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Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken

Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken

Titel: Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Reisevorbereitungen für sich allein zu tun, wieviel mehr wohl Frau Annemie mit ihren dreien. Was gab's da nicht noch alles zu nähen, zu waschen und zu plätten. Vronli war aus allen Höschen und Röcken herausgewachsen. »Die Kinder in der Schule sagen, ich soll mir nich auf meine Schleppe treten«, berichtete sie entrüstet. Auch Hansi mußte neu behost werden.
    O Gott, was machten solche kleine Jungenhöschen für Sorgen, bis Annemarie, die jetzt ihren Stolz darein setzte, alles für die Kinder eigenhändig zu schneidern, damit zurechtkam. Das erste Paar, das die Mutter ihm genäht hatte, erweckte lebhaften Unwillen bei dem undankbaren Sohn.
    »Keine einje Tasseis in die Hojen! Wo soll Hansi seine Mummeln und seine Mißtäfer hintun?« So schimpfte er.
    Annemarie stand beschämt vor ihrem Werk, auf das sie ungeheuer stolz war. Richtig - die Taschen, das Allerwichtigste für einen Jungen, hatte sie vergessen. Am wenigsten Schwierigkeiten machte noch die Einkleidung von Klein-Ursel. Die war noch immer ein winziges Persönchen und sah in jedem Läppchen, das man ihr überhängte, süß aus. Aber eitel war sie schon. Sie gab nicht eher Ruhe, bis die Mutter ihr das gleiche buntgeblümte Dirndlkleid schneiderte, das sie für Vronli verfaßt hatte. Unglaublich komisch sah das putzige Miniaturdirndl aus.
    »Ursele, was werden denn halt die Küh' zu dir sagen?« fragte der Vater lachend, dem sie mit mütterlichem Stolz vorgeführt wurde. »Muh«, sagte das Liliputdirndl höchst naturgetreu.
    Schlimm war noch das Einpacken der Siebensachen. Annemarie brummte der Kopf, daß sie nur nichts vergaß. Und die Krabben gingen ihr nicht »von der Pelle«, trotz der furchtbaren Drohung, daß sie zu Hause bleiben müßten.
    »Haach ... mein seine Matjosenbuse is dehaupt ßon eindepackt in das Toffer, da muß Hansi doch destimmt mitheisen auf die Puffpuffbahn.« Gegen diese logische Schlußfolgerung ließ sich nichts mehr einwenden.
    Auf beiden Seiten des Koffers hatten die Kinder wie Zollbeamte Posten gefaßt. Mit Argusaugen beobachteten sie alles, was in die Tiefen des Koffers versenkt wurde. War es etwas besonders Schönes, dann wurde es mit Indianergeheul freudigst begrüßt. Natürlich wollten sie auch helfen, und natürlich wurde Annemarie kribbelig bei dieser Hilfe. Hansi warf ihr seine sandige Gartenschaufel auf die sorgsam geplätteten weißen Kleidchen, sonst »fird se danz destimmt verdessen«.
    »Jetzt kommt ihr nicht eher wieder ins Zimmer, bis der Koffer geschlossen ist, und wenn ihr derartig blökt, sperr' ich euch in den Ziegenstall.« Annemarie hatte heute wirklich keine Zeit, sanft und geduldig den Kindern gegenüber zu bleiben.
    »Lein-Usches Patefanne mittommen ... Lein-Usche deht niß in olle dosche Wascher.« Ursel schrie wie besessen; denn sie hatte Angst vor der See, von der man ihr erzählt hatte, und blieb dabei, daß ihre Badewanne eingepackt werden müsse. Hansi dagegen schimpfte: »Is sa etelhaft, das olle Heisen, iß beib dehaupt bei Vaterle und Flößen und tomm dar niß mit nach Tüttenheide.«
    Diese furchtbare Drohung aber hatte er am nächsten Morgen vergessen, als Annemarie ihre Kleinen zu nachtschlafender Zeit aus süßem Schlummer nehmen mußte; denn der Weg von Lichterfelde bis zum Bahnhof war schon eine kleine Reise für sich. Und der Zug ging früh.
    Im Augenblick waren sie heute munter. »Schnell, schnell, Mutti, der Zug geht ab.« Das war natürlich Vronli, welche die übergroße Pünktlichkeit ganz gewiß nicht von ihrer Mutter geerbt hatte.
    Hansi hatte es noch eiliger. Der wollte im Nachthöschen zum Bahnhof. »Muttißen, snell ... snell, die Puffpuffbahn ßreit ßon, Ontel Szaffner wattet niß auf mir.« Nur Klein-Ursel zeigte sich heute wieder mal als echte Tochter ihrer Mutter. Die drehte sich mit Gemütsruhe auf die andere Seite und behauptete trotz herrlichster Morgensonne: »Piebe Honne ßeint niß, mein Tind tann niß adadehn.« Schließlich aber stand man doch mit Sack und Pack gerüstet am Gartentor. Rudi konnte, der Morgensprechstunde wegen, seine Familie nicht persönlich am Bahnhof abliefern. Sein Schwager Hans hatte es übernommen, die ganze Gesellschaft zu verladen. Er selbst folgte mit seiner Familie erst vierzehn Tage später, wenn die Gerichtsferien begannen.
    Die Kinder hatten es sehr eilig mit den Abschiedsküssen. Die schrien noch schnell in die festverhangenen Fenster ihres Freundes, der sich bereits gestern mit einer großen Tüte Süßigkeiten von ihnen

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