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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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schnellen und tiefen Schlaf gewesen…
     
    Der im Verborgenen Wirkende
    Sie fanden trotz tiefer Erschöpfung keinen Schlaf. Ihre Herzen
    weigerten sich ruhiger zu schlagen.
    »Yonathan, würdest du mir eine Frage beantworten?«
    »Lass hören.«
    »Die ganze Zeit frage ich mich, woher du es gewusst hast. Ich meine, woher konntest du wissen, dass diese Pflanze ihre Kinder verloren hat und Melech-Arez von ihr so enttäuscht war? Das war es doch wohl, was sie so ungeheuer erregte, dass sie die Kontrolle über sich verlor und wir fliehen konnten, nicht wahr?«
    »Vielleicht war es die Macht Haschevets oder sogar der Geist dessen, der Haschevet geschaffen hat, aber mit einem Mal schossen mir mehrere Gedanken durch den Kopf. Da war zunächst unsere Unterhaltung über Zephon. Mir wurde klar, dass dies, wenn schon nicht Zephon selbst, so doch sein Nachkomme sein musste. Damit stand auch seine Absicht fest: Er wollte, dass wir von seinen Früchten aßen und damit seine und Melech-Arez’ willenlose Diener werden sollten. Mit dieser Erkenntnis kam mir in den Sinn, was Navran, mein Pflegevater, mich vor langer Zeit einmal gelehrt hatte: ›Diejenigen, die ihr Dasein allein der Macht über andere Geschöpfe verschrieben haben, vermögen niemals Widerspruch zu erdulden, in dem auch nur ein Körnchen Wahrheit liegt. Wenn sie ihre Macht jedoch einem höheren, noch mächtigeren verschrieben haben, dann sind sie Sklave des Zweifels; denn Zweifel an der ungeteilten Ergebenheit gegenüber ihrem Gönner bedeutet für sie den Verlust seiner Aufmerksamkeit und damit ihres eigenen Daseinszweckes mit all ihrem Tun und Handeln.‹«
    »Puh! Hat dein Vater immer so unheimlich komplizierte Dinge zu dir gesagt?«
    Yonathan lächelte. »Nein, nein. So schwierig ist das gar nicht. Niemand, der andere unterdrückt, kann Widerspruch vertragen. Als ich Zephon widersprach und ihn beschimpfte, konnte er sich nur deshalb beherrschen, weil er sich einen Vorteil ausrechnete.
    Außerdem glaubte ich ihm nicht, dass Haschevets Berührung ihm nicht schaden könnte. Als ich nämlich kurz vorher nach ihm geschlagen hatte, war der Ast dem Stab auffällig schnell ausgewichen. Die Sache mit seinen verlorenen Kindern war nur eine Vermutung, das gebe ich zu. Aber mir gingen die verfallenen Treppen am Kraterrand nicht aus dem Sinn. Diese Stufen und der Ort, an dem der neue Zephon gepflanzt worden war, wiesen darauf hin, dass es einmal Geschöpfe gegeben haben muss, die Zephon dienten. Ich vermutete, dass es sichdabei um einige Übriggebliebene der Priesterschaft des alten Zephon handeln musste – schließlich hatten diese ja die Aufgabe die Samenkapseln Zephons in alle Welt zu tragen. Als Yenoach auf den Plan trat, wurde dieses Vorhaben vereitelt und das Land Zephons wurde für alle Völker verschlossen. Im Sepher Schophetim wird jedoch nichts darüber gesagt, ob nicht doch noch einzelne Wesen im Verborgenen Land übrig geblieben sind. Da heute keine Priester Zephons mehr da sind, die Treppe verfallen ist und der Baum sich wohl auch eher in einem toten als lebendigen Zustand befindet, vermutete ich, dass seine Diener ihn verlassen hatten – entweder sind sie ausgestorben oder sie haben dem Baum und dem Verborgenen Land den Rücken gekehrt.«
    Yomi nickte. »Mit deinen Vermutungen hast du bei Zephon jr. genau ins Schwarze getroffen. Vor Aufregung hat er unsere Flucht erst bemerkt, als sie nicht mehr zu verhindern war.«
    »Aber jetzt musst du mir auch eine Frage beantworten. Als ich aus diesem merkwürdigen Traumzustand erwachte, bemerkte ich einen eigenartig verklärten Ausdruck in deinem Gesicht. Hast du auch etwas geträumt, während Zephons Zweige damit beschäftigt waren, dich zu fesseln?«
    Yomi räusperte sich. Es war gar nicht notwendig etwas zu sehen, Yonathan spürte geradezu, wie sein Freund rot anlief. »Ach, na ja, irgendwas habe ich wohl geträumt.« Yomi bemühte sich vergebens seiner Stimme einen gleichgültigen Tonfall zu verleihen. »Irgend so ein dummer Traum. Es lohnt sich nicht, damit die Zeit zu vergeuden.«
    »Och, ich habe eine Menge Zeit.«
    »Es würde dich nur langweilen.«
    »Nach aufregenden Ereignissen langweile ich mich gern ein bisschen. Das entspannt!«
    »Du bist schlimm, Yonathan.« Yomi gab den Widerstand auf. »Also pass auf«, begann er. »Ich erzähle es kein zweites Mal.« »Das brauchst du auch nicht. Ich habe ein gutes Gedächtnis.«
    Yomi bedachte Yonathan mit einem strafenden Blick, bevor er fortfuhr. »Während ich

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