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Neu-Erscheinung

Neu-Erscheinung

Titel: Neu-Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gantenberg
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wollen Sie mal selber drüberschauen?«
    Mindis nahm sich ein paar Blätter und sackte in sich zusammen. Nicht körperlich, aber psychisch. Jetzt kam Ansgars große Stunde.
    »Ich hab ja auch erst gedacht, mit meiner Frau und so, das ist nur so eine verletzte Eitelkeit, wie Frauen so sind, aber dann ... ich muss schon sagen, was die da über Sie gesammelt hat, das geht schon über reine Eitelkeit hinaus. Ich würd sogar sagen, wenn das Material in die falschen Hände kommt, dann: Gute Nacht, Chefarzt. Ich kenn mich da nicht aus, aber so eine Chronik, das sieht nicht gut aus. Gar nicht gut.«
    »Nee, sehe ich genauso.«
    Und dann nickten wir beide dem noch immer entführten Mann synchron zu.
    Und während Mindis schwieg, nickten wir weiter, denn wir waren beide noch immer nicht tot.
    Er schon, zumindest beruflich.

Ich und ein bisschen Zusammenfassung
    Benno Scheele hatte von alldem nichts mitbekommen, und wenn, hätte es ihn nicht weiter gestört, denn ein Entführungsopfer in seiner betonsicheren Libidohöhle mitten im Brömeler Forst wäre nur ein weiteres Stimulans für ausgelebte Bett-Phantasien geworden.
    Dr.Mindis reichte noch am Tag seiner »Freilassung« seine Kündigung am Sankt-Maria-Krankenhaus ein. Wie es offiziell hieß, aus persönlichen Gründen.
    Carola wurde fast vollständig rehabilitiert, aber nicht zur Chefärztin gemacht, solche Happy Ends gibt es nur in schlechten Romanen und in noch schlechteren Verfilmungen.
    Ansgar war der große Gewinner der Aktion. Für Carola war und blieb er ein Held bis zum Ende seiner Tage.
    Dreckmann hatte den Schritt in die Öffentlichkeit gewagt und die »rücksichtslose« Aufklärung von Diskriminierungen aller Art versprochen und damit nicht nur bei seiner eigenen Frau an Profil gewonnen. Die Flasche Grauburgunder, die zum Dank auf meinem Schreibtisch stand, mit einem » SIE WISSEN WOFÜR !«, nahm ich als Bestätigung meiner unfreiwilligen Hilfe.
    Dr.Rahm-Röntropp hatte mit Dreckmanns Emanzipationsoffensive einen natürlichen Feind verloren, den sie nun natürlich noch intensiver beobachten musste, um die alten Verhältnisse wiederherzustellen.
    Pfarrer Nordermann veranstaltete einen Diskussionsabend, um den Frauen in seiner Gemeinde zu veranschaulichen, wie wichtig ihr Engagement im Kirchenalltag ist. Dass bei den Diskutanten nur eine einzige Frau auf dem Podium saß, fand keine ungeteilte Zustimmung. Denn als Ernährungsberaterin und Diätköchin im Sankt-Maria-Krankenhaus konnte sie nur sehr spezielle Beiträge zur Diskussion leisten. Die Konsequenz der Veranstaltung war die spontane Neugründung einer katholischen Fraueninitiative mit dem Ziel, emanzipatorische Reformen anzustreben. Der Pfarrer versprach seine aktive Mithilfe, die einstimmig begrüßt wurde.
    Und ich?
    Ich stand am Nachmittag des schicksalsschweren Tages in Zimmer 237 mit einem Astern-Blumenstrauß, Abteilung Innere Medizin II am Sankt-Maria-Krankenhaus. Im Bett am Fenster lag eine Frau, die sich gegen den ausdrücklichen Rat ihres Mannes geweigert hatte, die Gardinen von einem jüngeren Mitglied der Familie abnehmen zu lassen, und diese Weigerung mit einem doppelten Beckenbruch bezahlen musste. Im Alter von 76  Jahren keine leichte Sache. Im mittleren Bett lag ein Gallenstein, der aber gerade zum Rauchen auf dem Balkon war, und im linken Bett, unweit des Waschbeckens, lag die Frau, der ich all diese Informationen zu verdanken hatte. Frau Löffler, die mit einer spontanen Herz-Kreislauf-Insuffizienz auf die örtliche Betäubung eines Backenzahnes reagiert hatte.
    »Sie machen ja Sachen.«
    »Ach, jetzt wo mein Chef da ist, geht es mir doch wieder gleich viel besser ...«, seufzte die glücklichste Sekretärin der Welt, so laut, dass es auch der Gallenstein auf dem Balkon mitbekommen musste.
    »Klang aber bedrohlich.«
    »Ach, die Ärzte, kennen Sie doch, die wollen doch auch nur Geld verdienen.«
    »Sie meinen, Ihr Zahnarzt arbeitet Hand in Hand mit den Internisten? Der betäubt seine Patientinnen möglicherweise falsch, damit die hier landen? Frau Löffler, wenn das stimmt, das wäre ja ein Skandal.«
    Frau Löffler brauchte ganze zehn Sekunden, um zu begreifen, dass ich nur einen Spaß gemacht hatte. Dann aber schallte ihr Lachen mindestens bis nach Lütgen-Pampen, wenn nicht sogar noch weiter.
    »Mein Chef, das ist einer.«
    Was für einer, wollte weder der Gallenstein noch die Gardinenakrobatin wissen. Ich drückte Frau Löffler den Blumenstrauß in die Hand und machte deutliche

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