Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)
ihn fröhlich. »Es wird ja überhaupt eine ganz
eigene Atmosphäre herrschen: beinahe vollständiges Dunkel, nur die Bühne in magisches
Licht gehüllt …«
»Die Atmosphäre
wird darin bestehen, dass wir uns derstessen und die Grapscherei floriert.«
»Sie sehen
leider wieder einmal alles viel zu schwarz, Leopold«, machte Frau Heller ihn aufmerksam.
»Dabei gehen wir wahrhaft rosigen Zeiten entgegen. Was das Bauliche betrifft, wird
mir meine Tochter zur Seite stehen. Für das Konzept einschließlich des Engagements
der Darsteller hat sich mir mit Herrn Wondratschek ein wahrer Meister seines Faches
zur Verfügung gestellt. Was soll denn da noch schief gehen? Vielleicht«, zwinkerte
sie den Anwesenden zu, »wird das Einläuten einer neuen Ära das Kaffeehaus auch meiner
Tochter wieder schmackhaft machen, sodass sie es dereinst einmal übernehmen wird.«
»Ich gehe
mich jedenfalls einmal umziehen«, verkündete Leopold. »Darf ich meine übliche Dienstkleidung
nehmen oder liegt schon ein Trachtenjanker für mich bereit?«
Frau Heller
warf ihm einen verständnislosen Blick nach. Doch als Leopold zum Dienst erschien,
war sie schon wieder bestens aufgelegt. »Herr Wondratschek wird sich jetzt von uns
verabschieden, sein Kaffee und sein Mineralwasser gehen selbstverständlich aufs
Haus. Und Sie haben hoffentlich genügend Kraft getankt, um hier eine Zeitlang alleine
zurechtzukommen, ich habe noch etwas mit meiner Tochter zu erledigen«, gab sie noch
letzte Anweisungen, ehe sie mit Doris durch die kleine Küche verschwand.
»Stets zu
Diensten, Frau Chefin«, rief ihr Leopold mit scheinbarer Gelassenheit nach. In Wirklichkeit
hatte er genau auf diesen Moment gewartet. »Einen Augenblick bitte, Herr Wondratschek«,
rief er, während er das leere Geschirr vom Haustisch abräumte.
»Was gibt’s
denn noch?«, fragte Wondratschek kühl. »Haben Sie vor, weiterhin mit künstlerischem
Unverstand zu glänzen oder wollen Sie vielleicht doch konstruktiv an unserem Projekt
mitarbeiten?«
»Weder noch.
Mich interessiert vielmehr, in welcher Beziehung Sie zu dem lieben Verstorbenen
gestanden sind.«
»Gibt es
irgendeinen Grund, warum ich mit Ihnen darüber reden sollte?«
»Es gibt
eine Menge Gründe. Erstens wird es sich nicht vermeiden lassen, dass Sie darüber
reden, weil sich bald die Polizei dafür interessieren wird. Also können Sie’s mir
auch erzählen. Zweitens bin ich ein neugieriger Mensch. Und drittens würde sich
mein Interesse für Ihre künstlerische Arbeit hier im Kaffeehaus immens vergrößern,
wenn ich sozusagen einen kleinen Einblick hinter die Kulissen bekäme.«
Wondratschek
zierte sich. Es war ihm sichtlich unangenehm, mit jemandem wie Leopold mehr als
nur ein paar förmliche Worte zu wechseln. »Warum interessiert Sie das alles eigentlich?«,
wollte er wissen.
»Ich bin
dem Theater nicht so gänzlich abgeneigt«, antwortete Leopold. »Außerdem spielt mein
Freund Thomas Korber in der Schauspieltruppe mit, die Herr Walters leitete. Die
Leute sind fast täglich hier im Kaffeehaus. Das Verschwinden von Herrn Walters war
Thema Nummer eins. Da lebt man mit und dann fragt man sich schließlich, wie es gekommen
ist, dass gerade er zum Regisseur der heurigen Produktion auserkoren wurde.«
»Na schön«,
ließ sich Wondratschek herab. »Es ist aber eine vollkommen unspektakuläre Geschichte.
Man ist diesbezüglich an mich herangetreten, wie das ja öfters der Fall ist, weil
ich ein Fachmann auf diesem Gebiet bin. Ich hatte kein großartiges Nahverhältnis
zu Walters. Ich wusste, dass er zu haben und wo er zu erreichen war, das hat genügt.
Wir haben uns einmal getroffen, und dabei habe ich den Kontakt zur Schule hergestellt.
Alles andere war nicht mehr meine Aufgabe.«
»Na, aber
ein bisserl gekannt haben Sie ihn schon. Also müssten Sie auch wissen, dass Walters
gar nicht sein richtiger Name war.«
»Ich bitte
Sie«, lächelte Wondratschek beinahe mitleidsvoll über so viel Unverständnis. »Sie
befinden sich schließlich auf dem Gebiet der hohen Schauspielkunst. Da ist es beinahe
eine Selbstverständlichkeit, dass man sich einen Künstlernamen zulegt. Oskar Werner
hieß ursprünglich Oskar Josef Bschließmayer, und Peter Alexander Peter Alexander
Neumayer, um nur zwei Beispiele zu nennen.«
»Und wie
hat Herwig Walters geheißen?«, grinste Leopold.
»Wie er
wirklich geheißen hat, darüber gibt es nur Gerüchte«, grinste Wondratschek zurück.
Beide schienen
es darauf anzulegen, auszutesten, wer
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