Netha-Chrome
diese Menschen bezahlten für so etwas mehr als ich in einem Jahr bei der MSS verdient hätte. Sogenannte Master Setups waren für gewöhnlich nur den obersten Zehntausend vorbehalten. Hier bei der Armee konnte man so was umsonst bekommen. Eine Ausbildung zum Scharfschützen zum Beispiel benötigte somit nicht mehr als zwei Stunden. Aber unter den Soldaten war ein Master Setup verpönt und als Pussy-Programm verschrien. Niemand wollte mit Soldaten zusammen kämpfen, die in ihrer Ausbildung nicht durch Schlamm und Blut gegangen waren. Also nahm kaum einer die Möglichkeit wahr, der als Soldat etwas auf sich hielt. Auch ich hatte das nicht getan.
„Ich aber nicht“, entgegnete Sydney. „Worauf willst du eigentlich hinaus?“
Ich stockte und näherte mich ihr auf wenige Zentimeter.
„Ich will nur, dass du mich begleitest, Baby“, sagte ich leise und schaute ihr dabei tief in die Augen. Aber meine Versuche, sie auf die Flirt-Tour rumzukriegen, prallten an ihr ab.
„Ich möchte dich eigentlich auch nicht alleine gehen lassen. Aber Stavanger hat Recht. Ich muss mein Training aufnehmen, wenn ich ein wertvolles Mitglied des Widerstandes werden will. Es könnte bald zu einem Krieg kommen, und auf den will ich vorbereitet sein. Ich bin eben kein Kriegscyborg. Du schaffst das auch ohne mich. Wie lange kann es schon dauern, einen unbescholtenen Zivilisten ausfindig zu machen?“ Sie lächelte mich aufmunternd an, doch ich atmete tief durch und schaute zur Seite. Sydney neigte ihren Kopf. „Du wirst ihn doch ausfindig machen, oder?“
„Ja, aber…“
„Ich verstehe“, sagte Sydney. „Du wirst es nicht bei deiner Mission belassen, habe ich Recht? Du wirst nebenher auch deinen Trace nach Asharow weiterführen!“
„Du weißt, ich kann nicht anders, Sydney.“
„Ich hätte es mir denken können“, knurrte sie leise. Dann schwieg sie eine Weile und schaute etwas nachdenklich drein. Ich umfasste ihre Hüfte mit einer Hand, mit der anderen strich ich über ihre Wange.
„Bist du sauer?“, fragte ich wie ein kleiner Junge, der den Ehering seiner Mutter die Toilette runtergespült hatte. Sydney zog einen Mundwinkel hoch.
„Nein“, antwortete sie leise. „Ich weiß nicht wieso, aber ich kann dir nicht mehr wirklich böse sein. Früher war ich permanent böse auf dich. Aber jetzt? Ich werde Stavanger bitten, mich dich begleiten zu lassen.“ Ich lupfte eine Augenbraue.
„Auf einmal? Und was ist mit deinem Training?“
Die KI seufzte leise. Es klang so süß, wenn sie das tat.
„Ich werde mir das Training notfalls doch einprogrammieren lassen. Ich kann dich ja anscheinend nicht alleine gehen lassen. Schon gar nicht, wenn du den gefährlichen Trace nach Asharow wieder aufnehmen willst.“
„Ich kann aber schon auf mich aufpassen“, lächelte ich.
„Na klar. Du wurdest in der Vergangenheit mehrmals beschossen und fast in die Luft gejagt.“
„Ich stehe aber noch hier, oder?“, bemerkte ich achselzuckend. Die KI schaute mich fragend an.
„Willst du jetzt, dass ich mitkomme oder nicht?“, fragte sie knurrig. „Ich kann es mir auch noch anders überlegen!“
Ich näherte mich ihr noch etwas und küsste ihre sanften Lippen.
„Natürlich will ich, dass du mitkommst“, flüsterte ich. „Aber…“
„Ich werde Stavanger nicht erzählen, was du vorhast“, unterbrach sie mich.
„Also habe ich deinen Segen?“ Sydney legte ihre Stirn in Falten.
„Meinen Segen?“
„Ich meine, ob ich deine volle Unterstützung bei dieser Mission habe?“
Sydney holte Luft. Eine Geste, die bei ihr eher der Theatralik diente als dem Füllen der Lungen.
„Ich werde dich auf deinem Trace nach Sarajevo Pranjic begleiten. Mehr nicht. Was du aus diesem Trace im Endeffekt machst, bleibt dir überlassen. Du bist der Sergeant. Verlange nicht von mir, dass ich gutheiße, was du vorhast. Und was diese Geschichte mit dem Code angeht…“
„Ich werde nicht zulassen, dass dieser Code missbraucht wird, Sydney. Ich werde ihn besorgen, und zwar ohne irgendwelche Leute umzulegen. Und dann muss Stavanger mir seine Absichten beweisen. Vorher erhält er gar nichts.“
„Dann sollten wir uns jetzt auf die Mission vorbereiten“, sagte Sydney leise und nickte verhalten.
Kapitel 17
Stavangers Begeisterung bezüglich Sydneys abrupter Änderung der Pläne hielt sich schwer in Grenzen, als wir ihn gemeinsam in seinem privaten Quartier aufsuchten. Aber Sydney erklärte ihm mit ihrem unverwechselbaren Maschinencharme, dass es
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