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Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken

Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken

Titel: Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Gummistiefeln hinterdrein. Die bunten Astern auf den Beeten ließen die Köpfe hängen. Die Goldlinde fror und weinte in Wind und Regen. »Nun sei brav, Vronli ... gib acht, was die Lehrerin sagt, auf Wiedersehn, mein Kleines.« Zwei kleine, feuchte Arme umstrickten noch einmal den Hals der Mutter; dann marschierte Vronli aus der Kinderstube hinaus ins Schulleben.
    »Dalli ... dalli ... geht ein bißchen zu ... wenn ihr in diesem Schneckentempo kriecht, kommt ihr an, wenn die Schule aus ist«, rief sie Flora hinterdrein. Drüben von dem Erkerfenster aus war das, was sich soeben an der Gartentür des Hartensteinschen Hauses abgespielt hatte, mit Interesse verfolgt worden. Armes Kind, dachte der einsame alte Mann, nun ist es vorbei mit deinem ungebundenen Spiel drüben im Garten.
    Noch immer stand Annemarie in dem grauen Regengeriesel und schaute, bis das letzte Zipfelchen von Vronlis grünem Mäntelchen verschwunden war.

Feuer
     
    Endlich machte Frau Annemarie kehrt und schritt zum Hause zurück. Als ich damals in die Schule kam, dachte sie, da war die große, bunte Schultüte von der Großmama die Hauptsache. Ich glaube, es gab deshalb sogar eine Keilerei mit Klaus. Wie dumm, daß wir nicht daran gedacht haben, fürs Vronli eine Schultüte zu besorgen. Ich muß es doch noch dem Rudi ... Gellendes Geschrei riß Annemarie aus ihren Gedanken. Der alte Mann drüben am Fenster sah die junge Frau plötzlich den Gartensteig hinaufjagen. Um Himmels willen - da war doch nichts passiert? Hatten die beiden Kleinen wieder etwas angestellt?
    Hansi und Ursel - letztere hatte inzwischen auch die Blauaugen aufgeschlagen und vergebens nach der Mutti gerufen - waren zuerst ungewöhnlich brav gewesen. Hansi hatte sich damit beschäftigt, Vaters saubere Kragen als weiße Schwäne im Putzeimer schwimmen zu lassen. Ursel dagegen hatte ungeheure Anstrengungen darauf verwendet, von ihrem kleinen Gitterbettchen in Muttis Bett hinüberzuklettern. Endlich war das Kunststück gelungen. Der kleine blondlockige Punkt lag in dem großen Bett und verkündete selig: »Lein-Usche jescht Mutti.«
    »Denn mußte dehaupt immer bloß slafen und dar niß die Augen auftriegen, denau wie Muttißen«, gab der große Bruder seine Meinung ab. »Denau Mutti.« Ursel kniff die Augen krampfhaft zu.
    »Und Hansi is Vaterle.« Der Kleine versah sich mit einem Kragen des Vaters und würgte einen Schlips herum.
    »Vaterle muß Ziretten hauchen.« Der Kleine griff nach dem Zigarettenetui, das der Vater auf dem Nachttisch hatte liegenlassen. Auch eine Streichholzschachtel lag daneben. Obwohl es den Kindern streng verboten war, Streichhölzer anzufassen - oder gerade deshalb - griff die kleine dicke Patschhand unternehmungslustig danach. Er steckte sich eine Zigarette in den Mund.
    »Baba!« sagte er und spuckte sie schleunigst wieder aus. Denn bisher kannte er nur Schokoladenzigarren und war arg enttäuscht.
    Aber die Streichhölzer tat er nicht fort. Ursel, die vor lauter Bewunderung vergaß, daß man als Mutti die Augen zuzukneifen hatte, sah andächtig zu, wie er das Hölzchen an der Reibfläche rieb. Das Streichholz wollte zuerst nicht brennen. Aber schließlich brachte Hansi das Kunststück doch fertig.
    »Guckelißtsen!« In nichtsahnender Seligkeit hielt der Kleine das brennende Streichholz zwischen den Fingern.
    »Tuckelißt ... Lein-Usche. Tuckelißt haben ...« Das Schwesterchen kam aus dem Bett heraus. Aber schon hatte Hansi mit lautem »Aua ... wehweh!« das niedergebrannte Streichholz, an dem er sich das Fingerchen verbrannt hatte, von sich geworfen. Es fiel aufs Deckbett, wurde zum roten Funken und alsbald zu einer emporzüngelnden kleinen Flamme.
    »Sseenes Tuckelißtsen!« Klein-Ursel war ganz Begeisterung.
    »Hat Hansi danz erlein demacht.« Stolz blickte der Kleine auf sein Werk.
    Aber die Flamme wird größer und größer. Reißend schnell wächst sie. Dicker, schwarzer Rauch wirbelt empor. Nein, das ist doch ungemütlich - ein Bild aus dem Struwwelpeterbuch kommt dem Hansi in den Sinn: das brennende Paulinchen. Er beginnt aus Leibeskräften zu brüllen.
    »Lein-Usche auschpuschten ... doll auschpuschten ...« Alles Pusten hilft nichts. Da verliert auch das schöne »Guckelichtchen« für Ursel seinen Reiz. Sie stimmt laut in Hansis Jammergeheul ein.
    »Pottlaufen ... snell pottlaufen!« Hansi will das Schwesterchen mit sich fortziehen. »Tuckelißtsen tommt mit!« Wirklich, das Feuer kommt hinterdrein. Schon knistern die Bettpfosten, schon greifen

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