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Netha-Chrome

Netha-Chrome

Titel: Netha-Chrome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janco Weiland
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verspüren. Aber der Sauerstoffmangel innerhalb des Abwassertunnels war bereits enorm gewesen. Langsam wurde es eng um unsere Lungen.
    „Ich helfe dir“, sagte Sydney und schulterte den völlig verdutzten Regulat ohne weitere Worte, als sei er ein Sack Reis. Das ganze Martyrium hatte anscheinend nicht den geringsten Effekt auf Sydney.
    Es war echt seltsam. Niemals zuvor hatte ich in irgendeiner Weise den Wunsch verspürt, eine KI zu sein. Jetzt, in Anbetracht der Lage, war dieser Wunsch allgegenwärtig. Ich wusste, wenn wir es nicht rechtzeitig schafften, von irgendwo her Sauerstoffmasken zu besorgen, würden meine und Tolucas Lungen langsam anfangen zu kollabieren. Die einzigen, die unsere ach so tolle und wohlüberlegte Flucht überleben würden wären Sydney und Omega. Was war es doch manchmal praktisch, kein Mensch zu sein!
    Langsam schob sich Sydney nun mit Toluca über ihren Schultern auf das dünne Abluftrohr. Ich behielt die Anker im Auge, die zwar tief in die Betonwand eingeschlagen schienen, für das Gewicht eines Menschen und einer KI aber viel zu schwach ausgelegt waren. Das Metall gab ächzende Geräusche von sich, als Sydney sich Zentimeter um Zentimeter nach vorne schob. Meine Hände begannen zu zittern, in meinem Kopf drehte sich alles. Der Sauerstoffmangel machte sich immer heftiger bemerkbar. Ich hatte keine Zeit mehr. Ich musste hier ebenfalls verschwinden.
    Langsam trat ich ebenfalls auf das Rohr. Die Anker hielten, sackten aber kaum merklich ab, sodass kleine Stücke Beton aus der Wand brachen und nach unten fielen. In Gedanken schwor ich, wenn ich das überlebte, wollte ich mir ein Diätprogramm runterladen!
    Sydney hatte mit Toluca bereits sicheren Boden erreicht und war wieder vom Rohr runtergestiegen, als ich das Gefühl hatte, in die Tiefe zu segeln. Das Rohr gab unter meinen Stiefeln deutlich nach, brach aber glücklicherweise nicht. Der entstandene Ruck hätte mich fast das Gleichgewicht gekostet. Aber ich fing mich und griff nach der glatten Wand neben mir in der Hoffnung, ich hätte mich irgendwo festhalten können. Das war aber nicht der Fall. Also presste ich mich mit meinen ganzen Körpergewicht an die Wand und schob mich langsam weiter, bis auch ich am Ende des Rohres ankam, das nun unter mir wieder im Fels verschwand. Mit einem kleinen Satz rettete ich mich auf einen kleinen Felsvorsprung, von dem aus man auf einen kleinen Pfad kam, der die Kuppel entlangführte. Mein Herz raste und pumpte viel zu viel Blut durch meinen Körper, sodass ich immer mehr nach Sauerstoff lechzte.
    „Kommt“, meldete sich Omega nun hinter mir. „Da vorne ist die Anlage. Mit etwas Glück befinden sich darin Sauerstoffmasken für die Arbeiter.“
    „Mit…etwas…Glück?“, keuchte ich und hielt mir den Kopf, als könnte ich dadurch das Karussell zum Anhalten zwingen.
    „Wir haben es fast geschafft“, versuchte Sydney aufzumuntern. „Gebt jetzt nicht auf ihr Beiden!“
    Ich nickte und spähte zu Toluca hinüber. Das junge Kerlchen war kreidebleich. Aber ich sah vermutlich nicht viel besser aus.
    Obgleich ich wieder das Gefühl bekam, meinen Mageninhalt hochwürgen zu müssen, mobilisierte ich meine letzten Kraftreserven. Viel gab es eh nicht mehr zu Würgen, also verkniff ich es mir einfach. Ich taumelte und Sydney stützte mich. Als ich hochschaute, erkannte ich hinter ihr ein kleines graues Gebäude, das hoffentlich die erwähnte Anlage war und hoffentlich auch Rettung für meine völlig leergelaufenen Lungen beinhaltete.
    Völlig entkräftet und außer Atmen erreichten wir diese Anlage. Ein halbrundes Gebäude, nicht größer als einer der städtischen Energiekonverter. Die Tür ins Innere war natürlich verriegelt, aber auch dieses Hindernis war für Sydney kein Problem. Mit kaum mehr Kraftanstrengung als ein Mensch benötigte, ein Papier zu zerknüllen, riss sie auch diese Tür aus den Angeln. Ich schaute die KI an und lächelte.
    „Ab sofort nenne ich dich nur noch liebevoll meinen kleinen Dosenöffner“, hustete ich. Sydney erwiderte mein Lächeln und betrat als erste die menschenleere Anlage. Dummerweise besaßen so kleine Wartungshäuschen keine aufwendigen Dekompressionseinheiten, und so galten unsere suchenden Blicke zuallererst herumliegenden Sauerstoffmasken. Das Innere des Gebäudes lag im Halbfunkeln, es war warm und die Luft staubig.
    Schnell hatte Sydney einen Glaskasten ausgemacht, in welchem eine ganze Reihe überdimensionierter Sauerstoffmasken hingen. Mit einem gezielten

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