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Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Titel: Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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die Stube und versorge das Brüderle«, klang es ganz selbstverständlich aus dem Munde des achtjährigen Kindes.
    Jetzt wurde Annemarie rot. Auch ohne Fräulein Lenas sprechenden Blick empfand sie, wieviel mehr das arme Kind, das in einem Hüttlein lebte, leistete als sie selbst, die in einem schönen Hause wohnte.
    »Gehst du denn gar nicht in die Schule?« erkundigte sich Annemarie schüchterner, als das sonst ihre Art war.
    »Freilich, dann paßt die Nachbarin auf den Bub auf, und auch, wenn ich Beeren suche. Aber jetzt haben wir zwei Monate lang Kartoffelferien.«
    »Was für Ferien?« lachte Annemarie, und ihre Befangenheit verflog.
    »So nennt man die Sommerferien hier auf dem Lande, weil die Eltern ihre Kinder für die Erntezeit brauchen«, erklärte ihr Fräulein Lena. »Aber an der fleißigen Mizi kann sich jedes Kind ein Beispiel nehmen, was?«
    Mizi brachte in ihrem geflickten Schürzchen fünf junge Kätzchen aus dem Kaninchenstall. Zwei schneeweiße, eine graue, eine weiß-schwarz gefleckte und einen kleinen, schwarzen Kater. Die Katze aber kam argwöhnisch hinterher, um zu sehen, ob ihren Kleinen auch kein Leid geschah.
    Wirklich, Mizi hatte nicht zuviel versprochen. Süß waren die kleinen, spielerischen Dinger! Wie drollig sie durcheinander tollten, nach ihrem eigenen Schwänzchen haschten und sich gegenseitig ohrfeigten!
    Nesthäkchen jubelte so laut, daß das Brüderle aufwachte und ein jämmerliches Geheul hören ließ. Da ging Mizi in die kleine Küche zum Herd, auf den sie kaum hinaufsehen konnte, langte Milch herunter, füllte ein Fläschchen und flößte sie dem Kinde geschickt ein.
    Annemarie teilte ihre Bewunderung währenddessen getreulich zwischen den putzigen Kätzchen und der tüchtigen Mizi. Machte sie selbst nicht oft ein verdrossenes Gesicht, wenn sie nur abends ihre Spielsachen aufräumen sollte? Nein, das wollte sie aber von nun an nicht mehr tun, sie wollte immer an die fleißige Himbeermizi denken.
    »Welches Katzerl magst? Ein weißes oder halt das schwarze Katerle?«
    Ach, wer die Wahl hat, hat die Qual! Am süßesten erschienen ihr eigentlich die schneeweißen Kätzchen, flaumweich waren die. Als Annemarie zaghaft eins auf den Arm nahm, ließ es ein ängstliches »Mi« ertönen. Das hörte sich geradeso an, als ob das Kind weinte. Die graue hatte so schöne, grüne Augen, wie aus Glas sahen die aus, und die gefleckte war die munterste von allen. Die spielte am niedlichsten und ohrfeigte die anderen am drolligsten. Aber den süßen, kleinen, schwarzen Kater hätte sie auch gern gehabt, der sah so entzückend frech aus.
    »Ich möchte am liebsten alle fünf!« entschied Klein-Annemarie schließlich mit einem tiefen Seufzer.
    »Alle geb' ich sie aber nicht her, meine Tierle.« Schützend breitete Mizi ihre kleinen Ärmchen über die Katzenfamilie.
    Fräulein Lena lachte: »Ei, Annemie, denke einmal, was Mutti wohl für ein Gesicht machen würde. Ich denke, du wählst eins von den weißen Kätzchen. Davon hat die Mizi zwei und wird es daher leichter entbehren.«
    Annemarie war einverstanden. Denn das kleine Kätzchen, das sich immer noch so warm in ihren Arm einkuschelte, hatte bereits ihr ganzes zärtliches Herzchen gewonnen.
    »Vielleicht borgt uns die Mizi ein Körbchen, daß wir das Kätzchen besser heimtragen können«, schlug Fräulein Lena noch vor.
    »Freilich, ich hol' meine Schultasch'.« Bereitwilligst sprang Mizi in den Nebenraum.
    Nesthäkchen machte ein verdutztes Gesicht. Was - in die Schulmappe wollte Mizi die Katze packen? Das war ja ulkig.
    Da kam die Kleine auch schon zurück. In der Hand trug sie eine alte, ausgefranste Hanftasche, die arg mitgenommen aussah. Daraus nahm sie eine Schiefertafel, eine Fibel, ein Rechenbuch und einen Katechismus.
    Wieder drängte sich Annemarie der Vergleich ihres eigenen Lebens mit dem des armen Kindes auf. War sie dankbar für ihre schöne Schulmappe?
    Hatte sie dieselbe nicht als etwas ganz Selbstverständliches hingenommen? Ja, wie oft mußte Fräulein Lena sie tadeln, weil sie unachtsam mit ihr umging.
    »Jetzt müssen wir aber schleunigst nach Haus, Annemie«, sagte Fräulein Lena. »Leb wohl, Mizi, und wenn du wieder Himbeeren hast, da bring sie uns nur. Bei uns gibt's immer freudige Abnehmer dafür!«
    »Küß' die Hand.« Mizi machte einen höflichen Knicks und reichte Annemarie ihre Schultasche mit dem maunzenden Kätzchen. Dann hielt sie die alte Katze fest, die vor Wut fauchte, weil man ihr ein Junges nahm.
    »Vielen,

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