Nessie und die Geister der MacLachlan
Stunde, Sarah.“
„Ist ja noch viel besser!“
„Ja, und es muß nicht eigens abgemessen werden, es ist schon auf Spulen aufgewickelt und in Kassetten.“
„Tatsächlich? O du lieber Himmel, ich hätte mich ja schön blamiert, wenn ich in den Laden gegangen wäre und hundert Yard Tonband verlangt hätte.“
Sie kauften dann kein zu teures Gerät, aber ein sehr gutes Mikrofon. Tante Sarah war sehr neugierig, wie sich die ewig schimpfende Stimme von Jessie auf dem Band ausnehmen würde.
Nachher ging sie mit den Kindern in den Tea Room Butterfly, den sie sonst auch immer besuchte. „Ihr werdet sehen, hier kommen sehr nette Leute her“, erklärte sie, als sie sich an einen Tisch setzten. „Ich muß doch nicht eigens sagen, daß ihr euch anständig benehmen sollt, wie?“
„Nö“, sagte Goody. „Wir sind zwar nicht so steif wie bei Hofe, aber wir haben noch nie Suppe aus dem Teller geschlürft.“
„Ach, wie lustig du dich auszudrücken vermagst, Goody! Kinderchen, ihr wißt gar nicht, wie froh ich bin, einmal junges Volk um mich zu haben. Wirklich, dieser ewige Umgang mit der älteren Jessie macht mich krank. Oh!“ rief sie plötzlich, „wir haben Glück. Also, daß er ausgerechnet heute hierher kommt, ist schon ein begnadeter Zufall!“
Die Kinder sahen in Tante Sarahs Richtung, und sie konnten nichts anderes entdecken als einen betagten Schotten im Kilt mit einer sehr eleganten Maßschneider-Tweedjacke und der Schottenmütze auf dem Kopf, dem Tam o Shanter. In der Rechten hielt er einen Stock mit Silberkrücke, den er aber sicher nicht gebraucht hätte. Und außerdem waren sein Gesicht wie seine Knie von gesunder brauner Farbe.
„Es ist der Laird of Urquhart, seht nur den hübschen Kilt, den er trägt. Das Muster des Urquhart-Tartan darf man auf keinen Fall mit dem Black Watch verwechseln.“
„Ist das der vom 42. königlichen Hochlandregiment?“ fragte Cedric.
„Sehr richtig, hast du dir gut gemerkt, mein Junge. Der Black Watch Tartan ist düsterer, trauriger, kann man auch sagen, nur grün, blau und schwarz. Der Urquhart Tartan hat größere Karos, die wieder von roten und gelben Linien aufgelockert werden. Man darf ihn jedoch auf keinen Fall mit dem Sutherland Tartan verwechseln, dem er noch ähnlicher ist. Nun, wenn man sich nur ein bißchen damit befaßt, ist das Unterscheidenkönnen ein Kinderspiel. Ach, er sieht uns und kommt auch schon auf uns zu!“
Die Begrüßung zwischen den beiden Alten war überschwenglich. Der Laird setzte sich danach gleich an den Tisch und fragte froh gelaunt, ob das die ältesten Kinder von Tante Sarah seien, denn wie er sich erinnern könne, habe sie beim letzten oder vorletzten Mal ihr Baby dabeigehabt, das erst einige Wochen alt war.
„O nein!“ rief Sarah. „Archibald, wie Sie mich immer wieder necken, das ist schon sehr schlimm von Ihnen!“
Der Laird strich mit leicht gekrümmtem rechtem Zeigefinger seinen kurzgestutzten, fast schon weißen Schnurrbart entlang, der zu den Mundwinkeln hin eine rötlichgelbe Färbung aufwies. Er sagte: „Liebste Sarah, Sie sind auch ein großer Quell der Inspiration für mich.“
„Wollen Sie sich trotz der Kinder zu mir setzen, Archi? Wissen Sie, das Mädchen hier ist eine Verwandte, aber fragen Sie mich nicht allzu genau. Jessie behauptet ja immer, der Vater von diesem bonnie lassie sei nur mit ihr verwandt und nicht mit mir, aber wer mit meiner Schwester verwandt ist, muß doch wohl oder übel auch mit mir verwandt sein.“
„Das müßte man annehmen. Aber seit wann, Liebste, legen Sie so großen Wert auf enge Verwandtschaft mit Ihrer zauberhaften Schwester?“
Tante Sarah lächelte und meinte: „Da haben Sie auch wieder recht. Jedenfalls, dieses bonnie lassie heißt Goody und ist die Tochter eines Neffen von mir, ersparen Sie mir, den Grad anzugeben, ich hab ihn nicht im Kopf.“
„Und der nicht minder schöne Junge?“ fragte der Laird. „Sie sind befreundet, die beiden, wissen Sie, eine unschuldige Kinderfreundschaft. In seinen Adern rollt übrigens auch schottisches Blut, seine Großmutter oder auch Urgroßmutter mütter... nein, väterlicherseits ist eine MacDouglas.“
„Sehr gut, sehr gut“, sagte der Laird. „Dann paßt er ja gut hierher. Haben Sie schon versucht, einen Hochländer aus ihm zu machen, Sarah?“
„Ja, einen Kilt hat er schon, natürlich den der MacLachlan. Ach, es ist ja so jammerschade, daß wir in unserem Zweig keine männlichen MacLachlans mehr haben.“
„Und hat er
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