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Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste

Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste

Titel: Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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interessantere kaufmännische Tätigkeit denken als gerade das Bankfach, nicht wahr, Herr Rumpier?«
    Herr Rumpier mit dem Leberfleck bejahte eifrig. Ursel sah die beiden an, als ob sie von einem anderen Planeten herstammten. »Finden Sie in der Tat dieses Kuvertausschreiben interessant?«
    »Das sind doch nur die Anfangsgründe, Fräulein Hartenstein. Nachher kommt es interessanter. Berechnungen, Buchungen, Kontoauszüge, und wenn Sie erst in die Effektenabteilung kommen.«
    »Brr« - Ursel schüttelte sich. »Nee, soweit darf es ganz gewiß nicht mit mir kommen. Bis dahin bin ich hoffentlich schon bei der Oper.«
    »Wa-as?« Herr Rumpier und das dunkelhaarige Fräulein machten nicht gerade geistreiche Gesichter. »Zur Oper wollen Sie? Und dann gehen Sie als Vorbereitung dazu zur Bank -« »Ich werde gegangen - auf höheren väterlichen Befehl! Aber ich hoffe, Sie werden es hier bald einsehen, daß an mir Hopfen und Malz verloren ist, und mich wieder an die Luft setzen«, frohlockte sie.
    Die Frühstückspause war zu Ende. Schade. Gegen sie hatte Ursel nichts einzuwenden. Alles saß wieder an seiner Arbeit. Aber von Pult zu Pult flog es, daß der neue Lehrling zur Oper wolle, daß er auf der Bank nur eine Gastrolle gäbe. Von Pult zu Pult nahm die Nachricht neue Gestaltung an, und als sie das letzte Ohr erreicht hatte, da war aus Ursel Hartenstein bereits eine berühmte Opernsängerin geworden, die sich in der Bank nur einige kaufmännische Kenntnisse erwerben wollte. Man tuschelte, man drehte die Köpfe nach ihr.
    Ursel ahnte nicht, daß ihre harmlos hingeworfene Bemerkung solchen Aufruhr in das Gleichmaß der regelmäßigen Bürotätigkeit gebracht hatte. Die schrieb ihre endlosen Adressen weiter und schimpfte dabei innerlich. Herr Müller sagte nicht mehr »akkurater, wenn ich bitten darf', obwohl das mehr noch als vorher nötig gewesen wäre. Denn Ursel ließ all ihren heimlichen Zorn, ihren gebändigten Freiheitsdrang an den unschuldigen Buchstaben aus. Aber einer Künstlerin konnte man geniale Schrift schon nachsehen. Die wollte hier nur soviel lernen, als es ihr Spaß machte, darum hatte Direktor Hildebrandt sie auch persönlich empfohlen. Wer weiß, wer sich hinter dem Namen Hartenstein eigentlich verbarg. Es sollten ja jetzt lauter junge Kräfte an der Oper sein.
    Als die Mittagspause herankam, in der die meisten der Bankbeamten ein warmes Essen in der Kantine einnahmen, sah sich Ursel plötzlich von allen Seiten umdrängt. Sie war der Mittelpunkt des fremden Kreises geworden.
    »Welche Partien singen Sie, Fräulein Hartenstein? Sopran- oder Altarien?« erkundigte sich eine der Damen.
    »Alles durcheinander, wie mir der Schnabel gewachsen ist.« Ursel begann in ihrer angeregten Stimmung »Kommt ein schlanker Bursch gegangen« aus dem Freischütz zu trällern. Wer noch irgendeinen Zweifel an der Künstlerlaufbahn der jungen Dame gehegt hatte, war jetzt bekehrt.
    Plötzlich unterbrach sich Ursel. »Himmel, Cäsar, mein armes Hundevieh - ich lasse es mir hier wohl sein, und der arme Kerl kann hungern. Jetzt muß Cäsar erst gespeist werden.« Die Mitteilung, daß Ursel ihren Hund mitgebracht und beim Pförtner abgegeben habe, erhöhte die Heiterkeit. Künstlerinnen waren stets originell. Man sammelte für Cäsar sämtliche Reste. Eine kleine Gruppe zog mit Ursel hinaus, um Cäsars Diner beizuwohnen.
    Der Anblick seiner Herrin löste ein wildes Freudengeheul bei dem Köter aus. Mit Ingrimm hatte er sich ebenso seiner Freiheit beraubt gefühlt wie sie bei ihren Briefadressen. Als einer der Herren ihn jetzt losband, gebärdete er sich wie toll, er riß Ursel mit seinen Liebesbezeigungen nach der stundenlangen Vernachlässigung fast um. Es war ein solcher Tumult, daß einer der Direktoren, der das Vestibül gerade passierte, kopfschüttelnd meinte: »Ei - ei, hier scheint es ja recht fidel zuzugehen. Es ist Zeit, die Büros aufzusuchen, meine Damen und Herren.«
    Ursel fühlte sich von dem versteckten Vorwurf, der den andern recht peinlich war, durchaus nicht getroffen. Sie fand es augenblicklich ganz reizend an der Bank mit all den netten Damen und Herren. Aber als sie dann wieder bei ihren Adressen saß, ebbten die hochgehenden Wogen ihrer Begeisterung allmählich ab.
    »Hören Sie, mit der kleinen Hartenstein müssen wir uns gut halten, da kann man Freikarten für die Oper bekommen, die jetzt sonst nicht mehr zu erschwingen sind«, flüsterte eine der Damen einer Kollegin zu.
    »Ich habe sie gefragt, worin sie

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