Netha-Chrome
persönlichen Gegenstände. Das einzige, was mich daran erinnerte, wer oder was ich einmal war, war dieser verdammte Mantel. Er hatte mich nun schon mein halbes Leben begleitet und mir ein ums andere Mal den Arsch gerettet. Und das sah man dem Teil auch an. Überall waren kleine Löcher oder Brandflecken. Aber trotz dass er schon so viel Unheil von mir abgewendet hatte, schützte er noch so wie am ersten Tag. Und er würde mich wieder schützen. Nur diesmal trüge ihn ein gewisser Saskatchewan Arterton.
Die Vergangenheit lag hinter mir und ich steuerte auf eine ungewisse Zukunft zu. Was würde aus unserem Planeten werden? Wie würde es nun weitergehen? Ich war so mit mir und meinen unmittelbaren Problemen beschäftigt, dass ich nicht sah, wie bedrohlich die Wolke des Krieges über dem Mars hing. Unser kleiner Planet befand sich im Umbruch. Ein Umbruch, der blutig enden würde. Bald wäre nichts mehr so, wie es einst war. Viele Menschen würden den Tag nicht mehr erleben, an dem sich der Mars vom Protektorat freimachte. Wenn dies überhaupt möglich war, denn die Chancen dafür standen denkbar schlecht.
Ich musste an Sydney und mich denken. Wir hatten uns endlich gefunden, ich hatte endlich meine Gefühle für diese KI zugelassen. Aber konnten wir eine Zukunft haben? Eine glückliche Zukunft? Oder bestünde unsere gemeinsame Zeit aus Blut, Krieg und Tod? Ich wusste es nicht, und ich wollte auch nicht mehr darüber nachdenken. Aber die Einsamkeit meines Quartiers zwang mich förmlich dazu, weshalb ich auch beschloss, die Zeit, die mir noch bis zum Aufbruch blieb, mit Sydney zu verbringen.
Als ich in ihr Quartier kam, hatte sie sich ebenfalls schon in ihre neuen Klamotten geworfen. Das quietschbunte Halbkleid schmiegte sich hauteng an ihre wunderbaren Kurven. Zufrieden strich sie mit beiden Händen die letzten Falten aus dem Stoff um ihre Hüften.
Ich zog meine Augenbrauen hoch, als ich sie da so stehen sah.
„Hey“, sagte ich leise.
„Hey“, lächelte sie. „Sieht das gut aus?“
„Ich muss zugeben, an dir sieht das nicht ganz so bescheuert aus“, lachte ich und nahm sie fest in die Arme. Wir hielten uns eine ganze Zeit fest, bis Sydney fragte, was mit mir nicht stimme. Aber ich wollte nicht antworten. Ich wollte sie nur festhalten und es genießen. Wer konnte schon wissen, wie oft wir eine solche Gelegenheit in nächster Zeit noch hätten? Ob wir überhaupt noch mal eine Gelegenheit dazu bekämen? In wenigen Stunden brächen wir zu einer Mission auf, die sich zwar ungefährlich anhörte, doch aufgrund der Ereignisse in letzter Zeit eine überaus riskante Operation darstellte. Wir schlichen uns unter falscher Identität in eine Stadt, die geschlossen nach Leuten wie uns suchte. Terroristen. Rebellen, die eine Gefahr für das Regime darstellten. Hinter jeder Ecke konnte jemand lauern, der uns enttarnen und ausliefern konnte. Oder gleich umbrachte.
Irgendwann ließen wir dann doch voneinander ab und begannen zu reden. Wir sprachen über unsere Ängste und Wünsche. Zum ersten Mal, seit wir uns kannten, redeten wir wirklich ernsthaft miteinander über uns und unsere Gefühle. Wir verbrachten den ganzen weiteren Tag mit alltäglichen Dingen wie gemeinsamen Kochen und Essen, wir machten uns Kaffee, sprachen miteinander wie ein ganz normales Pärchen, machten faxen und ließen einfach die Seele baumeln. Es waren herrliche Stunden, weil sie so herrlich normal waren. Ein Stück Normalität, ein Stück Leben mitten im Chaos.
Gegen Abend machten wir es uns dann auf der Couch gemütlich und unterhielten uns noch eine Weile, bis ich so müde war, dass ich beruhigt in Sydneys Armen einschlief.
Kapitel 18
Am nächsten Morgen trafen wir wie besprochen auf einen Ausflugs-Rover, der uns ungefähr zwei Kilometer von der Basis entfernt mitten im Nirgendwo aufgabelte. Das riesige Gefährt hielt direkt vor unsere Nase und türmte sich wie ein metallenes, zehnrädriges Monster bedrohlich vor uns auf. Staub und Dreck hatten die einst schwarze Lackierung verblassen lassen, Sandstürme hatten große Lackpartien von seinem Metallkleid geschält.
Es zischte, als der Fahrer die Bremse betätigte. Eine kleine Tür öffnete sich an der Front des Rovers und eine Stimme tönte aus dem Inneren.
„Sind Sie Mister Saskatchewan und Miss Dakota?“
Wir traten direkt vor den Einstieg. Stavanger hatte uns gesagt, dass der Fahrer die Anweisung von seiner Zentrale erhalten hatte, zwei reiche Zivilisten, die eine Panne mit ihrem
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