Neu-Erscheinung
ist der zentrale Punkt, den fragt die Freitag sofort.«
»Gut.«
Dana hielt den Kugelschreiber abwartend und frei schwebend genau drei Millimeter über ihrem Notizblock. Wir kamen zum neuralgischen Punkt der Unterrichtsstunde. Hier durfte nun kein Fehler mehr gemacht werden. Es lag an mir, alle Missverständlichkeiten und Fehlinterpretationen ganz dezidiert auszuräumen und für die Zukunft zu verhindern. Klare Ansagen lassen keinen Raum für phantasievolles Rumgedenke.
Die nächsten Minuten referierte ich im Alleingang und beobachtete den flinken Kugelschreiber, der fleißig über die Seiten huschte und den Notizblock in ein dichtbeschriebenes tintenblaues Bella-Gabor-Faktenuniversum verwandelte.
Kurz bevor der Unterricht beendet war, meldete sich Ansgar am Telefon.
»Bingo!«, schrie er fast in den Hörer.
»Sicher?«
»Absolut. Paul, das war’s!«
Dana schaute mich mit großen Augen an.
»Kleinen Moment, Ansgar.«
Ich machte Dana mit einer schnellen Geste klar, dass dieses Gespräch nicht für fremde Ohren bestimmt war. Netterweise verließ sie daraufhin sofort den Redaktionsraum. Sie hatte sich wirklich verändert, und das in kürzester Zeit.
»So, jetzt kannst du«, sagte ich in den Hörer.
Was ich nun zu hören bekam, haute mich beinahe vom Stuhl. Es war fast zu schön, um wahr zu sein.
Ich und ein Abend nach meinem Geschmack
»Er hat was?«
Bettina schüttelte fassungslos den Kopf.
»Er hat ihn entführt.«
»Das ist doch nicht wahr.«
»Doch.«
Bettina wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
»Ansgar?«
»Ja, Ansgar.«
»Ich glaub es nicht, nur wegen Carola?«
»Ich denk schon, er wollte eigentlich nur mit Mindis sprechen, aber dann ...«
Dann wollte Bettina alles wissen. Dabei zeigte sie weniger Interesse an der eigentlichen Ausführung der Tat und den logistischen Schwierigkeiten als vielmehr an Ansgars Motivation.
»Und alles nur für seine Frau?«
»Wie es aussieht, ja.«
»Es war bescheuert, aber rührend ist es schon.«
Ich wusste, was nun kam.
»Würdest du das auch für mich machen?«
»Jemanden entführen?«
»Zum Beispiel.«
»Ja, würde ich.«
Und das war die Wahrheit.
»Ehrlich?«
»Ja, ganz ehrlich.«
Bettina glaubte mir und begann zu lächeln.
»Ich würde es nie von dir verlangen. Aber es ist trotzdem schön zu wissen.«
Sie streichelte meine Wange, und dann nahmen wir uns in die Arme.
Mitten in der Nacht schrieb ich die neue Folge der
Messias
.
DIE MESSIAS Folge 13
Auch wenn die letzte Zeit voll von Irrungen und Wirrungen gewesen ist, fühle ich mich irgendwie ausgesprochen glücklich. Ein bisschen genervt zwar, weil nicht alles so gelaufen ist, wie ich es wollte, aber insgesamt sehr zufrieden und ja, einfach glücklich. Bei allem Stress und Ärger, den ich seit Resis Befreiung aus der Psychiatrie habe, bin ich doch nun um eine Erfahrung reicher. Mein Leben besteht eben nicht mehr nur aus mir, sondern auch aus der Verantwortung für jemand anderen. Auch wenn dieser andere so manches völlig falsch oder gar nicht interpretiert. Ich bin für jemanden da, und ich bin für jemanden wichtig. Das zählt mehr, als ich jemals geahnt hätte.
Die Flucht aus Detmold war konsequent und dank der freundlichen Hilfe eines moslemischen Taxifahrers sehr zügig. Der Mann stellte keine Fragen, was zum einen an seiner nur bruchstückhaft vorhandenen deutschen Sprache lag und zum anderen an der Aussicht auf eine äußerst lukrative Fahrt in Richtung Norden. Mehr als die Richtung und eine grobe Kilometerangabe von 300 hatte er nicht bekommen. Mehmet fuhr los, lieferte uns nach exakt 300 Kilometern im Norden ab, kassierte ein üppiges Honorar plus Trinkgeld und fuhr dann ohne jeden weiteren Kommentar zurück nach Detmold und ließ dabei vergnügt ein kleines Band mit Holzperlen durch seine geschickten Finger sausen.
Jetzt schweigt uns der kleine Hafen von Greetsiel an. Ein typischer Postkartenort mit folkloristischer Bindung zum Meer.
Ein paar hübsche saubere Krabbenkutter simulieren ihre Einsatzbereitschaft für artig fotografierende Touristen, während Resi und ich nach einem heißen Kaffee und einem kleinen Frühstück Ausschau halten.
»Soll ich was holen, Meister?«
»Resi? Zum letzten Mal, ich bin nicht dein Meister!«
»Meisterin?«
»Nein, auch keine Meisterin.«
»Wie soll ich dich denn sonst ansprechen?«
»Es ist mir egal, nenn mich Pumuckl, Frau Suerbier, Heinz, Else, Miss Saigon, Madame Toastbrot oder was weiß ich, aber auf gar keinen Fall
Weitere Kostenlose Bücher