Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)
verschleiern.«
»Das war
nicht sein einziges Täuschungsmanöver. Herwig Walters ist offenbar nur eine Art
Künstlername, der Bursche heißt gar nicht so.«
»Sag ich
ja«, strahlte Leopold über das ganze Gesicht. »Er heißt Johann Meyer und hat einige
Zeit in der Wohnung eines gewissen Felix Berndorfer gelebt.«
»Auch das
muss nicht stimmen«, seufzte Juricek. »Es gibt zwar viele Johann Meyer, aber wir
haben noch niemand, auf den die Beschreibung von Walters passt. Gut möglich, dass
er sich noch ein paar Namen zugelegt hat. Wenn er, wie ich vermute, Berndorfer bar
auf die Hand gezahlt und sich ihm gegenüber nicht ausgewiesen hat, wird es nicht
leicht, seine Fährte zu finden.«
Leopold
hörte interessiert zu. »Und was gedenkt ihr zu tun?«, fragte er.
Juricek
trank seinen Kaffee in kleinen Schlucken. »Was man in so einer Situation eben tut:
weitersuchen«, bemerkte er trocken. »Schauen, wer so alles vermisst gemeldet wurde,
aber Walters scheint ein Einzelgänger gewesen zu sein, der niemandem abging. Prüfen,
wer im fraglichen Zeitraum, nachdem Walters bei Berndorfer ausgezogen war, eine
Wohnung bezogen hat. Bei den Theatern nachfragen, wo er angeblich gewirkt hat, doch
das ist lange her. Im Internet findet sich so gut wie nichts Brauchbares über seine
künstlerische Laufbahn. Und selbstverständlich den Leuten vom ›Floridsdorfer Welttheater‹
auf den Zahn fühlen, gleich heute bei der Probe. Da haben wir alle beisammen.«
»Glaubst
du, dass ihn einer von denen ermordet hat?«, erkundigte Leopold sich vorsichtig.
»Von Mord
kann beim derzeitigen Stand der Ermittlungen noch keine Rede sein«, betonte Juricek.
»Warum eigentlich
nicht?«
»Weil bei
der Leiche keine Spuren offensichtlicher Gewaltanwendung vorhanden sind.«
»Aber Richard!
Was heißt ›offensichtliche Gewaltanwendung‹? Es genügt ja, wenn jemand den guten
Walters so lange untergetaucht hat, bis er keine Luft mehr bekommen hat, etwa dort,
wo er jetzt wieder aufgetaucht ist, bei dieser seichten Stelle.«
»Er wird
wahrscheinlich dort in der Nähe umgekommen sein, wir glauben nicht, dass er weit
abgetrieben wurde. Aber es ist natürlich auch möglich, dass es ein Unfall war, ein
Krampf, Herzprobleme oder zu viel Alkohol. Warten wir einmal die genauen Ergebnisse
der Obduktion ab.«
»Du musst
vielleicht die Obduktionsergebnisse abwarten, Richard, aber mir ist die Sache bereits
sonnenklar«, erklärte Leopold triumphierend, während er wieder die Kaffeemaschine
betätigte. »Herwig Walters geht baden – nackt. Vermutlich nachts, weil es da keine
Zuschauer gibt, das haben Thomas Korber und Simone Biedermann ja auch getan. Da
lagen dann allerdings die Kleidungsstücke am Ufer. Hat man von Walters irgendwelche
Kleider gefunden? Ich vermute nicht. Und warum nicht? Weil der Mörder sie beseitigt
hat.«
»Das habe
ich mir auch schon überlegt«, nickte Juricek. »Aber es gibt noch zu viele Ungewissheiten
in diesem Fall. Deshalb warte ich auf das Obduktionsergebnis, auch wegen der ungefähren
Todeszeit. Ganz genau werden wir sie ja nicht kriegen, fürchte ich.«
»Auch das
ist nicht schwer«, überlegte Leopold. »Vorige Woche am Freitagmorgen war Walters
kurz bei uns im Kaffeehaus. Er hat nach Glomser gefragt. Unter Umständen haben sich
die beiden später getroffen. Zur Probe am Nachmittag ist er aus irgendeinem Grund
nicht erschienen. Vielleicht hat ihm Glomser etwas von dem geplanten ›Jux‹ verraten.
Ertrunken ist er mit größter Wahrscheinlichkeit in der Nacht auf Samstag, und, wie
es aussieht, wurde er ermordet.«
»Na, wenn
du schon alles so genau weißt«, lächelte Juricek, »brauche ich ja nur noch meinen
Kaffee zu zahlen.« Er legte einen Fünf-Euro-Schein auf die Theke und bedeutete Leopold,
den Rest einzustecken. »Dass du trotzdem deine Augen und Ohren offen halten sollst,
brauche ich dir ja nicht extra zu sagen. Dasselbe gilt für deinen Freund Thomas
Korber, der hat ja einen noch direkteren Draht zu den Schauspielern vom ›Welttheater‹.
Aber du weißt, ich setze auf Teamarbeit, nicht auf Alleingänge!«
»Du kannst
auf mich zählen, Richard«, versicherte Leopold mit seinem unschuldigsten Dackelblick.
»Oder war das irgendwann einmal nicht der Fall?«
»Du weißt
schon, was ich meine«, seufzte Juricek. »Na schön, ich muss gehen. Und du solltest
dich, scheint’s, wieder mehr deiner Arbeit widmen. Grüß dich, Leopold.« Während
er zum Kleiderständer ging und seinen Sombrero aufsetzte, sah Leopold Frau
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