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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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irgendwas getroffen?«
    »Nein, nein«, klang Yonathans Stimme aus der Dunkelheit. »Es ist schon gut. Ich bin nur umgeknickt. Muss irgend so ein dummes Erdloch gewesen sein.«
    »Du hörst dich aber nicht an, als wäre alles in Ordnung. Tut wohl ungeheuer weh, was?«
    »Ja, ziemlich.«
    »Meinst du, der Fuß ist gebrochen?«
    »Keine Ahnung. Aber ich glaube nicht.«
    »Lass mich mal schauen.«
    Yomi zog Yonathan den rechten Stiefel aus und tastete vorsichtig den verletzten Fuß ab, drehte ihn anschließend etwas – erst nach innen, dann nach außen – und zog dann noch ein wenig daran. Sterne tanzten vor Yonathans Augen. Eratmete tief, um die aufsteigende Übelkeit zu bekämpfen. Schließlich sagte Yomi zufrieden: »Du warst tapfer, Yonathan. Das muss ziemlich wehgetan haben.«
    »Wem sagst du das!«
    »Gebrochen scheint jedenfalls nichts zu sein. Aber eine Verrenkung tut meistens mehr weh als ein ordentlicher Bruch. Wie geht es nun weiter? Meinst du, du kannst noch ein wenig laufen?«
    Yonathans Fuß fühlte sich heiß an. Die Haut spannte über einer Beule so groß wie ein Hühnerei, und der Schmerz pochte im Knöchel. Mit zusammengebissenen Zähnen erwiderte er: »Wenn du mir noch einen Augenblick Zeit lässt, dann wird es schon gehen.«
    »Bei einer solchen Verrenkung ist Kühlung immer das Beste. Dadurch wird die Schwellung zurückgehalten. Aber hier in diesem Wald ist ja alles warm, sogar das Quellwasser. Woher sollen wir da etwas Kaltes bekommen?«
    Yonathan hatte eine Idee. »Warte mal.« Er hoffte, dass es nicht als Missbrauch angesehen würde und öffnete das kleine Fläschchen, das Navran ihm anvertraut hatte. Er gab ein wenig von der Milch auf ein Tuch und drückte dieses auf seinen Knöchel. »Das tut gut«, stellte er zufrieden fest. »Die Milch aus dem Fläschchen ist kühler als alles andere in diesem Land.«
    Nach einer kurzen Erholungspause half Yomi Yonathan wieder auf die Beine. Mit viel Schmerzen hatte Yonathan seinen Fuß wieder in den Stiefel gezwängt. Von Yomi gestützt, konnte er humpelnd die Flucht fortsetzen.
    Die Gefährten waren noch nicht weit gekommen, da stellte Yonathan erschrocken fest, dass er völlig seine Umgebung vergessen hatte. Der Schmerz im Fußgelenk hatte jede andere Wahrnehmung hinweggewischt. Bestürzt raunte er seinem Freund zu: »Yo, ich glaube, wir sind…«
    »Keinen Schritt weiter«, unterbrach ihn eine raue, kehlige Stimme aus der Dunkelheit vor ihnen. »Ihr seid umstellt. Jeder Fluchtversuch ist zwecklos.«
    »War es das, was du mir sagen wolltest?«, fragte Yomi.
    »Genau das!«, bestätigte Yonathan.
    Als endlich die Lichter mehrerer Lagerfeuer aus dem Geäst vor ihnen auftauchten, hatte man Yonathan und Yomi bereits eine halbe Stunde lang durch den Wald getrieben. Yonathan war einer Ohnmacht nahe. Die Schmerzen in seinem rechten Fuß hatten ein Ausmaß angenommen, das er sich schlimmer nicht vorstellen konnte. Die letzte Meile hatte ihn Yomi mehr getragen als gestützt.
    Obwohl die Soldaten, die sie eskortierten, gleich nach ihrer Gefangennahme Fackeln angezündet hatten, war Yonathan viel zu sehr mit seinem verletzten Fuß beschäftigt, als dass er sie eingehender hätte betrachten können. Den Anführer der etwa zwanzig Mann starken Truppe schien nichts weniger zu interessieren als Yonathans Verletzung. Jetzt – im gelben Licht der sechs Lagerfeuer – stellte Yonathan fest, dass jeder Augenblick, den er nicht in Gesellschaft dieser Furcht einflößenden Gesellen zubringen musste, ein Gewinn war. Allein ihr Anblick genügte jeden Zweifel an Yomis Schilderungen von der Plünderung zu zerstreuen.
    Die Männer waren allesamt schwer bewaffnet. Sie trugen spitz zulaufende Helme mit einer Krempe aus stählernen Ringen. Unterhalb dieser Krempe war ein Besatz aus grünem Schlangenleder angebracht. Einige der Helme waren noch zusätzlich verziert mit Quasten aus unterschiedlich gefärbten Haaren und die Reptilhautborte unter der Krempe war mit goldfarbenen Nieten besetzt. Yonathan vermutete, dass die Köpfe darunter Hauptleuten oder verdienten Kriegern gehörten.
    Die Oberkörper der Kämpfer schützte ein ärmelloses, ledernes Wams mit rechteckigen Metallplatten. Darunter bestand die Bekleidung aus einer schlichten kurzärmeligen, dunkelblau oder schwarz gefärbten Leinentunika, die die nackten Beine frei ließ. Unterhalb der Knie trugen die Männer
    metallene Beinschienen und an den Füßen einfache
    Riemensandalen. Alle Metallteile waren aus

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