Neu-Erscheinung
Carola.«
»War sie auch. Sie ist aus der Kirche ausgetreten. Sie wurde sofort suspendiert.«
»Hey, Moment! Keine Panik! Geht gar nicht! Das Kündigungsschutzgesetz gilt auch für die Kirche.«
»Paul? Das hier ist mit weltlichen Maßstäben nicht zu messen!«
Er hatte recht, und ich schwieg passenderweise.
»Du rufst ihn wirklich an?«
Ansgar nickte. Sein Entschluss stand fest. Ein Rückruf weniger. Blieb nur noch die Rahm-Röntropp. Diese egoistische Sicht der Dinge war unkollegial, aber der Situation angemessen. Ein bisschen litt ich darunter, aber wie soll man ein Dorf retten, wenn das Land brennt...
Dr.Lydia Rahm-Röntropp böllerte ihr Doppel-pp durchs Telefon wie einen abgeschossenen Tennisball.
»Hallo Frau Dr.Rahm-Röntropp, lange nichts voneinander gehört. Alles gut?! Sie baten um einen Rückruf, und da bin ich schon, pünktlich wie die Zeitung am Morgen!«
»Sparen Sie sich das Gesülze.«
Ich wollte nur höflich sein, aber der Schuss war wohl nach hinten losgegangen.
»Aber den Rückruf wollten Sie schon, oder?«
»Passen Sie auf, Herr Litten, ich sitze gerade an einem Leserbrief, ich möchte, dass er morgen an prominenter Stelle veröffentlicht wird. Ungekürzt und unzensiert!«
»Das möchten Sie?«
»Habe ich mich irgendwie missverständlich ausgedrückt?«
»Nein.«
»Was soll dann die Frage?«
»Gut, Frau Dr.Rahm-Röntropp, ich erkläre es Ihnen dann mal, falls ich darf...?«
Sie schwieg und wog in Gedanken das Hackebeil, um mich bei nächster Gelegenheit als Macho der Woche abzuschlachten. Möglicherweise erkannte sie aber auch nur die Notwendigkeit, jetzt einfach mal zuzuhören.
»Erstens entscheide ich, wo und wann ein Leserbrief veröffentlicht wird. Zweitens entscheide ich ebenfalls, ob dieser Leserbrief gekürzt und gegebenenfalls auch redigiert werden muss, und drittens möchte ich Sie freundlichst bitten, davon auszugehen, dass erstens und zweitens unabhängig von Herkunft, Status oder Geschlecht des Leserbriefschreibers geschieht ... und bevor Sie gleich einhaken, dieses Prinzip gilt selbstverständlich auch für unsere Leserbriefschreiberinnen!«
»Sagen Sie mal, Herr Litten, sonst geht’s gut?«
Ihre Antwort verblüffte mich.
»Natürlich, warum nicht?«
»So einen gequirlten Scheiß hab ich schon lange nicht mehr gehört. Falls Sie glauben, mir erklären zu müssen, wie eine Pipifaxredaktion wie die Ihrige mit einem Leserbrief umgeht, haben Sie sich geirrt.«
»Sie gaben mir Grund zu der Annahme.«
»Nicht mein Problem. Ich maile Ihnen gleich den Brief. Und morgen ist er auf Seite eins. Ungekürzt und unzensiert. Einen schönen Tag, Herr Litten!«
Ich hielt den Hörer noch eine Weile an mein Ohr und sah, wie Ansgar, der jedes Wort unseres Gespräches hatte mithören können, ein bisschen lächelte. Zum ersten Mal seit langer Zeit. Auch wenn es nicht meine Absicht war, so hatte ich ihn doch ein wenig abgelenkt. Immerhin.
»Und, was machste?« Ansgars Frage war nicht unberechtigt.
»Weiß nicht.«
»Ich würde den Brief bringen, die macht dir sonst die Hölle heiß.«
»Wer bin ich denn, ich lass mir doch nicht von so einer frustrierten Frauenbeauftragten vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe. Das kann die mit sonst wem machen, mit mir nicht!«
»Gut, ich geh zu Mindis. Die Termine von Siggi sind bei der Löffler, oder?«
»Frau Löffler, Herr Rammelau, so viel Zeit muss sein.«
Ohne sich vorher bemerkbar gemacht zu machen, stand Frau Löffler mit einem Mal vor uns. Eine Tasse Kaffee in der Hand, die sie vorsichtig auf meinem Schreibtisch abstellte.
Ansgar verließ die Redaktion ohne jedes weitere Wort. Was mich nicht weiter bekümmerte und Frau Löffler egal war. Wir waren endlich allein, das war alles, was für sie zählte.
»Sie müssen ihn entschuldigen, er hat Stress.«
»Nicht mit mir.«
»Ja, aber er meint es nicht so.«
»Ach, Herr Litten, wenn doch nur alle so verständnisvoll wären wie Sie.«
Bei diesem Kompliment machte ihre Halsschlagader muntere, pulsive Ausdehnungsversuche. Sie pochte so stark, dass ich meinen Blick kaum davon abwenden konnte, was Frau Löffler natürlich nicht verborgen blieb.
»Is’ was, Herr Litten?«
»Nein, nein, ich war nur in ... in Gedanken. Danke für den Kaffee. Sie sollten sich bei Gelegenheit mal durchchecken lassen.«
»Warum, wie kommen Sie jetzt darauf?«
»Ihre ... da ... die...«
Während ich auf ihre Ader zeigte, suchte ich nach Worten der Erklärung.
»Ach das ... bin nur ein
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