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Netha-Chrome

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Titel: Netha-Chrome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janco Weiland
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irgendwo hinzukommen benötigte er ein Gefährt. Wenn er sich eines geliehen hätte, müsste der Computer es dann nicht wissen?
    Ich benutzte das basisinterne Com, um Stavanger zu rufen. Dieser war nur sehr kurz angebunden und hatte für meine Aussage, dass Toluca verschwunden sei, lediglich eine dürftige Erklärung übrig.
    „Das macht der Kerl öfters“, antwortete er gelangweilt. „Er weiß, dass er es nicht tun sollte, deshalb verwischt er gerne seine Spuren, wenn er es doch tut. Ich habe mich daran gewöhnt. Ist sonst noch etwas?“
    „Nein. Ansonsten bin ich rundum zufrieden. Legen Sie sich wieder hin“, sagte ich sarkastisch und knallte meine Faust auf den Aus-Knopf des Coms. Auf dem Weg zurück in mein Quartier lief ich Sydney über den Weg. Sie hatte einen ganzen Stapel Klamotten über ihre Arme gelegt und bemerkte schnell, dass ich ziemlich angefressen war.
    „Ark? Ist etwas passiert?“, fragte sie besorgt.
    „Toluca hat die Basis verlassen. Keiner scheint zu wissen, wie und warum, und anscheinend interessiert es auch keinen. Ich mache mir ein wenig Sorgen.“
    „Aber warum sollte er das tun? Wohin sollte er gehen?“, fragte die KI stirnrunzelnd.
    „Ich weiß es nicht“, antwortete ich und warf einen Blick auf ihre neuen Zivilklamotten. Sie hatte sich ein schrecklich buntes Halbkleid ausgesucht, mit den marsianischen Trendfarben Orange, Rot, Gelb und Lila. Dazu eine dunkelbraune Hose und halbhohe, marsrote Stiefel. „Gehst du auf einen Maskenball?“, fragte ich sie schmunzelnd.
    „Wenn ich schon in Zivil unterwegs sein muss, will ich auch mit dem neuesten Modetrend gehen. Ich bin eben eine weibliche KI. Die Kleiderausgabe hat übrigens auch recht ansehnliche Anzüge für Herren. Passend zu meinem Kleid.“
    „Nein danke. Ich habe keine Lust herumzulaufen wie ein Zirkusclown“, entgegnete ich und schüttelte energisch den Kopf. Dennoch musste ich mir zumindest eine neue Hose und ein neues Hemd besorgen, denn meine alten Sachen hatte ich aufgrund extremen Gestanks entsorgt. Aber ich hoffte, dass ich zumindest meinen Mantel noch gebrauchen konnte.
    „Wie du willst“, entgegnete Sydney und schaute mich fragend an. „Und was hast du jetzt vor? Wegen Toluca meine ich?“
    „Ich denke nicht, dass er sich bereitwillig tracen lassen wird“, antwortete ich achselzuckend. „Warum auch immer er abgehauen ist, er muss einen guten Grund dafür gehabt haben. Dennoch werde ich meine Augen offen halten. Ich vermute, dass er alleine in die Stadt zurückgekehrt ist. Vielleicht wollte er ins Gebilde zurückkehren, um nach Omega zu suchen.“
    „Wäre eine Möglichkeit“, murmelte Sydney.
    Ich holte tief Luft und starrte auf Sydneys Klamottenstapel.
    „Gut, dann werde ich mich auch mal neu einkleiden. Wo kriege ich so tolle Sachen denn her?“
    Sydney erklärte mir den Weg zur Kleiderausgabe auf Deck 6 und ging dann zurück auf ihr Quartier, um die Sachen in Ruhe anzuprobieren.
    Ich irrte derweil durch die Gänge der Fregatte, um etwa eine gefühlte dreiviertel Stunde später die Ausgabe zu erreichen, einen großen Raum mit dutzenden von Kleiderständern. Auf den meisten davon hingen neue Uniformen in verschiedensten Ausführungen. Große und übergroße Uniformen, verstärkt, für Unter,- und Oberoffiziere, Ausgehuniformen. Alle natürlich im typischen MDA-Schwarz gehalten, sodass ich die Unterschiede kaum erkennen konnte. Eine Reihe weiter gab es Tarnanzüge, schusssichere Westen und allerlei andere Kampfmonturen. Mitten drin entdeckte ich dann einen Kleiderständer mit Zivilklamotten. Als wäre ich in größter Eile, klaubte ich mir eine stinknormale Jeans und ein weißes Hemd vom Ständer, checkte die Größe und war auch schon wieder verschwunden. Am Ausgang registrierte der Basis-Computer meinen Abgang mit einem leisen Piepen und vermerkte den Ausleihvorgang. Damit ich auch ja brav alles wieder zurückbrachte.
    Zurück in meinem Quartier schlüpfte ich gleich in die Zivilklamotten. Diese rochen ein wenig muffig, passten aber wie angegossen. Ich holte meinen Staubmantel aus der Reinigungseinheit und machte die Geruchsprobe. Er roch eigenartig nach Chemikalien, aber der Gestank der Kloake war glücklicherweise verschwunden. Ich faltete ihn sorgsam zusammen und legte ihn aufs Bett. Etwas wehmütig betrachtete ich ihn. Der letzte Rest meines alten Lebens. Ich hatte niemals irgendwelche persönlichen Gegenstände angesammelt, die mich an die Vergangenheit erinnerten. Im Grunde hatte ich gar keine

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