Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neuanfang

Neuanfang

Titel: Neuanfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Kingsbury
Vom Netzwerk:
Parkplatz abstellten und durch den kalten Wind eilten. John und Elaine warteten neben der Tür auf die anderen und als alle angekommen waren, gingen sie hinein und meldeten sich an. Das Haus duftete nach frischen Pinienzweigen und Zimt, Weihnachtskränze und andere Dekorationen schmückten jeden Tisch und die Regale. Ein riesiger Weihnachtsbaum mit funkelnden Lichtern stand in der Ecke des Foyers neben einem Kaminfeuer und zwei großen gemütlichen Sesseln.
    „Der Name Ihrer Gruppe?“ Die Frau am Empfang spähte über ihre dünnen Brillengläser hinweg in ihre Richtung.
    John sah sich seine bunt gemischte Familie an, bestehend aus schlafenden Babys und übermütigen Kindern und mehr als einem Dutzend Erwachsener. Er wandte sich wieder an die Frau. „Nennen Sie uns die Baxter-Bande.“
    „Sehr gut. Sie können in den Speisesaal gehen. Die Bewohner erwarten Sie.“
    John und Elaine gingen voran und als sie die große Doppeltür öffneten, die in den Speisesaal führte, sahen sie Dutzende der Bewohner in festlicher Kleidung erwartungsvoll dasitzen, die Hände sorgfältig im Schoß gefaltet. Einige der Frauen hatten frisch gelegte Dauerwellen.
    Im selben Moment, als die Bewohner die Kinder entdeckten, die in den Saal trippelten, ging ein Raunen durch den Raum. Einige holten erstaunt Luft und andere wandten sich aufgeregt ihren Sitznachbarn zu. Es waren Kinder gekommen!
    Eine zerbrechliche alte Dame, vielleicht schon über neunzig, saß in der ersten Reihe. Tränen stiegen in ihre Augen, als sie Cole und Maddie sah, die sich in einem seltenen Moment der Einmütigkeit an den Händen hielten. Die alte Dame senkte ihren Kopf und winkte die Kinder mit ihrem knochigen Finger herbei.
    Maddie winkte zurück, ging aber sofort zu Brooke und versteckte sich hinter ihr. Cole hingegen erinnerte sich vermutlich an die Bewohner des Pflegeheims in Sunset Hills, denn er ging direkt zu der alten Dame und umarmte sie. Sie streichelte sanft über Coles Haare, ohne sich um die Tränen zu kümmern, die über ihre faltigen Wangen rollten.
    John war von der Szene sehr berührt. Cole würde immer einen besonderen Platz in seinem Herzen haben. Die ersten vier Jahre seines Lebens – während Ashley versucht hatte herauszufinden, wie sie ihm eine gute Mutter sein konnte – war Cole die meiste Zeit im Haus seiner Großeltern unter der liebevollen Aufsicht von Elizabeth gewesen. Die Einfühlsamkeit, die er jetzt zeigte, war auf bittersüße Weise sehr vertraut.
    Als sich die ganze Gruppe endlich um den Flügel versammelt hatte, setzte sich Connor Flanigan vor die Tasten. Er hatte sein Weihnachtsliederbuch mitgebracht, doch die einzige Probe des bunt zusammengewürfelten Chores hatte vor einer Stunde mit dem alten verstimmten Klavier der Baxters stattgefunden.
    Connor war ein gut aussehender Junge mit dunklen Haaren und blauen Augen. Im letzten Jahr war er fünfzehn Zentimeter gewachsen, sodass er inzwischen über 1,80 Meter groß war. Seine Stimme veränderte sich ebenfalls und selbst mit dem besten Training und bei größter Anstrengung kippte sie manchmal. Während ihrer kurzen Probe hatte Connor seine Sorgen geäußert, dass ihm das beim Singen passieren könnte, und John hatte ihm versichert, dass sie alle für ihn beten würden. Connors Vater hatte sinngemäß das gesagt, was Elaine auch vorhin im Auto erwähnt hatte: Die Bewohner von Knollwood konnten nicht sehr gut hören, und es würde ihnen bestimmt nicht unangenehm auffallen.
    Jetzt flüsterte Connor der Gruppe zu: „‚Stille Nacht‘, okay?“
    John war sich ziemlich sicher, dass die Kinder, die vorne standen, nichts gehört hatten, doch es wurde von ihnen auch keine große Gesangsleistung erwartet.
    Connor begann zu spielen und die Musik füllte den Saal. Einige der Bewohner zogen Taschentücher aus ihren Handtaschen oder Hosentaschen und trockneten sich die Augen.
    „‚Stille Nacht, heilige Nacht …‘“ Die Baxter-Bande sang einstimmig in einer Stimmlage, die fast richtig war. Und im ganzen Saal sangen die Bewohner des Seniorenheimes mit.
    John fasste vorsichtig nach Elaines Hand und weil sie so dicht beisammenstanden, war er sich sicher, dass niemand aus ihrer Gruppe es bemerkte. Es fühlte sich richtig an, hier an diesem emotionsgeladenen Ort, dass er sich auf diese Weise mit der Frau verband, die etwas so Besonderes für ihn geworden war. John blickte in die Gesichter der Bewohner vor ihm. Er konnte die Geschichten nur ahnen, die jeder von ihnen zu erzählen hatte.

Weitere Kostenlose Bücher