Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)
psychologische Schulungen
über sich ergehen lassen, ja, hatte sogar einer Frau gestattet, in seinem Privatleben
Einzug zu halten. Er war besser gegen Angriffe auf seine Person gewappnet als früher.
Nur Leopold gelang es hin und wieder, ihn aus der Fassung zu bringen. Jetzt aber
war er einem Rückfall sehr nahe. »Sie haben es eilig? Dann machen wir gleich mit
Ihnen weiter. Sämtliche Details vom vorigen Freitag, wenn ich bitten darf«, forderte
er Glomser unwirsch auf.
»Zunächst
einmal war ich mit den anderen Schauspielern bei unserem sogenannten ›Jux‹, das
heißt, statt zur Theaterprobe gingen wir zum Heurigen …«, begann Glomser.
»Falsch«,
unterbrach Bollek ihn sofort. »Ich habe gesagt sämtliche Details. Damit meine
ich alles von Anfang an.«
Glomser
stutzte verwirrt.
»Wann haben
Sie sich an diesem Tag mit Herrn Walters getroffen?«, versuchte Bollek, ihm auf
die Sprünge zu helfen.
»Ich habe
mich gar nicht mit ihm getroffen«, blockte Glomser ab.
»Unseres
Wissens nach hat Walters Sie am Freitag in der Früh gesucht, um etwas mit Ihnen
zu besprechen. Da werden Sie, schätze ich, irgendwann zusammengekommen sein. Also
bitte«, blieb Bollek unnachgiebig.
»Ich bin
nicht mit ihm zusammengekommen. Ich habe ihn am Freitag den ganzen Tag über nicht
gesehen.«
»Einen Augenblick:
Sie bestreiten, dem Toten vor Ihrem ›Jux‹ begegnet zu sein. Bestreiten Sie ferner,
sich mit ihm darüber unterhalten zu haben, dass ein solcher Jux geplant war?«
»Genauso
ist es.«
»Keine Telefongespräche,
E-Mails, keine SMS, gar nichts?«
»Nein!«
»Dann haben
Sie ihn eben am selben Abend, als alles vorüber war, aufgesucht, um mit ihm zu reden.«
»Wie kommen
Sie zu dieser Behauptung? Ich war mit Herrn Korber zusammen noch bei der Wohnung
von Walters, wie Sie vielleicht schon herausgefunden haben. Aber er war nicht da.
Möglicherweise lebte er nicht mehr dort.«
Bollek gelang
es, auf einer Stufe zu bleiben, die ihn nicht gleich seine Beherrschung verlieren
ließ. Dadurch wirkte er bedrohlicher und verunsichernder als früher. Es war unangenehm,
sich in seinem Nahbereich zu befinden, seine Ausdünstung zu spüren, von seinem Atem
gestreift zu werden. »Wie ich zu meinen Behauptungen komme, müssen Sie schon mir
überlassen«, wurde er merklich lauter, um alle Umstehenden an dem Gespräch teilhaben
zu lassen. »Ich behaupte jedenfalls, dass Sie Korber ein wenig in die Irre führten
und nachher Walters dort aufsuchten, wo er wirklich war. Sie wussten das
von Anfang an. Und Sie wollten mit ihm alleine sein.«
»Ausgemachter
Blödsinn! Warum?«
»Wie ich
schon gesagt habe: Um mit ihm zu reden.«
»Und worüber?«
»Das möchte
ich ja gerade von Ihnen erfahren. Aber lassen Sie mich einmal nachdenken: Es wird
wohl um die Regie beim ›Floridsdorfer Welttheater‹ gegangen sein. Sie haben gerade
selbst behauptet, dass man Ihnen Herrn Walters vor die Nase gesetzt hat. Wahrscheinlich
waren Sie nicht zufrieden mit der Art, wie er die Truppe geführt hat. Er soll ja
ein recht selbstherrlicher Mensch gewesen sein. Irgendwann ist es dann zum Streit
gekommen …«
»Sagen Sie,
wollen Sie etwa behaupten, dass ich etwas mit dem Tod von Walters zu tun habe?«,
kam es jetzt misstrauisch von Glomser.
»Es könnte
darauf hinauslaufen, wenn Sie mir nicht bald sagen, was Sie am vergangenen Freitagabend
gemacht haben, nachdem Sie sich von Korber verabschiedeten«, teilte ihm Bollek ohne
Umschweife mit.
»Haben Sie
mich danach gefragt? Nein! Nach Walters haben Sie gefragt, die ganze Zeit über.
Ich bin nach Hause gegangen. Ich war daheim, bei meiner Frau, die ganze Nacht. Schreiben
Sie sich das auf, und dann lassen Sie mich bitte in Ruhe.«
Juricek
kam herbei und bedeutete Bollek, mit der Befragung der anderen Personen fortzufahren,
sich dabei jedoch auf das Wesentlichste zu konzentrieren, damit die Probe rasch
beginnen konnte. »Auf ein Wort noch«, meinte er dann zu Glomser. »Vorerst verdächtigt
Sie kein Mensch, aber Sie werden zugeben müssen, dass man aufgrund Ihrer vorhin
getätigten Äußerungen ein problematisches Verhältnis zwischen Ihnen und Walters
vermuten kann. Wie haben Sie ihn eigentlich kennengelernt?«
Er sprach
ruhig und eindringlich in einem beinahe freundschaftlichen Ton. Es war die willkommene
Abwechslung nach Bolleks harschen Attacken. Juricek mochte das. Die Leute wurden
zuerst bedrängt und mit wüsten Anschuldigungen konfrontiert. Dann kam er, Onkel,
Vater, Bruder, Vertrauensperson. Das löste
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