Neubeginn in Virgin River
Kurbelei begann.
Der Scheunenboden war sauber gefegt, und man hatte eine kleine Country-Music-Band engagiert. Überall tollten Kinder herum, die von einem Ende der Ranch bis zum anderen rannten, vom Viehpferch bis zum Heuschober.
Mel hatte sich sehr auf das Picknick gefreut, weil sie dann Chloe ein Weilchen in den Armen halten konnte und es eine gute Gelegenheit war, den Rest der Familie Anderson endlich einmal kennenzulernen. Zwei oder drei der Söhne, die zusammen mit Buck auf der Ranch arbeiteten, kannte sie zwar flüchtig, und eine der Töchter war auch einmal zur Schwangerschaftskontrolle bei Doc erschienen, aber ansonsten waren es Fremde für sie.
Nicht mehr lange jedoch. Jeder Einzelne von ihnen, die Söhne und Töchter, ihre Ehegatten und Kinder, begrüßten sie überschwänglich als die Person, die ihnen Chloe gebracht hatte. Das Baby wurde von Anderson zu Anderson weiter gereicht, geknuddelt, hochgehoben, geküsst und gekitzelt. Selbst die Kleinen, die Enkel von Lilly und Buck, liefen zu Chloe, um sie zu drücken, als wäre sie ihr neuestes kleines Hundebaby. Buck war in der Scheune mit den Barbecues ziemlich beschäftigt, aber hin und wieder tauchte er bei den mit Essen beladenen Tischen auf, und Mel konnte ihn einmal sehen, wie er Chloe bequem auf der Hüfte hielt.
Die Andersons waren wundervolle, bodenständige und authentische Menschen, die jede Menge Liebe in ihren Herzen hatten. Genau wie Lilly waren sie gutmütig, fürsorglich und feinfühlig. Am späten Nachmittag, als die Sonne gerade anfing unterzugehen, entdeckte Jack Mel, wie sie mit dem Baby auf der Verandaschaukel saß und ihm das Fläschchen gab. Er setzte sich neben sie und spielte mit Chloes dunklen Locken. „Sie scheint sich hier richtig wohlzufühlen“, meinte er.
„Das sollte sie auch“, sagte Mel. „Denn sie ist hier zu Hause.“ Und zu wissen, dass dies in jeder Hinsicht der Wahrheit entsprach, gab ihr ein Gefühl tiefer Zufriedenheit.
„Ich würde dich gerne ein bisschen in der Scheune herumwirbeln“, sagte er, beugte sich über das Kind und gab ihm einen zarten Kuss.
„Noch so eine Überraschung. Du tanzt?“
„Das ist vielleicht etwas zu übertrieben ausgedrückt. Aber ich mache halt ein bisschen rum und gebe mir Mühe, dir dabei nicht auf die Füße zu treten.“
Lilly kam aus dem Haus und wischte sich die Hände an der Schürze ab. „Komm, Mel, ich will sie dir abnehmen und ins Bett bringen.“
Mel stand mit dem Baby im Arm auf und ging ins Haus, gefolgt von Lilly. Drinnen legte sie Lilly das Kind in die Arme, beugte sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Sie haben eine wunderbare Familie“, sagte sie, „und finden sicherlich den richtigen Zeitpunkt, um es ihnen zu sagen.“
Mel vereinbarte einen Termin mit der Klinik in Grace Valley. Sie war überrascht, zu hören, dass beide Ärzte anwesend waren, und so fragte sie nach dem Gynäkologen. Pränatale Beratung gab sie als Grund an. „Wir werden Ihre Patientin in Dr. Stones Terminkalender eintragen“, sagte die Sprechstundenhilfe, und Mel korrigierte sie nicht, denn schließlich war sie schon zweimal mit schwangeren Frauen zur Ultraschalluntersuchung dort gewesen, sodass man sie als die Hebamme kannte, die flussaufwärts arbeitete. Nachdem sie ein paar Patienten behandelt hatte, machte sich Mel am Nachmittag nach Grace Valley auf.
Es war noch nicht lange her, seit sie sich alle im Haus der Stones getroffen hatten, und sie konnte die Wahrheit jetzt nicht länger leugnen. Sie war schwanger. Daran gab es keinen Zweifel. Bei Doc standen reichlich Schwangerschaftstests zur Verfügung, und sie hatte einen benutzt. Dann einen zweiten. Und noch einen. Halb hoffte und halb befürchtete sie, dass es nicht wahr sein würde.
Als sie in der Klinik eintraf, stand June am Empfangstresen. „Hey, da bist du ja.“ Sie beugte sich zur Seite, als ob sie um Mel herumsehen wollte. „Ich dachte, du wolltest uns eine Schwangere zur pränatalen Beratung bringen?“
„Stimmt“, sagte Mel. „Mich.“
Vor Überraschung bekam June einen Moment lang ganz runde Augen.
„Es muss wohl am Wasser liegen“, meinte Mel und zuckte die Schultern.
„Komm mit nach hinten. Du bist bei John eingetragen, und wie du weißt, hat unsere Schwester Mutterschaftsurlaub. Willst du, dass ich mich auch um dich kümmere, oder lieber nicht?“
Mel fühlte, wie sie vor Nervosität zitterte. „Komm bitte mit. Ich glaube, ich werde ein paar Dinge erklären müssen.“
„Oh, oh“,
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