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Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Titel: Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Lotte, heute mittag holt dich Fräulein Lena wieder ab.«
    Aber Frau Doktor Braun war noch nicht aus dem Zimmer heraus, als ein ohrenbetäubendes Geheul hinter ihr herklang.
    »Mutti - Mutti - du sollst nicht weggehen!« Da hatte Annemarie auch schon die Ärmchen um Mutti geschlungen und sich an sie gehängt.
    »Aber Lotte, sei doch nicht so dumm, die anderen Kinder sind doch alle ohne ihre Mutti hier und weinen nicht«, beruhigte Frau Doktor ihr Nesthäkchen.
    »Komm, ich zeige dir was ganz Wunderschönes«, tröstete Tante Martha und holte eine Glaskugel herbei, in der ein niedliches Puppenhäuschen stand. Annemarie sah neugierig zu, wie sie nun die Kugel umkehrte.
    Ach, war das fein - es schneite - große, dicke Flocken flogen in der Glaskugel umher und machten im Umsehen das niedliche Häuschen schlohweiß.
    Annemarie klatschte in die Hände vor Freude, und ihr ganzer Jammer war vergessen.
    Inzwischen hatte Fräulein Gebhardt Mutti ein Zeichen gegeben, das Zimmer zu verlassen. Als Annemarie sich umdrehte, um Mutti das reizende Schneehäuschen zu zeigen, war keine Mutti mehr da.
    Schreiend wollte Nesthäkchen spornstreichs hinter ihr her. Aber Tante Martha hatte den Arm um sie geschlungen.
    »Bist du denn nicht gern zu uns in den Kindergarten gekommen?« fragte sie. »Ja, aber hier ist ja gar kein Garten, hier ist ja bloß eine olle Stube!« rief Annemarie ungezogen.
    Da sah sie Tante Martha traurig an. Ach, wie schämte sich Klein-Annemarie da!
    »Nun wollen wir mal alle zusammen Kreis spielen«, sagte Tante Martha, als ob sie die Verlegenheit des kleinen Mädchens gar nicht sähe. »Kannst du etwas vorschlagen, Lotte?«
    »Ich heiße nicht Lotte«, sagte die noch immer weinerlich.
    »Wie denn sonst, deine Mutti hat doch vorhin Lotte zu dir gesagt?« verwunderte sich Tante Martha.
    »Ja, Vater und Mutti nennen mich Lotte, aber auch nur, wenn ich artig bin, sonst heiße ich Annemarie«, erklärte die Kleine.
    »Darm sei nur recht brav, daß ich dich auch bald Lotte nennen kann. Und nun wollen wir ,Schwesterchen, komm mit‘ spielen. Faß den kleinen Jungen an, Annemarie.«
    Fünf Minuten später hätte keiner mehr gedacht, daß Annemarie überhaupt je geweint hätte. Ihr ganzes Gesichtchen lachte vor Vergnügen. Selig sprang sie mit den anderen Kindern im Kreise herum und sah gar nicht mehr, daß es ein Zimmer war und kein Garten, in dem man spielte.
    Tante Martha war aber auch zu nett. Was wußte die für hübsche Spiele:
    »Faules Ei« und »Stummes Winken« und das ulkige Spiel vom »Mi-mamausemann«.
    »Sind das alles deine Kinder, Tante Martha?« fragte Annemarie mitten beim Spiel.
    »Nein, das wäre ein bißchen viel«, lachte Tante Martha, »die habe ich mir nur geborgt.«
    »Ach, ich habe auch zu Hause sechs Kinder«, erzählte die Kleine eifrig, »aber Gerda ist mein liebstes, mein Nesthäkchen. Die ist so groß -« Annemarie stellte sich auf die Zehen, reckte ihre Ärmchen und zeigte ungefähr die Größe von Tante Martha.
    »Na, bring uns doch deine Gerda morgen mit, daß wir sie auch kennenlernen«, sagte Tante Martha lächelnd.
    »Was - Gerda darf mit in den Kindergarten kommen?« Helle Glückseligkeit leuchtete aus Klein-Annemaries Blauaugen.
    »Freilich«, nickte Tante Martha, »siehst du, hier die kleine Erna hat auch ihren Bubi mitgebracht und Milly ihre Toni mit den schwarzen Zöpfen. Heute kannst du ihr Kinderfräulein sein, und morgen bist du dann auch eine Mutti und stellst uns dein Kind vor.«
    Das wurde ein lustiges Spiel. Nesthäkchen, das zu Hause gar nicht mehr mit den Puppen hatte spielen mögen, ging stolz als »Fräulein« mit Millys Toni und Ernas Bubi in den Tiergarten. Und alle paar Minuten sagte sie zu Toni: »Aber du bist ja wirklich ein schrecklicher Quälgeist, Mädchen, spiele doch wie die anderen Kinder und sage nicht immer: ,Ich langweile mich‘.«
    Als das richtige Fräulein erschien, um Annemarie abzuholen, machte die Kleine ein betroffenes Gesicht.
    »Was - schon - wir spielen doch gerade so schön!«
    »Morgen spielt ihr weiter, jetzt muß ich doch auch zu Mittag essen, nicht wahr?« Tante Martha strich der Kleinen zärtlich über den Blondkopf.
    Da schlang Annemarie - eins - zwei - drei - die Ärmchen um den Hals der jungen Dame und flüsterte: »Ich hab' dich lieb, Tante Martha!«
    »Ich dich auch, mein Herzchen, - adieu, Lotte!« sagte Tante Martha.
    Selig hopste Annemarie an Fräuleins Hand durch die Straßen. »Tante Martha hat mich lieb, und sie nennt mich

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