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Netha-Chrome

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Titel: Netha-Chrome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janco Weiland
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verstecken, der konnte von den Jungs in Uniform eh nicht gesehen werden.
    „Wohin jetzt?“, zischte ich der Intelligenz zu, während ich leicht in die Hocke ging. Deckung hatten wir hier überhaupt nicht; trotz dass wir uns in gebückter Haltung dicht an die Wand drängten, standen wir hier wie auf dem Präsentierteller.
    „Die Soldaten haben sämtliche Wartungsgänge gesperrt und auch die Aufzüge zu den oberen Etagen sind außer Betrieb gesetzt worden“, antwortete Omega emotionslos.
    „Ich wollte nicht hören, wo wir nicht hingehen können, Digitalmännchen!“, knurrte ich. Omega zog eine Augenbraue hoch. Diese Geste hatte er sich anscheinend bei einem von uns abgeschaut.
    „Scheint, als bliebe wirklich nur noch die Kanalisation“, sagte er und deutete nach unten.
    Ich erhaschte einen kurzen Blick auf die Soldaten schräg gegenüber. Die waren so damit beschäftig, Passanten zu kontrollieren und dabei so cool und bedrohlich wie möglich auszuschauen, dass sie gar nicht auf die Idee kamen, ein paar Meter über den Abgrund hinweg und zu uns herüber zu schauen.
    Ich schlich nach vorne und spähte hinunter. Bis zum Boden des Lochs konnte ich immer noch nicht schauen. Ich sah nur weitere Ebenen mit Wohnblöcken.
    „Da runter?“, fragte ich die Intelligenz. Diese nickte.
    „Ganz unten befinden sich die Wartungseinstiege zu den Abwasserkanälen. Beeilt euch, es wird nicht mehr lange dauern, bis die Soldaten auch diesen Fluchtweg entdecken und dichtmachen!“
    Ich biss mir auf die Lippe und warf einen Blick auf Sydney. Diese zuckte nur mit den Achseln.
    „Besser als dein Plan, Arkansas.“
    Ich rümpfte die Nase und dachte an knietiefe Scheiße, die ich durchwaten sollte.
    „Mein Plan ist super!“, giftete ich. „Ich liebe meinen Plan. Ich will ihn heiraten und Kinder mit ihm kriegen.“
    „Das machst du dann aber ohne mich“, gab die KI trocken zu verstehen.
    „Und ohne mich“, warf Toluca ein und kletterte schon wie ein wieselflinkes Eichhörnchen –hey, tolles Wortspiel!- die wackelige Leiter hinunter, die zur tieferliegenden Ebene führte.
    Ich seufzte leise, während ich beobachtete, wie Sydney folgte.
    „Haben die hier nicht zufällig so eine Stange, an der wir runterrutschen können?“
    „Leider nicht“, antwortete Omega. „Aber es sind nur sechszehn Ebenen. Ich denke, du bist sportlich genug, um das zu schaffen?“
    Wollte mich dieser Streamling jetzt ärgern oder einfach nur motivieren, mit in die Scheiße zu steigen?
    „Klar“, gab ich ihm knurrend zu verstehen und folgte Sydney und Toluca die Leiter hinunter. Immer mehr Leitern folgten und je weiter wir nach unten stiegen, desto weniger Bewohner liefen uns über den Weg. Selbst hier unten schienen die Menschen Reste eines Selbstwertgefühls zu besitzen, denn die unteren Ebenen waren insgesamt ziemlich spärlich bewohnt. Hier war nur jede vierte Zelle beleuchtet, trotz dass immer weniger Licht den Wohnblock erhellte. Die Luft wurde ebenfalls immer stickiger und als wir endlich, nach gefühlten sechshundert Leitern, den Boden des Lochs erreicht hatten, war kaum noch mehr Luft zum Atmen da.
    Als meine Füße den matschigen Boden berührten, versuchten meine Blicke die Umgebung zu erfassen, aber es fiel schwer.
    „Verdammt, ich sehe die Hand vor Augen nicht!“, keuchte ich und rang nach Sauerstoff. Ein stechender Gestank drang mir dabei in die Nase und ich musste mich schwer zurückhalten, nicht zu würgen.
    „Ich zeige euch den Weg“, sagte Omega und begann plötzlich in der unangenehmen Dunkelheit zu leuchten. Sehr praktisch so ein Streamling!
    Omega ging voran. Er war der einzige, der beim Gehen auf dem weichen nassen Boden keine Geräusche machte. Unter den Stiefeln der nachfolgenden Kohlenstoffeinheiten hingegen erklangen schmatzende Geräusche, von denen ich hoffte, dass sie uns nicht verraten würden. Ich konnte nicht sehen, wo sich die Soldaten befanden, ahnte aber, dass sie sich langsam ebenfalls nach unten vorarbeiteten.
    Meine Hände suchten Sydney und fanden schnell die Hand der KI. Ich konnte erkennen, wie sie mich etwas verwirrt anschaute.
    „Angst?“, fragte sie und klang ein wenig amüsiert. Ich schnaubte.
    „Nein! Ich habe nur keine Lust, mich in der Sumpflandschaft hier auf die Fresse zu legen! Warum zum Teufel ist das hier eigentlich so matschig?“
    „Grundwasser“, klärte Omega auf. „Außerdem kippen viele Bewohner ihren ganzen Unrat hier herunter, wenn die Müllverarbeitung mal wieder ausgefallen

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