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Neu-Erscheinung

Neu-Erscheinung

Titel: Neu-Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gantenberg
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dem Praktikum, ich meine ... meine Kollegen, die sind doch nicht doof. Ist sie wenigstens Journalistin?«
    »Ach, nicht die Spur!«
    »Was ist sie denn?«
    »In erster Linie: Tochter. Von einem Tenniskameraden.«
    »Prima, tolle Voraussetzung.«
    »Höre ich da einen Unterton? Sie studiert Schauspiel, sehr talentiert.«
    »Folkwangschule?«
    »Nee, so ’ne private, muss mein Kamerad ganz schön für zahlen.«
    Das durfte doch alles nicht wahr sein, was auch immer diesen Mann antrieb, es war nicht gesund.
    »Keine Angst, mein lieber Litten, die Dana ist wirklich talentiert, die spielt jedem was vor.«
    Die Vorstellung, dass mein Herausgeber sein durch Erbe, Heirat und Spekulationen leicht verdientes Vermögen auf der Grundlage eines offensichtlich kindlichen Gemütes verschleuderte, ließ den ohnehin nicht allzu großen Respekt vor ihm auf ein Minimum schmelzen. Ich verzog das Gesicht, wie beim Anblick einer Blutwurstplatte, die zu lange in der Sonne gestanden hat.
    »Alles in Ordnung, Litten?«
    »Um ehrlich zu sein, ich kann mir nicht vorstellen, dass die Tochter Ihres Tenniskameraden dieser Aufgabe gerecht werden wird.«
    »Ja, warum denn nicht?!«
    Er rechnete nicht ernsthaft mit einer Auflistung von Gründen. Masuch gehört zu der Einkommensgruppe von Menschen, die es sich leisten kann, Bedenken jeglicher Art eigenverantwortlich zu gestalten, um es mal nett auszudrücken.
    »Ohne mich«, sagte ich tapfer und mit einer präzisen moralischen Grundhaltung.
    »Litten, die Frage stellt sich doch gar nicht.«
    »Das war keine Frage, das war eine Feststellung.«
    »Aber die kommt auch nicht in Frage.«
    »Ich bin kein Regisseur ... ich kann nicht mit einer noch nicht mal ausgebildeten Schauspielerin so tun, als wäre sie Bella Gabor.«
    »Müssen Sie auch nicht, das macht die selber.«
    Masuch krempelte sich die Ärmel seines blau-weiß gestreiften Maßhemdes hoch und gab den Blick frei auf zwei durchweg untrainierte Unterarme, die wie viel zu dicke polnische Landwürste aus dem Ärmel lugten.
    »Die Dana kann alles, und jetzt entspannen Sie sich mal. Die braucht doch nur ein paar Tage. Sie reden mit ihr, sagen ihr, worauf’s ankommt bei dieser Bella Gabor, und dann wird die Dana das Kind schon schaukeln.«
    »In ein paar Tagen kann ich das schon gar nicht.«
    Meine Stimme klang matt und entkräftet, während der Schweiß an meinen Schläfen hinabrann.
    »Umso besser, je schneller Sie mit ihr durch sind, desto billiger wird es!«
    Billig! Ja, das ist genau das richtige Stichwort.
    »Die Kleine kostet mich richtig Geld, mein lieber Litten. Diese Studenten von heute haben schon ganz schöne Kurse. Und da sehen Sie mal, was mir die ganze Sache wert ist.«
    Alles in mir wollte weg. Weit weg. Aber wie?
    »So, ich muss dann mal wieder, ’n Freund von mir hat hier in der Nähe einen Golfplatz, schönes Gelände, müssen wir zwei mal hin, wenn’s wieder ruhiger wird.«
    »Natürlich, wenn ... wenn Sie meinen.«
    »Sagen Sie mal, Litten, wir waren doch eigentlich schon beim Du, oder?«
    »Natürlich.«
    »Mensch, Litten, wenn ich’s nicht genau wüsste, dann würde ich dich für einen richtig kleinen Schluffi halten.«
    »Natürlich.«
    Masuch zupfte an meinem Ohrläppchen.
    »Dabei hast du’s faustdick hinter den Ohren, faustdick! Mein Litten, was?«
    »Natürlich.«
    »Ich zeig Dana noch eben schnell die Stadt, dann schicke ich sie zurück, alles klar?!«
    »Natürlich.«
    Von nun an würde mein Leben nur noch aus einem ›Natürlich‹ bestehen. Wenn überhaupt. Die Tragik des Augenblicks hielt mich gefangen. Natürlich.
    Dann war Masuch weg, und für eine unendlich scheinende Minute war ich allein.
    »Herr Litten, Sie denken an Herrn Dreckmann?«
    Nein, ich dachte an Bettina und Dana Bischoff und daran, dass mich nur eine der beiden Frauen leidenschaftlich interessierte.
    »Herr Litten?«
    »Ja, Frau Löffler, ich ruf da gleich an.«
    Während meine Sekretärin zufrieden an die Machtzentrale unserer Redaktion zurückkehrte, schlich sich Ansgar an seinen Arbeitsplatz zurück. Natürlich wollte er wissen, was geschehen war, aber wie hätte ich ihm das alles erklären sollen, was ich mir kaum selber erklären konnte.
    »Frag mich nicht, Ansgar, bitte!«
    Mit den Armen rudernd signalisierte er Verständnis, aber keinesfalls Zufriedenheit.
    »Ich kann’s dir nicht erklären, wirklich nicht.«
    »Okay.«
    »Danke, Ansgar.«
    »Mmh.«
    Eine Sekunde lang dachte ich ernsthaft darüber nach, ihm alles zu erzählen. Aus dem

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