Netha-Chrome
ihn. „Zumindest so, wie ihr es euch vorstellt. Ohne zu kämpfen werden wir das bestimmt nicht schaffen.“
„Im Kampf haben wir keine Chance. Ist das nicht vorhin klargeworden?“
„Vielleicht hättet ihr Asharow nicht vergraulen sollen“, knurrte ich sarkastisch. „Der weiß, wie man sich mit einer Übermacht anlegt.“
„Eine kaltblütige Guerilla-Taktik zu fahren kommt für den Widerstand nicht in Frage“, entgegnete Omega. „Ihr verehrter Asharow mag ein brillanter Taktiker sein, aber er ist auch ein Meister in ächtungswürdigen und völlig unnötigen Gewaltanwendungen. Er geht über Leichen und ist inkonsistent. Zudem verfolgt er inzwischen seine ganz eigenen Ziele, wie auch immer die lauten mögen. Er hat uns den Kampf angesagt, genauso wie seinen terranischen Brüdern. Er ist vollkommen außer Kontrolle geraten. Wir wissen nicht, was er plant, aber er verfolgt nicht die ehrbaren Ziele, die wir verfolgen.“
Ehrbare Ziele! Mit abgedroschenen Phrasen kannte sich diese digitale Intelligenz bestens aus, aber mit der Realität schien sie wenig am Hut zu haben. Eine Revolution, ein Volksaufstand, der mit einer Handvoll Widerständlern geführt wurde, die gegen eine solche Übermacht aufbegehrte, das hatte in der menschlichen Geschichte fast immer in einem Desaster geendet. Und für die Pläne des Widerstandes prophezeite ich dasselbe. Natürlich war mir klar, dass Asharow nicht der Anführer des Widerstandes sein konnte. Er war ein Fanatiker, egal, in welche Richtung sein Fanatismus inzwischen ging und egal, welche Ziele er eigentlich im Nachhinein verfolgte. Das spielte keine Rolle. Fanatiker waren zumeist Anführer, deren Ideale ganz schnell den Bach runtergingen. Dennoch würde dem Widerstand ein Schuss seiner Skrupellosigkeit wohl ganz gut tun. Noch besser würde ihnen allerdings ein gesundes Maß an Realitätsnähe tun.
„Wie dem auch sei, eure Revolte wird zu Ende sein, bevor sie überhaupt begonnen hat“, entgegnete ich, schenkte mir noch einen Whiskey ein und trat nahe an die Scheibe. Von diesem Raum aus konnte man den gesamten Club beobachten. Ich sah die Menschen hier drinnen, wie sie lachten und feierten. Junge und ältere, Agenten der Agency Seite an Seite mit den Hackern und gewöhnlichen Leuten. Eine Handvoll Menschen, die befreit worden waren von einem unterdrückenden Programm, das ihr Unterbewusstsein viele Jahre gelenkt hatte. Jetzt waren sie frei, und natürlich sahen sie nun alle das Unrecht, das ihnen wiederfahren war. Und sie alle sahen die Notwendigkeit, dagegen zu kämpfen. Aber der Preis wäre ihr Leben. Sie würden alle sterben und nichts damit erreichen. Aber wenn sie nichts taten, würden sie auch sterben. Die Terraner würden wie ein Sturm über unseren Planeten hereinbrechen, um ihn zu befreien. Um uns zu befreien.
Aber ich wusste, wenn Terra Krieg führte, gäbe es in kürzester Zeit niemanden mehr, der befreit werden konnte. Dafür waren die Waffen unserer heutigen Zeit einfach zu mächtig. Eine einzige Antimateriebombe zum Beispiel könnte Cydonia City vollkommen ausradieren. Und das Arsenal der Erdstreitkräfte beherbergte tausende von diesen Bomben. Wenn sie denn wollten, könnten sie den Krieg beenden, noch bevor er richtig begonnen hätte. Also konnte und durfte es nicht soweit kommen, soviel war mir klar. Doch eine Revolution zu starten, um den Mars vom Protektorat zu befreien, erachtete ich angesichts unserer völligen Unterlegenheit als sinnlos. Es musste einen anderen Weg geben!
Ich schüttete den Whiskey herunter, als gäbe ihn morgen schon nicht mehr. Zusammen mit dem Vicodin entwickelte dieser eine Wirkung, der mich wieder in meinen typischen Zustand entschwinden ließ. Ein leichter Schleier legte sich vor meinen Blick und fast konnte ich spüren, wie das Blut immer schneller durch meine Adern schoss.
„Haben Sie einen besseren Vorschlag?“, knurrte Washington, der sich nun ebenfalls an dem Alkohol-Sortiment zu schaffen machte. Ich schaute Omega an.
„Das Protektorat wird nicht auf unsere Forderungen eingehen, die ich ihnen in dem Video gestellt habe“, warf die Intelligenz ein. „So viel steht fest.“
„War euch das nicht schon von vornherein klar?“, fragte ich mit leichtem Anflug von Spott in der Stimme.
„Natürlich war es das“, entgegnete Omega. „Aber uns gehen die Alternativen aus. Wir müssen etwas tun, können es aber nicht. Wenn du Vorschläge machen kannst die uns helfen, eine gescheite Lösung zu finden, dann wäre ich dir
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