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Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken

Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken

Titel: Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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es war mal ein tleiner Sunne, der hieß Hansi«, begann er. Denn so hatte eine jede Geschichte anzufangen, wenn sie richtig sein wollte.
    »Und was tat der kleine Junge?« half die Mutter nach. Hansi hatte natürlich schon wieder vergessen, was man eigentlich von ihm wissen wollte. »Sseenes Tuckelißtsen dematt«, rief Ursel.
    »Dehaupt niß Guckelißt. Hansi hat Ziretten dehaucht wie Vaterle«, rühmte sich der dreij ährige Jüngling.
    »Der Bub ist an meine Zündhölzer geraten.« Plötzlich war die Ursache des Feuers klar. »Weißt nit, daß du die nimmer anfassen darfst?« Mitten in seiner Strafpredigt hielt Rudolf Hartenstein inne. Er hatte das Gefühl, daß er dieselbe viel eher verdient hatte als der Bub. Wie konnte er nur die gefährlichen Dinger vergessen.
    »Du bist ja ein ganz abscheulicher Junge, daß du Streichhölzer angefaßt hast!« regte sich Annemarie auf. »Mutti hast du Wehweh gemacht, unser schönes Haus ist nun ganz kaputt.«
    »Wie is es taputt detommen?« fragte Hansi höchst interessiert. »Verschähle, Mutti, verschähl doch«, quälte der Kleine in der Hoffnung, eine schöne Geschichte zu hören. »Weil du abscheulicher Bengel Streichhölzer angefaßt hast.« Annemarie war gerade zum Erzählen aufgelegt.
    »Pßeulißer Bennel ... so'üieber Sunne!« Hansi hatte ungeheures Mitleid mit sich selbst. Der einzige, der ihn freundlich anschaute, war Herr Pfefferkorn. Hansi verlor dadurch die Furcht vor dem alten Mann. Oder vielleicht war es seine augenblickliche Lage, die ihn dazu trieb, plötzlich die Ärmchen um den Hals des alten Mannes zu schlingen: »Hansi hat Onkel Bubumann lieb!«
    Die alten Hände streichelten das runde, treuherzige Kindergesichtchen, das so rein und unschuldig dreinschaute. »Der Onkel wird dem Hänschen was schenken, was will denn das Hänschen haben?«
    »Dar niß Hänßen ... is Hansi«, verbesserte der Kleine. »Also was soll ich dem Hansi kaufen?«
    »Ssöne Ssotoladenziretten ... olle Ziretten von Vater smecken danz etlis.« »Also schön, du sollst Schokoladenzigaretten kriegen, mein kleiner Mann.« »Lein-Usche ollen Bubumann auch pieb«, meldete sich da plötzlich ein Stimmchen. »Dann geh hin und gib dem Onkel eine Patschhand, Ursel«, forderte die Mutter das kleine Ding auf.
    »Nee ... nee ...« Ursel vergrub ihren Kopf an Mutters Brust.
    »Bloß pieb haben, niß hindehen.« Sie hatte augenscheinlich noch große Furcht.
    Nur die Schokolade, die der Hansi bekommen sollte, war die Triebfeder zu der Liebeserklärung gewesen.
    »Die Ursel riecht wie eine gesengte Gans! Die schönen blonden Löckchen hat das Feuer angesengt«, klagte Frau Annemarie.
    »Sei froh, daß ihr sonst nix g'schehen ist. Ich geh' halt mal 'nber schaun, wie es steht. Mach nit so bange Augen, Herzie, schau, sie tun schon die Spritzen fort. Das Feuer scheint gelöscht zu sein.«
    Kurze Zeit darauf erstattete Doktor Hartenstein wieder Bericht. »Arg wüst schaut' shalt aus, Frauli. Das Feuer hat nit so einen großen Schaden angerichtet wie halt das Wasser. Es ist der braven Löschmannschaft gelungen, die Flammen auf Schlaf- und Kinderzimmer zu beschränken. Die sind freilich eine kohlende Trümmerstätte.« Für einen Augenblick übermannte Rudolf Hartenstein, der seiner Frau ein so tapferes Vorbild gab, doch die ganze Tragweite des Verlustes. Es waren Werte, die so schnell nicht zu ersetzen waren.
    Annemarie, der keine Regung ihres Mannes entging, war es jetzt, die ihn und sich tröstete: »Wir bauen uns unser Nest wieder auf, Rudi. Nach und nach schaffen wir uns die verbrannten Sachen wieder an. Gut, daß der Wäscheschrank drunten im Schrankzimmer steht. Aber deine Wäsche, Rudi, und die Kleider alle ... ach, und meine armen Kinder haben ja nichts mehr anzuziehen!« Der Jammer übermannte Annemarie jetzt doch, als sie erst eingehender die Folgen bedachte.
    »Dar niß mehr, Muttißen? Tein Hemdsen und tein Hössen?« erkundigte sich der Kleine mit strahlender Miene.
    »Kein Bettchen hat der Hansi und die Ursel mehr«, klagte Annemarie leise weiter. »Lein-Usche ßäft bei piebe Omama.« Dort hatte Ursel schon öfters mal Mittagsruh gehalten.
    »Ja, Rudi, es ist wohl das gescheiteste, ich bringe die Kinder zu den Eltern. Aber was machen wir mit Vronli, die hier draußen in die Schule geht? Und wo bleiben wir? Ist das Speisezimmer gebrauchsfähig?«
    »Für Amphibien allenfalls. Für uns halt etwas ungemütlich. Es schwimmt alles. Man könnt' höchstens ein Familienbad dort eröffnen.« Rudi

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