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Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Titel: Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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herumlaufen. Tragen lassen mag ich mich nicht von Schwester Elfriede, da schäme ich mich ja vor den andern, daß solch ein großes Mädchen noch auf den Arm genommen wird!« Höchst trübselig klang es.
    »Deshalb brauchst du dich nicht zu schämen, meine dumme Lotte. Den andern geht es nicht besser als dir. Im Gegenteil, die möchten gewiß gern mit dir tauschen. Du hast allen Grund, dem lieben Gott dankbar zu sein, daß er dich wieder gesund gemacht hat«, sagte der Vater ernst.
    »Und dir, Vatichen«, das Töchterchen küßte zärtlich seine Hand, denn einen richtigen Kuß durfte sie ihm noch immer nicht geben.
    Annemarie wurde warm angezogen. »Als ob es nach Sibirien geht«, lachte sie.
    Vom Vater auf der einen Seite und auf der anderen von Schwester Elfriede gestützt, schritt sie zum erstenmal aus ihrem Zimmer. Draußen stand ein Rollstuhl, in den man das gut in Decken verpackte Mädchen setzte.
    »Wie Margots kleines Schwesterchen«, lachte Annemarie. Die Sache begann ihr Spaß zu machen.
    Der Wagen mit der kleinen Patientin wurde mit dem Fahrstuhl hinuntergeschafft, und nun war man endlich unten.
    Einen tiefen Atemzug tat Annemarie. Ach, war das schön auf der sonnigen Gotteswelt. Niemals war ihr das vorher zum Bewußtsein gekommen. Wie einem gefangenen Vogel, dem man die Freiheit zurückgibt, war ihr zumute. Und dabei durfte sie doch ihre Schwingen noch immer nicht recht regen.
    Es war ein nicht allzu großer Garten, der zu der Klinik gehörte. Über die in lichtem Frühlingsgrün prangenden Bäume lugten schwarze Schornsteine und rußige Dächer. Drunten blühte der Flieder in roten, blauen und lila schwerduftenden Dolden. Als Schwester Elfriede den Wagen an das große Stiefmütterchenbeet mitten in die Prallsonne schob, da glaubte die so lange ins Krankenzimmer gesperrte Annemarie niemals in ihrem Leben einen schöneren Garten gesehen zu haben.
    »So, Blaßschnabel, nun laß dir von der lieben Sonne deine bleichen Bäckchen rot anmalen«, scherzte Doktor Braun und eilte weiter zu seinen anderen Patienten.
    Annemarie dehnte sich wohlig in der milden Blütenluft. Sie lugte in das Lila der Fliederbüsche, lauschte auf die Frühlingslieder der gefiederten kleinen Gesellschaft und belustigte sich an einem Spatzenpärchen, das sich mit wütendem »Piep« herumzankte.
    Dann begann sie im Garten Umschau zu halten. Hier und da standen Rollstühle, gleich dem ihren, mit krank aussehenden Menschen darin. Alle hofften sie, in dem warmen Lenzsonnenschein zu gesunden. Auf der anderen Seite des Gartens waren Liegestühle aufgestellt. Annemaries scharfe Augen entdeckten auf einem der Stühle einen Knaben mit wachsbleichem Gesicht. Seine großen Augen sahen ebenfalls zu ihr herüber.
    Ach, hätte sie nur aufspringen und zu ihm hinlaufen können! Annemarie stieß wütend mit ihren Beinen gegen den unschuldigen Stuhl. Es gefiel ihr plötzlich gar nicht mehr in dem Garten, den sie noch ebenso bewundert hatte. Was hatte sie denn von all den hübschen Kieswegen, wenn sie diese nicht entlanglaufen konnte, sondern hier stillsitzen mußte! Und an den Blumen hatte sie auch keine Freude mehr -sie konnte sie ja doch nicht pflücken.
    Schwester Elfriede war in die Küche gegangen, um eine Erfrischung für ihre Patientin zu holen. Wie erstaunt war sie, als sie bei ihrer Rückkehr Annemaries verdrießliche Miene gewahrte.
    »Nanu, ist dir nicht gut, Kind - ist es nicht schön hier draußen?«
    »Nee - gar nicht«, brummte Annemarie.
    »Aber du warst doch vorhin so vergnügt, daß du in den Garten durftest, sieh doch mal, wie alles grünt und blüht -«
    »Ja, aber wenn man so stillsitzen muß, ist es geradeso mopsig wie oben. Ich will herumlaufen!« weinerlich tönte es in das Lenzjauchzen der Vöglein.
    »Du bist ein recht undankbares Kind, Annemarie«, sagte Schwester Elfriede ernst. »Anstatt froh zu sein, nun endlich den schönen Frühling genießen zu können, bringst du dich selbst um die Freude. Sieh mal den kleinen Jungen da drüben« - die Schwester wies über das Stiefmütterchenbeet zu dem Kleinen, der eigentlich schuld an Annemaries schlechter Stimmung war. »Das arme Kerlchen ist seit seiner Geburt lahm, er wird vielleicht niemals gehen und springen können wie andere Kinder. Und nun hat er noch obendrein eine schwere Operation durchmachen müssen.«
    Annemarie blickte voll Interesse und Mitleid zu dem Kleinen hinüber. Wie undankbar von ihr, zu murren, daß sie sich noch nicht selbst fortbewegen konnte.
    Dabei handelte

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