Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen
tauschen, Lenchens Vater und ich, er macht meine Kranken gesund, und ich rudere sein Schiff; das würde dir so gefallen, was Lotte?« lachte Doktor Braun.
Am nächsten Tage kam Puppe Gerda mit in den Tiergarten, um dem Schiffer-Lenchen vorgestellt zu werden. Denn Annemarie hatte am frühen Morgen noch kaum die Augen geöffnet, da quälte sie ihr Fräulein auch schon: »Nicht wahr, wir gehen doch heute wieder zu Lenchen?«
Als sie in die Uferpromenade einbogen, leuchtete ihnen Lenchens rotes Röckchen schon entgegen.
»Fräulein, liebstes, bestes Fräulein, setze dich doch, bitte, auf die Bank«, bat Annemarie, »daß ich mich mit Lenchen wieder unterhalten kann.«
»Auf der Bank ist's zu sonnig, da kriegt man einen Sonnenstich«, meinte Fräulein Lena unschlüssig. »Wenn du mir versprichst, Annemarie, ganz brav zu sein und nicht etwa über das Gitter zu klettern, dann will ich mich hier in den schattigen Seitenweg setzen.«
»Aber wie werde ich denn über das Gitter klettern, Fräulein, dann kommt doch der Wächter und bringt mich zur Polizei«, flüsterte die Kleine.
So durfte Annemarie ihre Freundschaft mit dem Schiffer-Lenchen fortsetzen.
Diesmal kam auch die Mutter der Kleinen zum Vorschein. Sie hing Wäsche auf dem Schiffe auf; das sah drollig aus. Dann ging sie wieder in die kleine Küche, die neben dem Wohnraum lag.
Inzwischen hatten sich die kleinen Mädchen gegenseitig ihre Puppen gezeigt. Lenchen sah voll Bewunderung auf die feine Gerda, die heute ein rosenrotes Kleidchen trug. Diese aber blickte sehr stolz und von oben herab auf das armselige Püppchen des Schifferkindes.
So'ne olle Rike - die hatte ja nicht mal Haare, sondern eine schwarze, angemalte Porzellantolle, und ein anständiges Kleid schien sie auch nicht zu besitzen - bloß so'n olles zerlumptes Kleid, da war sie doch viel feiner! Ihre kleine Mama Annemarie aber war viel netter und viel weniger stolz als Gerda. Die fragte freundlich: »Wie heißt denn deine Kleine, Lenchen?«
Und als sie hörte, daß Lenchens Puppe Gustel hieß und vom Jahrmarkt in Oderberg stammte, sagte sie: »Siehst du, die ist schon mehr in der Welt herumgekommen als du, Gerda.«
Da schämte sich Puppe Gerda ihres dummen Stolzes und blickte neugierig auf die weitgereiste Gustel mit der schwarzen Porzellantolle.
Dann fütterten Annemarie und Lenchen gemeinsam die Entchen, und die Ente aus bunten Puppenlappen fraß den anderen wieder das meiste fort.
Annemarie hatte heute Kirschen mit zum Frühstück. Lenchen machte begehrliche Augen, als sie sich zwei wunderschöne, dunkelrote Zwillingskirschen als Ohrringe über jedes Ohr hing.
»Möchtest du auch welche?« fragte Annemarie gutherzig.
Lenchen nickte.
Da warf Annemarie eine Kirsche vom Ufer auf das Schiff.
Bauz - die flog in die Grasböschung. Ein frecher Spatz holte sie sich.
Aber die zweite Kirsche, die Annemarie mit aller Kraft schleuderte, traf schon besser ihr Ziel. Lenchen fing sie jubelnd in ihrer kleinen, blauen Küchenschürze auf.
Das gab ein lustiges Spiel. Eine Kirsche Annemarie, eine Lenchen, bis die Tüte zu Ende war. Dazwischen aber lief Klein-Annemarie alle paar Minuten zu dem Seitenweg, um Fräulein Lena zu zeigen, daß sie auch noch da war.
So sahen sich Annemarie und das Schiffer-Lenchen fast jeden Tag, und immer mehr freuten sie sich aufeinander. Auch die Puppen hatten inzwischen Freundschaft geschlossen.
Da sagte eines Tages Lenchen, als Annemarie wieder an dem Ufer erschien, während das Fräulein im Seitenweg Platz nahm, ganz traurig: »Heute geht es retour.«
»Retour - wo liegt denn das?« fragte Annemarie.
Diesmal lachte Lenchen ihre kleine Freundin aus. »Retour, das ist doch nach Oderberg bei Großmuttern.«
»Wann fahrt ihr denn?« Annemarie machte ein erschrockenes Gesichtchen.
»Bald, vielleicht schon gleich, Vater macht ja schon los.«
Richtig, auf dem Schiff ließ sich ein lebhaftes Hin und Her bemerken.
»Kommst du bald wieder, Lenchen?« fragte Annemarie ganz traurig. »Ich weiß nicht«, Lenchen sah ebenfalls betrübt auf die kleine Freundin.
»Ich möchte dir so gern was schenken, wenigstens einen Kuß, aber wir können ja nicht zueinander.« Annemarie warf Lenchen zärtlich eine Kußhand zu.
»Ich hätte ja auch gar nichts, was ich dir schenken könnte, du hast ja alles viel feiner als ich«, sagte Lenchen, welche die kleine Freundin in dem hübschen Kleidchen immer noch heimlich anstaunte.
»Etwas hast du, was viel, viel schöner ist als alles, was mir
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