Netha-Chrome
„Dann werden es meine Kredite sein, die aus dem Fenster geworfen wurden.“
„Du willst nicht wirklich für mich bezahlen?“
„Für mich ist die Summe tragbar“, antwortete Sydney trocken.
„Dir ist schon klar, dass wir nicht mehr vom MSS bezahlt werden? Immerhin gehören wir inzwischen zu den Bösen. Der MSS bezahlt keine Bösen.“
„Selbst das ist kein Problem“, gab Sydney zurück. „Meine Finanzreserven sind umfangreich.“ Ich räusperte mich leicht. Dass ich mir eine recht wohlhabende KI geangelt hatte wusste ich. Schließlich hatte sie auch schon die Kaution aus dem Ärmel geschüttelt, die mich aus dem Gefängnis gebracht hatte. Und das war nicht gerade wenig gewesen. Aber ich konnte mir doch nicht alles von ihr bezahlen lassen!
„Kommt nicht in Frage“, brummte ich dann und bedachte Derek mit einem scheltenden Blick. „Dieser Kerl macht sich mit dem Leid anderer Menschen die Taschen voll. Mir wäre das ja egal, wenn ich eine Garantie dafür hätte, dass seine Klamotten wirklich funktionieren. Aber ich glaube nicht daran, dass es funktioniert. Ich glaube eher, dass das alles ziemlicher Bullshit ist. Diese Dinger könnten wer weiß was mit mir anstellen.“
Derek zog seine Schultern hoch und schob seine Unterlippe vor, dann schaute er kurz zu Sydney herüber.
„Ist der Kerl immer so paranoid?“, fragte er die KI. Diese neigte den Kopf zur Seite.
„Meistens. Aber er hat auch mehrere gute Gründe dafür.“
Und damit lag sie gar nicht mal so falsch. In den letzten Monaten hatte man öfters mal auf mich geschossen, eingestochen und mich fast in die Luft gejagt. Da durfte man doch wohl ein bisschen paranoid sein, oder?
„Oh ja“, pflichtete ich Sydney also bei. Derek grunzte.
„Denken Sie über mich oder meine Ware, was Sie wollen. Wenn Sie kein Interesse haben, packe ich dieses Teil wieder ein und hau ab. Ich kann damit leben. Können Sie weiterhin mit den Schmerzen leben? Ich habe mir sagen lassen, dass solche Schmerzen echt tierisch werden können.“
Ich atmete tief durch. Meine Menschenkenntnis sagte mir, dass ich diesem Derek durchaus trauen konnte. Und was hatte ich schon großartig zu verlieren? Außer ein paar Kredite, die ich definitiv aus meiner eigenen Tasche nähme. Ich konnte und wollte mir das nicht von der KI bezahlen lassen, so uneigennützig und gutgemeint ihr Vorschlag auch sein mochte.
„Okay. Warten Sie“, sagte ich. Derek, der gerade dabei war die Wohnzelle zusammen mit der Viren-Platte zu verlassen, hielt inne und lächelte mich an.
„Also haben wir einen Deal?“, fragte er. Ich nickte und streckte ihm die Hand entgegen.
„Wir haben einen Deal“, sagte ich und hatte BAS bereits angewiesen, den Handel mit dem Technik-Dealer in die Wege zu leiten, als sich plötzlich die Tür der Wohnzelle öffnete und ein atemloser Toluca hineinstürmte.
„Leute, wir haben ein Problem“, hastete er, bedachte Derek mit einem kurzen Blick und wandte sich dann sofort an mich. „Ich habe gerade Nachrichten aus den Wohnblocks B und C erhalten. Protektorats-Soldaten durchsuchen dort jede einzelne Wohnzelle nach Mitgliedern von Netha-Chrome und dem Gebilde . Zudem haben sie anscheinend den Befehl, jeden Agenten der MDA hinzurichten, der ihnen über den Weg läuft. Ein paar Freunde aus Wohnblock C haben mir gerade eben berichtet, dass die Soldaten mehrere untergetauchte Agents vor ihren Augen mit Kopfschüssen hingerichtet haben!“
„Sie richten Agenten hin?“, brach es ungläubig aus mir heraus.
„Die Regierung hat den Geheimdienst wegen Konspiration gegen den Staatsapparat und geheimer Zusammenarbeit mit der State Alliance heute Morgen zu Staatsfeinden erklärt. Sie wollen Beweise gesammelt haben, dass die MDA der Hauptdrahtzieher des Blackouts ist und im Auftrag der Terraner gehandelt hat. Alle Hacker des Gebildes und Netha-Chrome werden als ausführende Kraft verfolgt und reihenweise festgenommen. Die Stream-Nachrichten sind den ganzen Morgen schon voll von solchen Berichten. Es ist furchtbar!“
Während ich den Bericht des Regulat noch gedanklich verarbeitete und mich darüber ärgerte, die Stream-Nachrichten abgestellt zu haben, schob sich Sydney an mir vorbei.
„Wann werden die Soldaten hier sein?“, fragte sie den Hacker-König. Dieser kam nur schwer zu Atem.
„Ich weiß es nicht. Aber lange wird es nicht dauern. Wir müssen von hier verschwinden!“
„Jetzt übertreiben diese Scheißkerle wirklich“, knurrte Derek.
„Die haben sich in Windeseile
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