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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Als Yonathan den Ausführungen des Kaisers wieder folgen konnte, ging dieser gerade auf die Feiern zum dreißigjährigen Thronjubiläum ein.
    »Aus diesem Grunde habe ich mich entschieden – quasi als Höhepunkt der Feierlichkeiten – dem ganzen Volk Haschevet und seinen Träger vorzustellen. Auf dich, Yonathan, werden alle Augen gerichtet sein und sie werden in dir und dem Stab den Garanten für eine ewige Friedensherrschaft sehen.«
    Yonathan schwieg grimmig, da ihm keine Erwiderung einfiel. »Phequ«, wandte sich der Kaiser an den Haus-und Hofmarschall, »berichtet uns doch bitte von den grandiosenÜberraschungen, die wir außerdem geplant haben. Wenn
    Yonathan sieht, dass er die Krönung all dieser Attraktionen sein wird, zeigt er vielleicht ein wenig mehr Begeisterung. Schließlich wird er bald der berühmteste Junge von ganz Neschan sein.«
    Der Organisator der Jubiläumsfeiern nahm die Gelegenheit, sich in den Mittelpunkt zu rücken, dankbar an. Ausschweifend berichtete er von der einwöchigen Feier, die das Volk ununterbrochen in Atem halten sollte. Für jeden Tag war einemehr oder minder pompöse Überraschung geplant. Erstaunt folgte Yonathan dem Katalog der Sensationen, die einzig und allein dem Zweck dienten Zirgis’ Person zu verherrlichen. Der erste Tag sollte mit einem grandiosen Feuerwerk beschlossen werden und gleich am kommenden Morgen stand eine Militärparade auf dem Programm, deren Höhepunkt die Vorstellung eines neuen Waffensystems sein sollte – ein mit heißer Luft fliegendes Schiff (Barasadans neueste Erfindung). Weiterhin waren geplant: die Uraufführung eines Theaterstückes mit dem Titel »Die Befreiung der Schnecke aus dem Rosengarten«, eines jener avantgardistischen Werke, die der kunstliebende Kaiser so sehr schätzte; die Einweihung eines Brunnens, der während der Feierlichkeiten Wein spucken würde und den Kaiser als mutigen Bezwinger eines grässlichen Drachen darstellte; die feierliche Inbetriebnahme eines neuen Teilstückes der Stadtkanalisation; am sechsten Tag die Freigabe der zirgisischen Memoiren, einer Lebensgeschichte des Kaisers, die erstmals mit einer neuen Technik, dem Druck mit beweglichen Lettern, vervielfältigt wurde (wieder eine Erfindung des genialen Barasadan); und zum krönenden Abschluss war der Erlass einer Generalamnestie vorgesehen.
    Die Reaktionen der Zuhörer schwankten zwischen offener Begeisterung und wohlwollender Zurückhaltung. Der Kaiser strahlte die ganze Zeit. Felins Miene war unbewegt. Yonathan musste sich ein Gähnen verkneifen.
    Endlich neigte sich Phequddaths Monolog dem Ende zu.
    »Ich danke dir, Phequddath«, beschloss der Kaiser die Ausführungen und ersparte damit den Zuhörern die ausführliche Selbstwürdigung des Organisationsleiters und seiner geschilderten Großleistungen. »Nun, Knabe Yonathan,ist das nicht eine beeindruckende Kette von Überraschungen, die unser treuer Phequddath da zusammengeschmiedet hat? Wäre es da nicht eine Ehre und gleichzeitig ein goldener Überzug für diese Reihe von Festtagen, wenn du mit deinem Stab Haschevet am letzten Tag dem Volk vorgestellt würdest?« Zirgis hielt gespannt die Luft an. Er erwartete ganz offensichtlich, dass der Funke der Begeisterung nun endlich auch auf Yonathan übergesprungen sei.
    Als Zirgis’ Gesicht die Farbe seiner rot geäderten Nase angenommen hatte, glaubte Yonathan, etwas für die Gesundheit des Kaisers tun zu müssen. Er sagte: »Ich bin mir nicht sicher.«
    Zirgis stieß zischend die Luft aus. »Du bist dir nicht sicher?«
    »Euer Angebot ist eine große Ehre, Hoheit. Aber es ändert nichts an meinem Auftrag.«
    »Aber das habe ich dir doch schon vorhin erklärt«, widersprach Zirgis mit dräuender Ungeduld. »Dein Auftrag liegt hier, im Sedin-Palast, wo der ›Thron des Himmels‹ steht. Die Dynastie der Zirgonier ist der siebte Richter, nichts anderes.«
    »Ich werde über Euren Vorschlag nachdenken.«
    Felin bedachte seinen jungen Tischnachbarn mit einem ungläubigen Blick.
    »Das klingt schon viel besser«, freute sich Zirgis. »Doch hört sich dein Zugeständnis so an, als gäbe es Möglichkeiten dir beim Nachdenken zu helfen.«
    Yonathan lächelte listig. »Ihr seid sehr weise, Hoheit.«
    Felin stieß Yonathan unter dem Tisch an und schüttelte unmerklich den Kopf.
    »Woran hattest du gedacht, Knabe? An Gold? Einen Adelstitel? Oder ein kleines Fürstentum? Ich muss natürlich erwähnen, dass die Staatskasse nicht so tief ist wie der Brunnen, den wir am vierten

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