Netha-Chrome
Augenbraue.
„Dürfte ich erfahren, woher Sie diese Kenntnis haben, Captain?“, fragte Sydney. Stavanger lächelte etwas überheblich.
„Wir sind MDA, Private Sydney. Nun, zumindest waren wir es. Wir wissen viel.“
Ich schaute den Captain vorwurfsvoll an.
„Wenn ich ihn umlege, bin ich nicht besser als die Terroristen von Sturmtrupp Blau “, knurrte ich. „Ich dachte, die Vorgehensweise von Asharow und seiner kleinen Terror-Bande steht nicht im Einklang mit den Werten des Widerstandes.“
„Wer sagt das?“, erwiderte der Captain kalt, nur um im nächsten Moment wieder den führsorglichen Anführer zu spielen. „Arkansas, Sie müssen verstehen, dass wir momentan nicht viele Möglichkeiten haben, gegen das Protektorat vorzugehen. Wir können uns leider nicht aussuchen, wie wir vorgehen wollen. Wenn es notwendig werden sollte, jemanden zu eliminieren, dann müssen wir das tun. Wenn Sie aber den Auftrag ablehnen wollen, dürfen Sie dies selbstverständlich tun. Dann macht es eben ein anderer.“
Ich schaute zu Sydney herüber. Ich wollte ihre Meinung dazu in ihren Blicken lesen. Die KI schien ebenso wenig begeistert davon zu sein wie ich, nickte mir aber zu. Wenn ich es nicht tat, tat es ein anderer. Und derjenige hätte vermutlich keine Skrupel, einen unschuldigen Wartungstechniker umzulegen, um an den Code zu kommen. Ich hingegen würde alles daran setzen, an diesen Code zu kommen, ohne dass jemand dafür sterben musste. Und wenn ich diesen Code wirklich an mich bringen könnte, wäre ich auch, anders als ein anderer, nicht bereit, ihn für einen Angriff auf die Stadt zu missbrauchen. Also wollte ich es tun.
Außerdem würde ich für diese Suche in die Stadt zurückkehren. Das musste ich so oder so. Ich musste Tijuana finden und sie irgendwie vom Mentha-Programm befreien. Ich musste Asharows Fährte wieder aufnehmen, um diesem Drecksack eine Kugel in den Kopf zu jagen und meinen Trace endlich abzuschließen. Mir war es egal, ob er für den Widerstand inzwischen uninteressant war. Für mich war er interessant. Also wollte ich in die Stadt zurückkehren und diesen Sarajevo suchen. Und noch etwas zusätzliche Zeit einplanen, um meine anderen Geschäfte zu erledigen. Wenn ich so darüber nachdachte, konnte mir kein besserer Auftrag zugeteilt werden.
„In Ordnung“, sagte ich. „Ich finde Sarajevo.“
„Gut“, nickte Stavanger zufrieden. „Ich werde Ihnen die nötigen Infos über Sarajevo Pranjic zukommen lassen. Wenn Sie dann bereit sind, melden Sie sich bei Sergeant Oakland auf Deck 14. Er wird Ihnen einen NIPS zur Verfügung stellen mit dem Sie…“
„Moment!“, unterbrach ich den Captain. „Einen NIPS?“
„Dachten Sie, ich lasse Sie persönlich zurück in die Stadt gehen? Das ist viel zu gefährlich! Sie werden mit einem NIPS verbunden und die Mission durch ihn durchführen. Private Sydney kann natürlich nicht mit einem NIPS gekoppelt werden, sodass Sie auf sich alleine gestellt sein werden.“
„Kommt nicht in die Tüte, Stavanger!“, zischte ich den Captain an und erntete ein paar entsetzte Blicke der übrigen Offiziere. „Wenn ich gehe, gehe ich selbst und lasse mich nicht mit so einem Blecheimer verkoppeln. Nichts für Ungut, Syd!“
Ich hob entschuldigend die Hände Richtung Sydney. Diese hatte es aber glücklicherweise nicht als Beleidigung aufgefasst. Sie wusste selbst, dass andere KIs im Gegensatz zu ihr wirklich nichts weiter als unfähige Blechkübel waren.
„Sergeant, ich…“, begann Stavanger, aber ich ließ ihn nicht zu Worte kommen.
„Nein! Entweder spielen wir das nach meinen Regeln, oder gar nicht! Schicken Sie von mir aus einen anderen Trottel als NIPS-Marionette in die Stadt. Aber ob dieser Sarajevo so schnell finden wird wie ich, bezweifle ich. Des Weiteren bezweifle ich, dass dieser eine solche Mission überleben würde. Sie wissen, was mit Virginia Dawson passiert ist, als sich ihr NIPS eine Kugel eingefangen hat?“
„NIPS wurde seitdem stark verbessert“, warf Stavanger ein. „Es läuft sehr viel stabiler als früher. Zudem kann ein NIPS sogar mit Soul Ripper programmiert werden. Eine ideale Einsatzmöglichkeit.“
„Überzeugt mich nicht, sorry! Ich gehe selbst oder gar nicht!“ Stavanger überlegte kurz.
„Sie machen es mir nicht gerade leicht“, seufzte er. Ich neigte den Kopf zur Seite.
„Oh, es ist einfach. Unerkannt umherzuschleichen ist doch eure Spezialität bei der MDA, oder irre ich mich da? Statten Sie mich einfach mit einem
Weitere Kostenlose Bücher