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Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)

Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)

Titel: Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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leicht an. »Was hab ich dir gesagt?«, flüsterte er.
    »Glomser,
sind die Termine für die Anprobe im Kostümhaus fixiert?«, wollte Walters wissen,
während Stössl den kleinen Umbau vornahm. Er setzte sich auf den für ihn bereitgestellten
Stuhl.
    »Freitag
und Samstag nächster Woche«, nickte Glomser, der sich bereit erklärt hatte, die
Regieassistenz zu machen.
    »Gut. Dann
nehmen Sie bitte Aufstellung«, kam es im Befehlston von Walters. »Welche Szenen
sind heute dran? Ach ja, wir proben den ersten Akt noch einmal von Anfang an durch.
Also Auftritt Zangler, Sonders. Und mit etwas mehr Pep als beim letzten Mal, wenn
ich bitten darf!«
    Pribil und
Korber nahmen ihre Plätze ein. Sie sollten einander jetzt, am Beginn des Stückes,
ein wildes Wortgefecht liefern, das Zangler, Maries Onkel und Vormund, mit ihrem
von ihm gar nicht geschätzten Liebhaber Sonders austrug. Walters gab das Zeichen,
und während die beiden von hinter der Bühne hervorkamen, entspann sich, beginnend
mit Zangler, der Dialog:
     
    »Ich hab Ihnen jetzt ein für allemal
g’sagt-«
    »Und ich
Ihnen ein für allemal erklärt-«
    »Dass Sie
meine Nichte und Mündel nicht kriegen!«
    »Dass Marie
die Meine werden muss!«
    »Das werd
ich zu verhindern wissen!«
    »Schwerlich
so sicher, als ich es durchzusetzen weiß!«
    »Kecker
Jüngling!«
    »Hartherziger
Mann!«
     
    »Stopp! Aus! Alles noch einmal von
vorne!« Walters bedeckte mit seiner rechten Hand Augen und Stirn. »Das ist doch
nicht die Möglichkeit! Mit Pep habe ich gesagt! Die beiden Kontrahenten sind drauf
und dran, sich gegenseitig an die Gurgel zu fahren, woran sie nur ein letzter Rest
von Anstand hindert, und was sehe ich hier? Nichts! Keine Emotion, nur eingeschlafene
Füße. Das ist der Stückbeginn, da muss es krachen. Krachen , versteht ihr?«
Er schlug mit der Faust auf die Tischplatte, um seine Anweisungen zu untermauern.
    »Wir haben
diese Szene erst zweimal geprobt«, erinnerte ihn Korber.
    » Schon zweimal«, berichtigte Walters. »Deshalb sollte sie ja bereits besser laufen. Natürlich
muss man dazu seinen Text so weit beherrschen, dass man sich ganz auf die emotionale
Ebene konzentrieren kann. Also bitte, meine Herren, mehr Power. Und vor allem rasch,
rasch! Sie sollten schon wieder auf Ihren Plätzen sein!« Walters war gereizt, und
er ließ es von Beginn an alle merken.
    Die Szene
wurde nochmals abgespult, zwar mit kaum mehr Elan, doch diesmal ohne Unterbrechung.
Dann ging es Schritt für Schritt und Bild für Bild weiter in den ersten Akt hinein.
Walters stellte nun eher Gleichgültigkeit zur Schau. Nur einmal verlor er noch kurz
die Contenance, als Stössl in seinem Übereifer zu früh in den Auftritt hineinplatzte.
»Zuerst kommt der Hausdiener Melchior, dann erst der Schneidermeister, verdammt
noch einmal«, brüllte er. »Ist das denn so kompliziert?«
    »Aller Anfang
ist schwer«, seufzte Stössl und zitterte dabei wie Espenlaub.
    »Schon gut.«
Walters fuhr sich erneut mit der Hand über die Stirn. Er begann zu schwitzen. »Sie
brauchen deshalb nicht gleich einen Nervenzusammenbruch zu bekommen. Weiter bitte,
weiter!«
    Dann lehnte
er sich wieder in seinen Sessel zurück und ließ die einzelnen Szenen kommentarlos
an sich vorüberlaufen. Er schien zwischendurch in Gedanken ganz woanders zu sein.
Seine Lethargie wurde nur dadurch unterbrochen, dass er fallweise mit einem Finger
in der Nase bohrte. Das ging so lange, bis Sven Biedermann seinen Auftrittsmonolog
als Handlungsdiener Weinberl hinter sich gebracht hatte. Nun wurden Walters’ Augen
wieder wach. Unruhig kreisten sie im Raum umher. »Wo ist unser Christopherl?«, fragte
er lauernd. »Wo ist der Junge?«
    Die Umstehenden
sahen einander betreten an.
    »Wo ist
der Junge, zum Teufel? Wie heißt er doch gleich? Toni, glaube ich.«
    »Toni Haslinger«,
assistierte Korber. »Ich weiß auch nicht. In der Schule war er heute jedenfalls.
Und Bescheid über die Probe müsste er auch wissen.«
    »Die E-Mails
mit den Probenzeiten sind schon vor einer Woche rausgegangen«, beeilte Glomser sich
zu sagen.
    »Und warum
ist der Kerl dann nicht da?«, wetterte Walters. »Wie sollen wir jetzt ohne unseren
Lehrjungen weiterspielen? Kann mir das jemand sagen?«
    »Springen
wir einfach bis zum nächsten Auftritt, in dem er nicht vorkommt«, schlug Sonja Friedl
vor.
    »Das wird
aber ein gewaltiger Sprung«, ätzte Walters. »Gute zehn Seiten im Text. Nein, für
dieses amateurhafte Getue bin ich nicht zu haben. Los, Glomser,

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