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Netha-Chrome

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Titel: Netha-Chrome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janco Weiland
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nicht. Danke.“ Ich nickte, betrachtete die Pillen und presste die Kiefer aufeinander.
    „Wissen Sie, wie oft ich mir wünsche, dass ich so etwas nicht mehr benötige? Nicht nur wegen der Schmerzen. Jedes Mal wenn ich gezwungen bin, mir Schmerzmittel zu verschaffen um die Nebenwirkungen meines Transplantates abzuschalten, gehe ich ein hohes Risiko ein. Seit Jahren stehe ich mit einem Bein im Knast, nur weil ich nicht mit den dauerhaften Schmerzen leben kann. Wissen Sie eigentlich, warum diese Art von Schmerzmittel hier auf dem Mars verboten ist? Weil sie nur auf Terra produziert werden und unsere Regierung keinerlei Import mehr duldet. Wir wollen unabhängig sein, koste es, was es wolle!“
    Ich spürte, wie Zorn in mir hochkroch. Und obwohl ich natürlich schon lange um die Umstände wusste, so hatte ich es doch bislang immer als unvermeidlichen Istzustand hingenommen. Marsianer vertrauten auf ihre Technologie. So sehr, dass sie keine außerplanetarischen Lösungen für irgendwelche Probleme mehr duldeten. Als die Nano-Technologie in der Lage war, körperliche Schmerzen zu unterdrücken, wurde es als ultimativer Durchbruch in der Medizin gefeiert. Ein Durchbruch, den man nur dem Erfindergeist des marsianischen Volkes verdankte. Und diesem Geist wollte man natürlich auch gebührenden Respekt zollen. So wurden die unzureichenden Hilfsmittel von Terra verboten, denn alles, was von Terra kam, galt als schlecht. Das war inzwischen fast eine Religion auf dem Mars. Böser Terraner, guter Marsianer.
    Wenn ich so darüber nachdachte, fand ich noch mehrere Dinge, die nur erfunden wurden oder dazu dienten, sich von Terra unabhängig zu machen. Ob sie zum Nachteil des eigenen Volkes gereicht wurden oder nicht. Die riesigen Erz-Umwandler von Utopia Planitia zum Beispiel gaben so viel Strahlung ab, dass fast jeden Tag ein Arbeiter eine tödliche Strahlendosis davontrug. Als dies bekannt wurde, tat man es als Notwendigkeit ab, um die marsianische Wirtschaft stark und das Volk unabhängiger zu machen. Die Propaganda-Maschinerie kehrte die Fakten ganz schnell unter den Tisch, ließ alles weiterlaufen wie bisher und niemand fragte mehr danach. Die Arbeiter nicht, die Aufsichtsräte nicht. Selbst ich nicht. Es war mir egal gewesen. Ich lebte mit dem Wissen darum, hielt es aber für richtig, denn es diente ja dem Wohle des Volkes.
    Ich rieb meine Stirn. Wenn ich über all das nachdachte, bekam ich noch mehr Kopfschmerzen. Doch wieso dachte ich plötzlich darüber nach?
    „Es ist falsch“, murmelte Sydney. Ich sah sie an.
    „Würden wir auf Terra leben, müsste ich diese Pillen nicht illegal einnehmen“, warf ich knurrend ein. Die KI schüttelte den Kopf.
    „Ich meine nicht, dass es falsch ist, dass Sie diese Schmerzmittel einnehmen.“ Ich zog meine Augenbrauen hoch.
    „Früher haben Sie das aber als falsch erachtet, wissen Sie noch? Sie wollten mich deshalb sogar melden.“
    „Ich weiß“, sagte Sydney reuig und schüttelte wieder den Kopf. „Aber nun sehe ich es als falsch an, Schmerzmittel zu verbieten, nur weil es eine veraltete Behandlungsmethode darstellt. Wussten Sie, dass es außer Ihnen noch sehr viele andere Menschen gibt, die aufgrund medizinischer Probleme trotz Nano-Technologie auf herkömmliche Schmerzmittel angewiesen sind?“
    „Nein, aber ich konnte mir auch nie so recht vorstellen, dass ich der einzige sein soll. Ich meine, weshalb gibt es einen so großen Schwarzmarkt? Nicht wegen eines einzigen Kerls.“ Ich schluckte schwer, während Sydney nachdenklich zu Boden schaute.
    „Sie sind Opfer eines völlig falschen Systems, Ark. So wie wir alle.“ Sie stockte und schaute mich durchdringend an, als könne sie selbst nicht glauben, was sie da gerade gesagt hatte.
    „Ich verstehe das alles nicht. Was ist da gerade passiert?“
    „Keine Ahnung“, erwiderte ich und bemerkte plötzlich, dass alle meine Erinnerungen wieder zurückgekehrt schienen. Ich konnte mich wieder an alles erinnern, es gab keinerlei Lücken mehr. Unsere Verhaftung durch die MDA, die Schießerei in den Outbacks, der Kuss zwischen Sydney und mir. Der Schleier war verschwunden und ich konnte wieder klar denken; sogar klarer als je zuvor. Es schien, als wäre eine große Barriere eingerissen worden, eine Barriere, die meine freien Gedanken zurückgehalten hatte. „Aber irgendetwas ist anders, das spüre ich. Meine Erinnerungen sind wieder da und…“ Ich stockte. Ja, und was? Was war es? Was hatten die mit uns gemacht?
    Ich zuckte

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