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Neuanfang

Neuanfang

Titel: Neuanfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Kingsbury
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lehnte sich vor und es war offensichtlich, dass er nicht ein Wort verpassen wollte.
    „Das erste große Feuer war im Indiana-Theater. Es breitete sich bis zum Juwelier und zum Sportwarengeschäft aus.“ Eddie war wieder ruhiger geworden. „Es gab eine Menge Schaden, doch wir konnten das Gebäude retten. Wir haben gute Arbeit geleistet.“
    „Davon habe ich gehört.“
    „Und dann der 6. Februar 1935.“ Seine Worte kamen nun langsamer und waren nicht immer zu verstehen. Doch die Erinnerungen an die Feuer waren sehr klar. „Ein großes Feuer im Bezirksgefängnis.“ Er schloss die Augen. „Haben Sie davon gehört?“
    „Das Dach stürzte ein.“ Landon kannte die Geschichte.
    Ashley saß fasziniert daneben. Abgesehen von den Jahrzehnten, die sie trennten, hätten Landon und Eddie Kollegen sein können. Mitglieder derselben Gemeinschaft, die fest in ihrer Feuerwache verankert war.
    „Das Dach brach zusammen und fünf von uns rannten um ihr Leben.“ Eddie schüttelte sich bei der Erinnerung. „Das Feuer war nicht in den Griff zu kriegen. Ich war einer der fünf, die es raus geschafft haben. Wir haben unser Leben gerettet, doch das Gebäude verloren.“
    Landons Stimme wurde sanfter. „Und … erinnern Sie sich an den Unfall mit dem Reisebus … 1950, glaube ich.“
    Eddie senkte den Kopf. Für einen Moment blieb sein Mund offen stehen und er fing wieder an zu weinen. Tiefe Schluchzer schüttelten ihn und er hob seine Hand in Landons Richtung, als ob er etwas sagen wollte.
    Ashley überlegte, ob sie das Gespräch in eine andere Richtung lenken sollte, doch der Mann wollte offenbar unbedingt etwas loswerden.
    Eddie schluckte ein paar Mal und fand endlich seine Stimme wieder. „10. August … 1949. Der Bus verunglückte und fing Feuer. Ich war dort und …“ Er schniefte und tastete nach seiner Serviette. „Ich hatte schon einen Fuß in den Bus gesetzt … einen Fuß.“ Er kniff seine Augen zusammen und schluchzte erneut. Als er seine Augen öffnete, schien es, als würde er das Feuer wieder vor sich sehen. „Ich hörte das Mädchen … weinen, nach Hilfe schreien. Ich konnte sie nicht erreichen … ich konnte nicht durch die Flammen hindurch.“
    Landon half Eddie, mit der Serviette sein nasses Gesicht abzuwischen. „Sechzehn Menschen starben.“
    „Sechzehn.“ Eddie schloss wieder seine Augen und schüttelte verzweifelt den Kopf. „Ich kann … ich kann sie immer noch schreien hören.“
    Wieder war Ashley überwältigt. Der Mann wusste nicht mehr, wo er wohnte, doch die Erinnerung an Ereignisse und Brände, die ein halbes Jahrhundert zurücklagen, war klar und deutlich. Das bestätigte ihre Erfahrungen. Was immer das Leben eines Menschen geprägt hatte, geriet auch am Lebensende nicht in Vergessenheit. Sie war dankbar für Landons Interesse an diesem Mann. Es berührte sie zu sehen, wie er sich für ihn Zeit nahm und seine Anerkennung und seinen Respekt für den alten Mann ausdrückte. Denn das war es, wonach sich der alte Mann sehnte.
    Nur seine Erinnerungen und seine Gürtelschnalle waren ihm noch von einem bewegten Leben im Einsatz für andere geblieben.
    Ein Leben als Feuerwehrmann war weniger ein Beruf als vielmehr eine Berufung. Ashley konnte sich vorstellen, wie Landon eines Tages sein würde, wenn er fünfundneunzig war – er würde von dem Brand in dem Apartmenthaus erzählen, bei dem er das Leben eines kleinen Jungen gerettet hatte und beinahe selbst gestorben wäre, oder wie er am Ground Zero gearbeitet hatte, wo er drei Monate lang die sterblichen Überreste seines Freundes Jalen gesucht hatte.
    Ashley konnte nur dafür beten, dass – wenn dieser Zeitpunkt eines Tages kommen sollte – sie neben Landon sitzen und seine Hand halten dürfte. Dass Landon, wenn Cole und Devin erwachsen geworden waren und ihre eigenen Familien hatten, an einem Ort wie Knollwood oder Sunset Hills an ihrer Seite sein würde. Und an Weihnachten, wenn eine Gruppe Sänger mit kleinen Kindern käme, würden sie und Landon mit nassen Augen zuhören, wie sie „Stille Nacht“ vortrügen, und Landon würde einem jungen Mann von seinen Erlebnissen als Feuerwehrmann erzählen.
    Als sie mit ihrer Familie Knollwood verließen, um nun bei ihren Freunden und Bekannten zu singen und Plätzchen vorbeizubringen, dankte sie Gott dafür, dass Landon und sie in den Dingen übereinstimmten, die die größte Bedeutung für sie hatten.
    Ihr Glaube, ihre Familie … und für Landon – seine Arbeit als Feuerwehrmann.

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