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Neu-Erscheinung

Neu-Erscheinung

Titel: Neu-Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gantenberg
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Gefühl heraus, dann endlich mit einem Menschen den Druck der Ereignisse teilen zu können. Darüber hinaus mit einem Menschen, der sich in einer ähnlichen Situation befand wie ich. Nachdem die Sekunde vorbei war, griff ich zum Telefonhörer, um mit unserem Bürgermeister zu sprechen.
    »Matuschke, Büro des Bürgermeisters.«
    »Litten hier, Herr Dreckmann bat mich um einen Rückruf.«
    »Ich stelle Sie durch, Herr Litten.«
    Mozarts
Kleine Nachtmusik
sollte die minimale Wartezeit bis zur Verbindung ins Bürgermeisterbüro verkürzen.
    »Dreckmann.«
    »Litten.«
    »Ah schön, dass Sie zurückrufen, Sie ahnen wahrscheinlich ...«
    »Frau Rammelau.«
    »Richtig, da sind ja schwere Geschütze aufgefahren worden.«
    »Na ja, so schwer nun auch wieder nicht.«
    »Ich bin natürlich voll auf Ihrer Seite, Herr Litten, auch was Frau Rammelau angeht, aber Sie verstehen, dass wir da als Stadt natürlich reagieren müssen.«
    »Warum, das Krankenhaus befindet sich in kirchlicher Trägerschaft.«
    »Herr Litten, Sie wissen doch genau, was ich meine.«
    Das wusste ich, aber es machte so viel Spaß, dies zu verleugnen.
    »Wir müssen da Stellung beziehen, und wenn es noch so schwerfällt. Und glauben Sie mir, ich habe wirklich Verständnis für die Situation von Frau Rammelau.«
    Dreckmann stand seit Wochen auf allen Seiten, die sich ihm anboten. In wenigen Monaten stand er zur Wiederwahl, und Dreckmann musste Punkte machen. Ein nahezu aussichtsloses Unterfangen. Die Aussicht, für den Rest seiner Tage nur noch der Mann an der Seite einer Frau aus der Wurst- und Fleischdynastie Börgelmann zu sein, musste ihn zwangsläufig wahnsinnig machen. Wer die Börgelmann kennt, weiß, wovon ich rede. Mein Mitgefühl beschränkte sich dennoch auf ein Minimum.
    »Das freut mich, Herr Bürgermeister, aber wenn wir uns so einig sind, wie kann ich Ihnen dann helfen?«
    »Das ist ja der Punkt, Herr Litten, und ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wie ich Ihnen das so auf die Schnelle am Telefon erklären soll. Vielleicht sollten wir uns lieber zu einem kleinen Vieraugengespräch treffen, hmh, was meinen Sie?«
    »Ich meine gar nichts, Sie wollten doch was von mir.«
    »Korrekt. Passen Sie auf, ich schlage vor, morgen Mittag gegen eins im Hermanns?«
    Das Hermanns ist für Muendener Verhältnisse ein Gourmetlokal. Nicht wahnsinnig aufregend, aber dafür wahnsinnig teuer. Wenn Dreckmann mich dahin einlud, dann war ich ihm wirklich wichtig, so wichtig, dass er aus eigener Tasche ein Essen bezahlen wollte. Seit dem letzten kleinen Spesenskandal, den die Freie Bürgervereinigung geschickt provoziert und aufgedeckt hatte, waren informelle Essen im Hermanns nicht mehr offiziell absetzbar. Schon gar nicht für Dreckmann und seine dauerhungrigen Christdemokraten.
    »Morgen im Hermanns, bin pünktlich da.«
    »Das freut mich, Herr Litten, bis morgen dann!«
    Während ich den Termin in meinen Kalender eintrug, entdeckte ich, dass das Fragezeichen auf Ansgars Stirn unterdessen beachtliche Ausmaße angenommen hatte.
    »Du kannst es nicht erklären, ich weiß, Paul.«
    »Mhm.«
    »Aber es geht um Carola?!«
    »Mhm.«
    »Scheiße.«
    »Mhm.«
    Ansgars Bemühung, auf die Tastatur seines Computers einzuhämmern, so als sei nichts geschehen, wirkte verzweifelt und war nicht im Ansatz erfolgreich. Ein bisschen was konnte ich ihm ja erzählen.
    »Dreckmann will sich mit mir treffen, morgen im Hermanns.«
    »Im Hermanns? Na prima, dann ist es wirklich ernst.«
    »Sieht so aus. Ich halt dich aber auf dem Laufenden.«
    »Nett. Danke ... ich überlege die ganze Zeit, ob ich mich wirklich mal mit Mindis unterhalten sollte.«
    »Und?«
    »Wie gesagt, ich überlege.«
    »Du könntest aber auch nochmal mit Carola reden.«
    »Paul, ich rede ständig mit Carola!«
    »Okay.«
    »Was ist eigentlich mit Siggi?«
    »Krank.«
    »Faulfieber, oder was?«
    »Keine Ahnung ... kannst du denn seine Termine machen?«
    Ansgar blieb mir die Antwort schuldig, denn die Nummer auf dem Display seines klingelnden Handys war ihm vertraut. Das Ding flog mit der Geschwindigkeit einer Scud-Rakete an sein Ohr. Was dann folgte, geschah wesentlich langsamer und ohne jedes Wort.
    » ...« Dann drückte Ansgar den Anruf weg. Innerhalb des knappen Monologes, dem er zu lauschen hatte, war mein Freund um Jahre gealtert.
    »Was Schlimmes?
    » ...«
    »Kann ich dir helfen?«
    » ...!«
    »Ansgar?«
    »Ich ruf ihn an!«
    »Siggi?«
    »Mindis!«
    »Sicher.«
    »Ja ...«
    »Und ich dachte, das da gerade war

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