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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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nimm dich in Acht! Wenn auch dieser Punkt an dich geht, so solltest du daraus keine falschen Schlüsse ziehen. In Bezug auf den Stab Haschevet werde ich mich nicht so schnell von dir einwickeln lassen, Knabe Yonathan. Deshalb rate ich dir deine Zeit gut zu nutzen und gründlich über deinen Entschluss nachzudenken.«
    Zirgis gab seinem Gast keine Gelegenheit zu einer Erwiderung. In knappen Worten wies er den Fürsten Phequddath an, seinen Gnadenentscheid zu Protokoll zu nehmen, und stob sodann mit grimmiger Miene davon.
    Yonathan hatte wirklich Zeit zum Nachdenken! Neun Tage saß er nun schon im Palast fest. Neun Tage als regelmäßiger Gast an der Tafel des »Geliebten Vaters der Weisheit«. Neun Tage aber auch, an denen er sich der ständig wiederkehrenden Fragen des Kaisers erwehren musste. Seine Situation war nicht eben leicht, das hatte Felin ihm klargemacht. Für Zirgis stand fest, dass Yonathan im Palast bleiben würde, nur der Grad der Freiwilligkeit, mit dem der Träger des Stabes Haschevet diesem Entschluss zustimmen durfte, war noch ungeklärt.
    Yonathan nutzte die erzwungene Wartezeit für ausführliche Streifzüge durch den Sedin-Palast. Auf Barasadans Einladung hin durfte er sogar dessen »Labor« besichtigen und eine Reihe von Fragen stellen, die den Gelehrten ob ihrer Einsicht überraschten.
    Meist war Felin an Yonathans Seite und aus der anfänglichen Sympathie für den Prinzen hatte sich schnell Freundschaft entwickelt. Hin und wieder zog sich Yonathan in sein gemütliches Zimmer zurück, grübelte, entwarf Fluchtpläne oder griff zu seiner Flöte, um in ihren klaren Klängen sein inneres Gleichgewicht wieder zu finden.
    Zu Yonathans großer Freude hielt Zirgis in Bezug auf Belvin Wort. Gleich am Morgen nach dem kaiserlichen Beschluss stieg ein junger, baumlanger Soldat in die Gewölbe hinab und teilte dem verblüfften Kerkermeister mit, dass er zur Wachablösung antrete. Zum Glück hatten sich auch Yonathan und Felin vorgenommen ihr Sorgenkind noch vor dem Frühstück aufzusuchen. So gelang es ihnen unter gemeinsamem Schieben und gutem Zureden schließlich Belvin ins Freie zu befördern.
    Das Licht der Wintersonne war für den alten Kerkermeister geradezu überwältigend! Als Yonathan Belvin dann später in die Glasmacherwerkstatt begleitete, weinte der kleine Mann. Der Argwohn des jetzigen Meisters, der in Belvin einen unerwarteten Rivalen witterte, wurde von dem alten Glasmacher schnell ausgeräumt. Er war einfach froh den Handwerkern zusehen zu dürfen, durch verständige Fragen Neues hinzuzulernen oder selbst Empfehlungen und Ratschläge zu geben.
    Yonathan freute sich, wenn er das neue Leuchten in den Knopfaugen des Alten sah, der mit einem Mal gar nicht mehr so zerbrechlich wirkte – eher wie ein quirliger kleiner Gnom. Er war glücklich, dass er die eigene Furcht überwunden und Belvins Fall dem Kaiser vorgetragen hatte.
    So sehr ihn die Entwicklung des alten Kerkermeisters mit Freude erfüllte, so sehr sorgte sich Yonathan seiner Tatenlosigkeit wegen. Es war noch ein weiter Weg bis zum Garten der Weisheit und die Tage verstrichen, ohne dass er seinem Ziel auch nur eine Meile näher kam. Nur einmal hatte Yonathan versucht den Palastberg zu verlassen.
    Ihm war aufgefallen, dass in den Morgenstunden stets ein reger Verkehr am Haupttor des Palastbezirks herrschte; unentwegt gingen dort Leute aus und ein. Am Morgen des fünften Tages mischte er sich unter eine Gruppe von Personen, die ihrer Kleidung nach höhere Beamte des Hofes sein mussten. Kaum hatte er sich den unbeteiligt wirkenden Wachen auf zehn Schritte genähert, begannen diese die einzelnen Mitglieder der Gruppe aufmerksam zu mustern. Als er dann auf Höhe der geharnischten Soldaten war, versperrten ihm zwei Hellebarden den Weg. Mit gleichermaßen höflichen wie unnachgiebigen Worten sorgten die Wachen dafür, dass er als Einziger der Gruppe wieder kehrtmachen musste. An diesem Tage hatten sich in Yonathan auch die letzten Zweifel zerstreut, dass es nur zwei Wege gab, wieder vom »Thron des Himmels« herabzusteigen: das Wort des Kaisers oder die Flucht.
    »Ich kenne meinen Vater. Er ist halsstarrig wie eine Herde Esel. Freiwillig wird er dich nie gehen lassen.«
    Yonathan sah das genauso. »Aber was sollen wir machen? Der Palastberg ist nicht nur eine uneinnehmbare Festung, sondern man kommt auch nicht herunter, wenn es die Wachen nicht zulassen.«
    »Im Grunde hast du Recht«, sagte Felin. »Aber ich habe einen Plan, der gelingen

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