Neubeginn in Virgin River
seiner aufgekrempelten Ärmel lugte das Unterteil eines großen blauen Tattoos hervor. Hätte ihr nicht schon allein seine Größe den Atem verschlagen, wäre es wohl sein unerquicklicher Gesichtsausdruck gewesen. Seine dunklen buschigen Brauen standen dicht beieinander, als er beide Hände auf die Theke stützte und fragte: „Was möchten Sie?“
„Hmm … Kaffee?“, fragte sie zurück.
Er drehte sich um und griff nach einer Tasse, die er auf die Theke stellte. Dann füllte er sie aus einer bereitstehenden Kanne. Sie dachte daran, sich die Tasse zu nehmen und an einen der Tische zu flüchten, aber sein Aussehen gefiel ihr, offen gesagt, gar nicht. Sie fürchtete, ihn zu beleidigen, und ging daher zur Bar und setzte sich auf den Stuhl, vor dem ihr Kaffee wartete. „Danke“, sagte sie kleinlaut.
Er nickte nur, dann trat er etwas von der Theke zurück und lehnte sich gegen den Tresen hinter ihm, wobei er seine mächtigen Arme vor der Brust verschränkte. Er erinnerte sie an einen Rausschmeißer oder Türsteher in einem Nightclub. Jesse Ventura in Positur.
Sie nahm einen Schluck des starken, heißen Gebräus. Mehr als alle anderen Annehmlichkeiten im Leben schätzte sie eine Tasse wirklich guten Kaffees. „Ah. Wunderbar“, lobte sie. Von dem riesigen Mann kam kein Kommentar. Auch gut, dachte sie. Mir ist eh nicht nach reden zumute.
Ein paar Minuten verbrachten sie so in seltsam kameradschaftlichem Schweigen, bis die Tür aufging und Jack eintrat, die Arme voller Feuerholz. Als er sie sah, grinste er und legte dabei einen schönen Satz gleichmäßiger weißer Zähne frei. Unter dem Gewicht des Holzes spannte sein Bizeps den Stoff seines Jeanshemds, und seine breiten Schultern wurden durch die schmale Taille betont. Ein wenig hellbraunes Brusthaar lugte aus dem offenen Kragen, und sein sauber rasiertes Kinn erinnerte sie daran, dass Wangen und Kinn am Abend zuvor vom Tageswuchs des Bartes leicht überschattet waren.
„Na so was“, rief er. „Guten Morgen.“ Er trug das Holz zum Kamin, und als er sich bückte, um es dort aufzuschichten, musste ihr einfach auffallen, dass er einen breiten, muskulösen Rücken und einen perfekten männlichen Hintern hatte. Die Männer hier in der Gegend dürften allein durch den rauen Alltag des Landlebens ziemlich gut trainiert sein.
Der übergewichtige kahlköpfige Mann hob gerade die Kanne, um ihr noch einmal nachzuschenken, als Jack sagte: „Lass mich das machen, Preacher.“
Jack kam hinter die Bar und „Preacher“ ging durch die Tür, die zur Küche führte. Jack füllte ihre Tasse nach.
„Preacher?“, fragte sie beinahe flüsternd.
„Sein Name ist eigentlich John Middleton, aber den Spitznamen hat er schon seit Langem. Wenn du ihn John rufst, dreht er sich nicht einmal um.“
„Und warum heißt er so?“, wollte sie wissen.
„Nun, er ist ziemlich tugendhaft. Er flucht kaum, man sieht ihn nie betrunken, und er belästigt die Frauen nicht.“
„Er wirkt ein bisschen furchterregend“, sagte sie, die Stimme noch immer gedämpft.
„Ach was, er ist sanft wie ein Kätzchen“, beruhigte sie Jack. „Wie haben Sie die Nacht verbracht?“
„Ganz passabel“, antwortete sie achselzuckend. „Ich dachte, ich könnte den Ort nicht verlassen, ohne vorher noch eine Tasse Kaffee zu trinken.“
„Hope werden Sie wohl jetzt am liebsten umbringen wollen. Sie hatte nicht einmal eine Tasse Kaffee für Sie?“
„Ich fürchte, nein.“
„Es tut mir leid, Miss Monroe. Sie hätten wirklich einen anderen Empfang verdient als das. Ich kann es Ihnen nicht verübeln, wenn Sie das Schlimmste von diesem Ort denken. Wie wär’s mit ein paar Eiern?“ Erwies über die Schulter nach hinten. „Er ist ein guter Koch.“
„Da sage ich nicht Nein“, antwortete sie. „Und nennen Sie mich Mel.“
„Die Abkürzung von Melinda“, bemerkte er.
Dann rief er durch die Tür in die Küche: „Preacher! Wie sieht’s aus mit einem Frühstück für die Lady?“ Zurück an der Theke meinte er: „Also, das Mindeste, was wir tun können, ist, Sie mit einem guten Essen zu verabschieden – falls Sie nicht doch noch dazu überredet werden können, ein paar Tage zu bleiben.“
„Es tut mir leid“, sagte sie. „Diese Hütte – sie ist einfach unbewohnbar. Mrs. McCrea sagte etwas davon, dass irgendwer sie eigentlich putzen sollte, aber wohl Probleme hat, weil sie trinkt?“
„Das könnte Cheryl sein. Ich fürchte, sie hat in dieser Hinsicht tatsächlich ein kleines Problem. Aber
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