
    Yomi drehte sich wieder zu Yonathan um. »Wenn du dich wieder beruhigt hast und dir gerade nichts Besseres einfällt, könntest du mir vielleicht verraten, was an mir so komisch sein soll.«
    »Du solltest mal deine linke Gesichtshälfte sehen.« Yonathan schaffte es, einen weiteren Heiterkeitsausbruch zu unterdrücken.
    »Yonathan!« Yomi stand breitbeinig vor seinem kleineren Begleiter, die

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