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Netha-Chrome

Netha-Chrome

Titel: Netha-Chrome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janco Weiland
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zusammen, als in einer Ecke des Raumes plötzlich eine Gestalt materialisierte. Die gleiche Gestalt, die uns zuvor erschienen war und die uns mattgesetzt hatte. Ein Kerl, noch recht jung, so groß wie ich und mit kurzem, dunkelblondem Haar. Sein Gesicht war makellos und perfekt symmetrisch, als wäre es konstruiert worden. Kleine, strahlendblaue Augen funkelten mich aufgeregt an.
    Hinter mir sprang Sydney vom Boden auf. Ich stellte mich schützend vor sie und ballte die Fäuste.
    „Wer sind Sie?“, knurrte ich. „ Was sind Sie? Und was soll das Ganze hier?“ Die Gestalt breitete beruhigend die Arme aus.
    „Wie ich sehe, hat es funktioniert“, trällerte er mit einer seltsam sanften, synthetischen Stimme.
    „Was hat funktioniert? Was haben Sie mit uns gemacht?“
    „Ihr stellt euch Fragen, das ist gut“, erwiderte er, ohne auf meine Frage einzugehen. Ich ging einen Schritt auf ihn zu.
    „Ich habe Sie etwas gefragt!“, zischte ich durch meine zusammengebissenen Zähne. In meinem Kopf dröhnte es immer noch, ich bezweifelte jedoch irgendwie, dass die Schmerzen nachließen, wenn ich mir jetzt eine ganze Handvoll Pillen einwarf. Diese Kerle hatten irgendetwas in unseren Köpfen veranstaltet. Toluca hatte etwas in unseren Köpfen veranstaltet, da war ich mir ziemlich sicher, schließlich hatte er das schon einmal getan. Mich hätte es nicht gewundert, wenn diese Erscheinung vor uns nur eine neokortikale Illusion war. Wie sonst hätte er sich mitten im Raum materialisieren können? Er hatte mich berührt, also konnte er kein Hologramm sein. Obwohl ich wusste, dass es mit ein paar Hilfsmitteln möglich war, Hologrammen eine simulierte Masse zu verschaffen, die man berühren konnte. Ein Exoskelett oder ein neokortikaler Transmissions-Chip konnten so etwas. Aber die Gestalt vor uns war kein Hologramm, da war ich mir sicher. Sie war aber auch kein Mensch.
    „Nun“, begann die Gestalt, „ich denke, ich muss mich erklären.“
    „Oh ja, es sei denn, Sie stehen auf Schmerzen!“ Die Gestalt schüttelte den Kopf.
    „Tse, tse. Ich habe nie verstanden, warum ihr Kohlenstoffeinheiten immer so aggressiv und gewalttätig seid. Aber gebt euch keine Mühe. Ihr könnt mich nicht verletzen. Auch wenn ihr mich berühren könnt, so existiere ich lediglich in eurem Kopf.“
    „Also doch!“, zischte ich. „Toluca hat uns gehackt und spukt jetzt in unseren Köpfen herum!“ Wieder schüttelte die Gestalt den Kopf.
    „Nein, Toluca hat damit nichts zu tun. Ich bin Omega-Theta Neunzehn.“ Ich lupfte eine Augenbraue.
    „Neunzehn? Sind Sie zufällig ein Bruder von Omega-Theta Siebzehn?“ Die Gestalt lächelte leicht.
    „Nein, Omega-Theta Siebzehn ist der neue Hacker-Name von Toluca. Das Gebilde und Netha-Chrome arbeiten wieder zusammen. Das machte es notwendig, unsere Namen zu ändern, um eine gewisse Ordnung zu wahren.“
    „Dann war er also der geheimnisvolle Schatten?“, fragte ich.
    „So ist es.“
    „Und Sie sind…ein…was? Ein Hologramm sind Sie nicht.“
    „Ich bin, wie ihr es nennt, ein Streamling.“
    Ich riss die Augen auf und konnte es kaum glauben. Ich hatte schon von diesem Phänomen gehört, doch bis gerade eben nur für ein Gerücht gehalten. Die Wissenschaftler betitelten sie als Digitale Intelligenzen, der Volksmund sprach lapidar von Streamlingen. Beweise für die Existenz dieser Wesen, die lediglich als Nullen und Einsen im Stream unterwegs waren, die aber dennoch über eigene Persönlichkeiten und eigenem Bewusstsein verfügten, gab es bis bislang nicht. Vor ein paar Jahren hatten Hacker einige merkwürdige Begegnungen im Stream gemacht und diese Geistergeschichten verbreitet, und eine nicht unerhebliche Zahl an Wissenschaftlern hatte sich damals allen Ernstes an die Aufklärung begeben. Und tatsächlich hatten sie schnell die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass diese digitalen Intelligenzen durchaus existieren könnten.
    Da diese Streamlinge natürlich keinen biologischen Körper besaßen, ging ich davon aus, dass sich diese Gestalt nicht im Raum materialisiert hatte, so wie ich es anfangs gedacht hatte, sondern ein Bild von sich in meinen Nano-Boss eingespeist hatte.
    „Sie…Sie sind…“, begann ich, wusste aber irgendwie nicht weiter. Das Ganze war so irre, dass mir dafür die beschreibenden Worte fehlten.
    Omega-Theta lächelte. „Arkansas, bitte. Könnten wir diese aufgezwungenen Höflichkeitsanreden lassen?“ Er schaute erst zu Sydney herüber, dann sah er mich an. „Es ist schon

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