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Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Titel: Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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uns vom Pult herab, wo du gewesen bist. Wir wollen doch gern alle etwas hören. Aber dann müßt ihr anderen mäuschenstill sein.«
    Im Augenblick herrschte Ruhe in der Klasse. Fräulein Hering hatte ohne ein tadelndes Wort die kleinen Münder zum Schweigen gebracht. Alles spitzte neugierig die Ohren. Annemarie aber stand stolz auf dem Pult und erzählte: »In Johannisbad war ich, bei den Meergänschen haben wir gewohnt. Und als wir abreisten, habe ich jedem Meergänschen was zum Andenken geschenkt. Und eine Freundin hatte ich auch da, die Himbeermizi. Fräulein Lena sagt, die ist tausendmal fleißiger als ich. Aber die kleine Katze, die sie mir mitgegeben hat, ist wieder ausgerückt. Und dann waren wir mal auf der Schneekoppe, das war am allerfeinsten. Durch den Riesengrund sind wir rauf gestiegen, aber Riesen gab's da nicht, bloß den Brunnenberg, in dem Rübezahl wohnt. Und gegrault habe ich mich mächtig, auch ein bißchen geheult, denn es kam gerade ein tolles Gewitter. Da hab' ich geglaubt, Rübezahl poltert so in den Bergen, weil er böse ist. Von der Koppe konnte man beinahe bis nach Amerika sehen. Und eine Ansichtskarte habe ich an Sie geschrieben, Fräulein Hering. Aber mein Fräulein hat sie nicht abgeschickt, weil ich zu viele Fehler gemacht habe«, schloß Klein-Annemarie ihren Reisebericht.
    »Ei, da hast du ja wunderschöne Ferien genossen, Annemarie. Nun mußt du aber auch deinen Eltern dafür recht dankbar sein.« »Ja.« Nesthäkchen nickte eifrig.
    »Wer will uns jetzt noch etwas erzählen?« fragte Fräulein Hering weiter.
    Verschiedene Zeigefinger fuhren in die Luft.
    »Marlenchen, tritt vor.«
    Das kleine Dingelchen mit den schwarzen Haarschnecken und den großen, dunkelblauen Augen machte einen Knicks und begann: »Ich war in Ilmenau, und da habe ich immer Blumen gepflückt und in der Hängematte gelegen.«
    »Ich auch - ich auch«, erklang es hier und da.
    »Jetzt hat nur Marlene uns etwas zu erzählen, ihr anderen kommt nachher dran«, so schaffte Fräulein Hering wieder Ruhe.
    »Und dann durfte ich mir immer mittags eine Speise selber aussuchen.«
    Die Kleine schwieg in seliger Erinnerung. Damit schien ihre Reise den Höhepunkt erreicht zu haben.
    »So, jetzt Hilde Rabe.«
    »In Warnemünde war ich«, rief die mit Trompetenstimme, »und da hat mich meine große Schwester immer beim Baden getaucht, aber ich habe nicht geschrien. Bloß einmal, weil ich beinah ersoffen wäre - «
    »Ertrunken«, verbesserte Fräulein Hering.
    »Und Muscheln habe ich am Strand gefunden, so 'ne Menge - «
    »Ich hab' drei Kästen voll - ich eine ganze Tasche - «, fiel wieder der Chor ein.
    »Aber das Schönste war, wie wir immer den tauben August, der die Stiefel putzt, ausgelacht haben, weil er alles falsch verstand.«
    »Das finde ich gar nicht schön, sondern im Gegenteil recht häßlich und ungezogen, einen tauben Menschen zu verspotten«, tadelte Fräulein Hering mit sehr ernstem Gesicht. »Von dir mag ich jetzt nichts mehr hören. Margot Thielen kann weiter erzählen.«
    Hilde wurde puterrot vor Scham. Aber Margot errötete ebenfalls, weil jetzt aller Augen auf sie gerichtet waren.
    »Es war sehr schön«, begann sie leise.
    »Wo warst du denn, Margot?«
    »In Ahlbeck.«
    »Na, und was willst du uns davon erzählen?«
    Margot schwieg verlegen, Hilfe suchend blickte sie zu ihrer Freundin.
    Die nickte ihr aufmunternd zu. Sie hätte der schüchternen Margot gern ihr Plappermäulchen geliehen.
    »Ei, Margot, weißt du uns gar nichts von deinem Sommeraufenthalt zu berichten?«
    »Doch« -Margot nahm allen Mut zusammen -«die Ahlbecker Flundern schmecken fein!«
    Die Klasse brach in helles Lachen aus, und die arme Margot hätte sich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen. Aber Fräulein Hering stand ihr bei.
    »Da gibt's gar nichts zu lachen«, sagte sie. »Nun weiter, Ilse Hermann.«
    »In Berlin war's auch wunderschön«, begann das blondzöpfige Ilschen seine Erzählung. »Och, die war nicht mal verreist«, sagte eins der Kinder verächtlich.
    »Also endlich mal eine, die uns erzählen wird, wie man sich auch in der Heimat seiner Ferien freuen kann, das ist mir lieb. Nun berichte uns mal, wie es hiergewesen ist, Ilse«, ermunterte die Lehrerin.
    Da fuhr die Kleine, die bei dem geringschätzigen Ausruf erschreckt abgebrochen hatte, fort: »Vater und Mutter haben eine Nordlandreise gemacht. Dabei kann man Kinder nicht gebrauchen, sagt Muttchen. Meine große Schwester und ich, wir sind zu Großmama gezogen, und

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