Nessie und die Geister der MacLachlan
Jessie mit dem Kassettengerät überlisten könnten.
Sarah schwärmte noch immer von Laird Archie. „Er verehrt mich, und er ist noch jung.“
„Jung?“ zweifelte Goody.
„Hör mal, er ist erst knapp über siebzig, ein wunderbarer Mann.“
„Wir müssen an den Einsatz der Tonbänder denken“, mahnte Cedric.
„Richtig, sicher wird sie gleich schimpfen, sowie wir nur das Haus betreten haben, aber ich werde mich nicht provozieren lassen. Ich schweige, und sie wird ordinär werden.“
„Falsch, Sarah“, meinte Goody. „Ganz ruhig darfst du auch nicht sein, sonst kommt Jessie nicht in Schwung. Du mußt schon Kontra geben und sagen, daß dies und jenes, was sie behauptet, nicht stimmt. Und dann erst, wenn sie so richtig in Fahrt ist, läßt du sie reden.“
„Das ist ein guter Rat. Und ich werde mich daran halten. Also während ich rede, lauft ihr schnell hinauf, packt den Apparat aus, und dann kommt ihr angeschlichen und nehmt alles auf.“
Als sie das Haus betraten, hielt sich Tante Jessie in der Küche auf. Sie trug wieder ihre eleganten Fischerhosen und eine Bluse in Schottenkaro und hatte Gummihandschuhe mit langen Stulpen an. Sie schälte Kartoffeln.
„Guten Abend, Liebste“, sagte Tante Sarah und wollte nach oben gehen, um sich umzuziehen.
Aber Tante Jessie brüllte: „Liebste! Das ist ja noch schöner! Wann je hast du dummes Stück ,Liebste’ zu mir gesagt?“
„Schnell hoch!“ rief Goody. „Wir müssen das Ding auspacken und auf Aufnahme gehen.“ Sie nahm zwei Stufen auf einmal, wunderte sich nicht über Allan Campbell, der oben auf seiner Truhe saß und „Na, ihr beiden“ sagte. „Habt es wohl eilig, was?“
Nein, sie erschrak nicht einmal, so wichtig war es für sie, in Cedrics Zimmer zu gelangen und den Recorder auszupacken. Dann steckte Cedric das Kabel des Mikrofons in die Buchse, und sie machten schnell eine Probe. Der Apparat funktionierte hervorragend. Inzwischen war es unten immer lauter geworden.
„Du gehst mit dem Apparat in das Kaminzimmer“, schlug Goody vor, „und ich stelle mich mit verschränkten Armen in die Küchentür, höre das Ganze mit an und halte das Mikro.“ Sie liefen wieder zur Treppe, wo Allan Campbell MacLachlan noch immer saß und sagte: „Ich merke, ihr habt etwas vor, erzählt mir dann.“
„Gern“, rief Cedric, „aber jetzt eilt es.“
Sie polterten die Treppe hinunter und hörten, wie Tante Sarah gerade sagte: „Darüber, wer die bessere Kinderstube hat, darüber wollen wir gar nicht diskutieren. Nur so viel, Jessie: Es gab damals noch keine Düsenjäger der Royal Air Force, trotzdem hast du die Kinderstube im Düsenjägertempo nach Durchbrechung der Schallmauer absolviert. Du hast nicht das geringste gute Benehmen gelernt. Nicht einen Schimmer davon, ich erinnere nur daran, wie du Mary, diesen Engel von einem Kindermädchen, das Allan Campbell und ich sehr liebten, wie du dieses gute Mädchen mit deinem Benehmen aus dem Hause geekelt hast. Falsche Behauptungen und was weiß ich noch alles, vor nichts bist du zurückgeschreckt.“
„Aber Sarah!“ rief Tante Jessie. „Wie kannst du nur so etwas behaupten! Ich habe nie etwas gegen Mary gehabt, und daß ich die zwanzig Pfund in ihrem Schränkchen gefunden habe, war ein Zufall.“
„Du hast sie dort gefunden, weil du sie selbst hineingelegt hast. Und wie war es mit den Eltern? Keiner von ihnen, weder unser Vater noch unsere Mutter, hatten Freunde, als sie starben. Und warum? Weil du sie alle vertrieben hast mit deiner idiotischen Rechthaberei. ,Bei uns zu Hause geht die Sonne im Osten unter!’ Wie konntest du das nur behaupten? Du bist noch dabeigeblieben, als sogar der Lehrer dich davon zu überzeugen versuchte, daß die Sonne gar nicht im Osten untergehen kann. Wochenlang danach hat meine liebe Mutter noch geweint, weil niemand mehr unser Haus betrat.“
„Beschmutze nicht das Andenken meiner Mutter!“ schrie Jessie. „Du warst es, die immer gehetzt hat. Meinetwegen, laß die Sonne im Süden oder im Norden untergehen. Da stellt man sich doch nicht hin und prahlt damit, daß man der gleichen Meinung wie alle Lehrer ist. Du hast den Streit vom Zaun gebrochen. Kein Mensch hätte etwas bemerkt, wärst du nicht so rechthaberisch gewesen.“
„Jetzt erst merke ich, welch niederträchtige Person du bist. Mir fällt es ja nachgerade wie Schuppen von den Augen, mit welchem Unmenschen ich Jahre hindurch gelebt habe. Nur, weil ich der Wahrheit die Ehre gebe, war ich schuld an
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