Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nette Nachbarn

Nette Nachbarn

Titel: Nette Nachbarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
wohnte, hatte ich festgestellt, daß beiläufiges Geschwätz
über den Gartenzaun höchst instruktiv sein konnte; von den Halls, die links von
mir wohnten, hatte ich erfahren, wo man günstig Linoleum kaufen konnte, und
Barry, der Australier, war mir von den Curleys zu meiner Rechten empfohlen
worden. Die Curleys waren es, die mich jetzt ihre Dusche benutzen ließen — zweifellos
aus ihrem Schuldbewußtsein heraus.
    Auf beiden Seiten der schmalen Straße
standen Autos, Stoßstange an Stoßstange geparkt, und Dons antiker goldfarbener
Jaguar stand in meiner Auffahrt. Ich hielt parallel dazu an, versperrte ihm
damit den Weg, und sah mich dann nach Barrys Laster um. Er war nirgends zu
sehen — ich war mir nicht sicher, was ich davon halten sollte. Ich packte die
Einkaufstüte, eilte die Stufen zur Eingangstür hinauf und stand auf der
Veranda, suchte nach meinen Schlüsseln. Als ich eintrat, stolperte ich zuerst
über meinen Kater, Watney, der herbeirannte, um mich zu begrüßen; ich ging nach
hinten in die Küche und schimpfte dabei mit ihm. Don saß am Tisch, trank
Rotwein und las die Abendzeitung.
    Don ist ein hochgewachsener Mann, etwas
füllig, aber mit graziösen Bewegungen, die man für gewöhnlich bei einem Mann
seiner Größe nicht erwartet. Als ich hereinkam, stand er auf. Sein Mund unter
dem zottigen, schwarzen Schnurrbart verzog sich, und er drückte mir einen Kuß
auf die Wange. Ich stellte die Einkaufstasche auf den Tisch und sagte: »Also
schön, wo ist er?«
    »Was für eine Begrüßung!« Don kehrte
zum Tisch zurück und schenkte mir ein Glas Wein ein.
    Vorsichtig nahm ich es aus seiner
ausgestreckten Hand. »Wenn du mir das gibst, ehe ich noch wenigstens meinen
Mantel ausgezogen habe, dann bedeutet das Ärger. Barry hat versucht, mich bei
der Arbeit zu erreichen, aber als ich zurückrief, war hier besetzt. Ich gehe
davon aus, daß du ihn gesehen hast.«
    »Ja. Er kommt wieder.«
    Mißtrauisch starrte ich zum Flur
zwischen der Küche und der rückwärtigen Veranda hinüber. Das Bad ging von ihm
ab, und ich konnte einen Lichtstrahl unter der Tür hervorfallen sehen. »Wieder?
Von wo?«
    »Warum setzt du dich nicht und
entspannst dich?«
    »Aha-« Aber ich zog meinen Mantel aus
und setzte mich, legte die Füße auf einen der anderen Stühle. »Also gut, wohin
ist er gegangen?«
    Don fing wieder an zu lächeln. »Will
sich chirurgische Instrumente leihen.«
    Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte,
aber das ganz sicher nicht. »Wozu, um alles in der Welt, braucht er
chirurgische Instrumente?«
    »Nun, er hat es mir so erklärt: Er hat
eine Schachtel mit Nägeln ausgeschüttet, und ›die verdammten Dinge sind in den
Abfluß reingezischt wie ‘ne Ratte ins Loch‹.«
    Ich lächelte schwach. »Es sind also
Nägel im Abflußrohr. Das erklärt aber noch immer nicht die chirurgischen
Instrumente.«
    »Barry kann die Nägel mit seinem Werkzeug
nicht erreichen, und sie verstopfen den Abfluß. Also hat er den ganzen
Nachmittag damit verbracht, herumzutelefonieren, und endlich hat er auch einen
Freund gefunden, einen Assistenzarzt, der bereit war, ihm — «
    »Großer Gott! Er will die Nägel mit den
Instrumenten aus dem Abfluß fischen, mit denen dieser Doktor operiert ?«
    »Äh, soweit ich weiß, ist er nur
Assistenzarzt. Sie werden wahrscheinlich nicht viel benutzt.«
    »Himmel! Erinnere mich dran, daß ich
mir den Namen geben lasse und niemals zu ihm gehe, wenn ich unters Messer muß!«
    Don und ich sahen einander an, und dann
fingen wir beide zu lachen an. Schnell wurde daraus einer unserer gemeinsamen
Anfälle, bei denen wir anfingen und nicht wieder aufhören konnten, bis wir
beide rote Gesichter und Tränen in den Augen hatten und uns den Bauch halten
mußten. Wie der Zufall so spielt, suchte sich Barry gerade diesen Augenblick
aus, um mit einer großen schwarzen Arzttasche das Haus zu betreten. Wir sahen
die Tasche, wechselten einen Blick und verloren wieder vollkommen die
Beherrschung. Barry warf uns einen haßerfüllten Blick zu und ging weiter zum
Bad. Gleich darauf hörten wir leise klappernde Geräusche, als er die Rohre mit
einer Zange bearbeitete.
    Ich legte einen Finger an die Lippen.
»Pst! Wir haben seine Gefühle verletzt.«
    Don verdrehte die Augen, hielt sich die
Hand vor den Mund und versuchte, ohne Erfolg, sein Lachen zu ersticken. Es
dauerte ein paar Minuten, bis ich mich soweit beruhigt hatte, daß ich aufstehen
und anfangen konnte, die Hamburger zu machen. Reumütig machte ich zwei

Weitere Kostenlose Bücher