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Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Titel: Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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fort? Wer sollte hier wohl für dich sorgen? Und Klaus möchte ich dann auch nicht sehen, den Banditen, wenn der ein Jahr lang Mutters strenge Zügel entbehren müßte!« Frau Braun wurde nicht klug aus ihrem Mann.
    Aber das sollte schneller geschehen, als ihr lieb war.
    »Es gibt genügend Kinderheime in den Nordseebädern, wo erholungsbedürftige Kinder vorzüglich aufgehoben sind. Für Aufsicht, Pflege und guten Schulunterricht wird Sorge getragen und…«
    »Was! - ein ganzes Jahr lang soll ich mich von meinem Nesthäkchen trennen, das ich kaum erst wiederhabe -nein, das ertrage ich nicht! Und du selbst, Ernst, wie würde dir unsere Lotte erst fehlen - sie ist doch unser Sonnenschein!« Frau Braun rief es in größter Aufregung. Ihr Mann hatte diese Einwendungen alle vorausgesehen.
    »Je mehr uns das Kind ans Herz gewachsen ist, um so weniger dürfen wir an uns selbst denken, sondern nur an sein Heil. Gewiß, Annemarie kann sich auch hier allmählich erholen. Aber sie wird niemals ein so kräftiges Mädchen werden, wie wir vor ihrer Krankheit allen Grund hatten zu hoffen. Sie wird immer ein zartes, anfälliges Pflänzchen bleiben. Überleg dir's in Ruhe, mein Herz«, fügte Doktor Braun noch liebevoll hinzu, als er sah, wie blaß seine Frau geworden war. »Wir müssen ja die Entscheidung nicht gleich fällen.«
    Aber gibt es für Mutterliebe noch eine Überlegung, wenn es sich um das Wohl des Kindes handelt?
    »Dann schon lieber gleich, wenn es sein muß, Ernst. Nur eins mußt du mir versprechen: Wenn sich Annemarie dort nicht wohl fühlt oder sich gar heimbangt, das bring' ich nicht übers Herz, sie dann trotzdem in der Fremde zu lassen.«
    »Sollst du auch nicht, Elsbeth. Aber es wäre das erste Mal, daß sich ein Kind in einem solchen Nordseeheim unter fröhlichen Altersgenossen nicht wohl fühlt.
    Meistens wollen sie überhaupt nicht wieder nach Haus. Übrigens fährst du natürlich mit ihr und bleibst ein paar Wochen dort, bis sie sich eingelebt hat. Erst wenn du ganz beruhigt sein kannst, läßt du sie allein im Kinderheim.«
    Der schwere Entschluß war gefaßt.
    »Warum sieht mich Mutti denn bloß so komisch an?« dachte etwa ein Stündchen später Annemarie verwundert.
    »Würdest du gern an die Nordsee reisen, Lotte?« fragte da Mutti unvermittelt.
    »Au fein!« Annemarie wurde fast so lebhaft wie früher. Auch ihre Augen bekamen den alten Glanz. »Oder lieber noch an die Ostsee. Margot fährt auch wieder nach Ahlbeck - ach bitte, bitte, liebste, beste Mutti, laß uns doch nach Ahlbeck reisen!«
    »Nein, Kind, Vater wünscht, daß du Nordseeluft atmest. Da gibt es viele Kinderheime, in denen es höchst lustig zugehen soll - möchtest du wohl auch mal in solch einer hübschen Kinderpension sein, Lotte?«
    »Nee!« machte Annemarie mit Seelenruhe, und damit war für sie die Sache erledigt.
    Ach, wie unsagbar schwer war es doch, das Kind auf die lange Trennung vorzubereiten!
    »Es würde dir sicher dort gefallen«, begann die Mutter von neuem. »Denk nur, mit vielen Kindern zusammen schlafen, essen, lernen, spielen, baden und Spazierengehen -findest du das nicht wunderschön?«
    »Och ja«, sagte Annemarie etwas zögernd, »aber - aber in unserer Schule ist es auch sehr hübsch.«
    »Hier in Berlin hast du doch keine Nordseeluft, Lotte -«
    »So können wir ja in den großen Ferien hinreisen«, räumte die Kleine bereitwilligst ein.
    »Vater wünscht, daß du ein ganzes Jahr lang an der Nordsee bist - natürlich würde ich die erste Zeit dort bleiben, bis du ganz bekannt bist…«
    »Und dann?« Nesthäkchens Augen hingen in banger Ahnung an den Lippen der Mutter.
    Nein, so schwer hätte sich Frau Braun das doch nicht gedacht.
    »Dann bleibst du dort unter den lustigen Kindern - und wir schreiben uns viele Briefe, und vielleicht besuchen wir dich auch mal.«
    »Nee!« Annemarie schüttelte ablehnend ihren Blondkopf. »Nee, ich will nicht!
    Meine Schulfreundinnen hier sind sicher viel netter als die dort, und Kläuschen ist mir lustig genug. Und wenn ich sechs ganze Wochen lang Nordseeluft atme, das ist reichlich. Mehr kann ich gar nicht atmen!« So entschied das kleine Fräulein.
    Aber diesmal kam es damit nicht durch.
    »Wir werden uns doch wohl nach Vaters Wünschen richten müssen, Lotte, wenn es uns auch nicht leicht wird. Vater hält es nun mal für nötig -«
    »Bin ich denn wieder krank?« erkundigte sich die Kleine, ganz erstaunt, während es um ihre Mundwinkel bereits zu zucken begann.
    »Bewahre -

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