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Nett ist die kleine Schwester von Scheiße

Nett ist die kleine Schwester von Scheiße

Titel: Nett ist die kleine Schwester von Scheiße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Niazi-Shahabi
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Und hier liegt der Schlüssel für alle, die charmanter werden wollen. Die wahren Gefühle in sich zu entdecken und offen zu zeigen, gerade dann, wenn man sie nicht unbedingt zeigen sollte, erregt Anteilnahme und Aufmerksamkeit. Billiger bekommt man diese beiden so unschätzbar wertvollen Güter nicht!
     
Bieten Sie anderen Menschen an,
wonach sie sich am meisten sehnen:
Intimität.
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    Weil charmante Menschen mit echten Gefühlen operieren, sind charmante Menschen mit einer Persönlichkeitsstörung, wie zum Beispiel Betrüger und Hochstapler, auch so schwer zu therapieren. Sie können alles nachfühlen und -spielen, auch den reuigen Patienten, den Einsichtigen, der Angst hat vor seiner eigenen Persönlichkeit, dann aber, nach dem Eingeständnis seiner Krankheit, langsam Therapiefortschritte macht. Das ganze Programm wird gespielt mit eingebauten Rückschlägen, Zweifeln und Fragen. Thomas Holst hat Tamar Segal davon überzeugt, dass er gesund werden und ein neues Leben anfangen wolle, was jedoch in der Klinik nicht möglich sei, weil man ihm dort keine Chance gebe. Wahrscheinlich hat er das selbst geglaubt.
     
    Aber warum ist Ehrlichkeit so wirkungsvoll? »Weil Ehrlichkeit quasi das Gegenteil ist von gutem Benehmen und aus diesem Grund so ungewöhnlich«, meint Dr. Mazda Adli. »Ehrlich zu sein bedeutet, mit Menschen über Dinge zu sprechen, über die man sonst nicht spricht, und nur das schafft Intimität. Nach Intimität aber sehnen wir uns im Grunde unseres Herzens alle. Und niemand hat genug davon.«
     
Wer charmant wirken will,
muss es auch ertragen können,
wenn er einmal danebenhaut.
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    Wir sind nicht ehrlich, wenn wir nicht zeigen, dass uns jemand gleich bei der ersten Begegnung gefällt – obwohl doch eine zweite so selten stattfindet. Wir sind unehrlich, wenn wir nicht sagen, dass wir umarmt, geküsst, geliebt werden wollen, weil wir Angst haben, zurückgewiesen zu werden. Es ist unehrlich, auf die Frage »Wie geht es Ihnen?« mit »danke, gut« zu antworten, wenn es nicht zutrifft. Gerade auch, weil ja in Deutschland in dieser Beziehung mehr Ehrlichkeit erlaubt ist. Im restlichen Europa und in den USA wird der Zwang der Deutschen, diese Höflichkeitsfloskel überhaupt zu beantworten, belustigt zur Kenntnis genommen.
    Charme ohne Ehrlichkeit ist nicht möglich, und ein Kompliment ist nur echt, wenn es nicht aus bloßer Höflichkeit gemacht wird – echte Komplimente machen kann aber nur ein Mensch, der genauso ungehemmt auch seinem Ärger, seiner Ungeduld oder Empörung freien Lauf lassen kann. Wer es sich nicht verzeihen kann, dass er auf einer Party, bei einem Abendessen mit Chef und Kollegen oder beim Besuch bei Eltern von Freund oder Freundin aus der Rolle gefallen ist, wird niemals charmant wirken. Jemand, der Charme besitzt, wird nach einem Fehltritt lediglich denken: Es war nicht schön, wie ich mich aufgeführt habe, aber es ist nun mal passiert. Ich bin so, wie ich bin, und damit werden die anderen schon fertig.
     
    Charmant ist der Gast einer Hochzeitsfeier, der einen anspricht, um gleich danach über das peinliche Brautpaar abzulästern, so wie man es sich selbst nie trauen würde. Und wenn man dann in der Ecke steht, komplizenhaft lacht und diese gewisse Spannung spürt, die die Scham über dieses schlechte Benehmen erzeugt, schaut einem der Charmante plötzlich in die Augen und sagt: »Sie sind viel hübscher als die Braut.«
    Wer über Charme verfügt, verteilt seine Höflichkeit und Zuneigung nicht an jeden, sondern nur an die Menschen, die er für würdig hält. Er verhält sich eigensinnig und gibt auch den Menschen um ihn herum das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Das macht die Sogkraft eines echten Charmeurs aus.
     
Mit anderen etwas Verbotenes zu tun,
ist die beste Art, sie für sich einzunehmen.
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    Diese charmante Ehrlichkeit, das heißt der unvermittelte und unverstellte Einblick in die eigene Gefühlswelt, hat natürlich nichts mit unüberlegter, zufälliger Ehrlichkeit zu tun, sonst wären sämtliche Kinder und Betrunkene charmant. Oder Josef Ackermann, der nicht in der Lage war, seinen Triumph in aller Stille zu genießen: Mit der Victory-Geste 2004 nach seinem Freispruch im Mannesmann-Prozess gab er einen zwar authentischen, aber sehr unerfreulichen Einblick in seine Persönlichkeit, der nur wenigen gefallen haben dürfte. Auch Silvio Berlusconi wirkte nicht erfrischend unverkrampft, als er 2009 beim Nato-Gipfel in Kehl die Gastgeberin, Bundeskanzlerin Angela

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