Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neubeginn in Virgin River

Neubeginn in Virgin River

Titel: Neubeginn in Virgin River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robyn Carr
Vom Netzwerk:
bereitete sich darauf vor, in die Bar zu gehen. Sie fühlte sich elend. Ihr Herz verkrampfte sich, wenn sie an den Ausdruck in Jacks Augen dachte. Diese Situation hätte er niemals mitbekommen dürfen. Für ihn musste es erschütternd gewesen sein. Sie konnte nur hoffen, dass er ihr verzieh.
    Sie packte etwas Kleidung zum Wechseln ein und ihr Make-up für die Arbeit am folgenden Tag. Falls Jack nicht mit ihr zurück ins Waldhaus kommen wollte, würde sie ihm ihre Gesellschaft aufdrängen. Sie mussten einfach darüber hinwegkommen. Es war ihr Fehler. Und jetzt ging es auch nicht mehr nur um sie beide. Er wollte dieses Baby. Er wollte sie und das Baby. Sie würde einen Weg finden, es wiedergutzumachen.
    Als sie in der Bar ankam, befanden sich nur ungefähr ein Dutzend Gäste dort. Es waren die Bristols und Carpenters, die an einem Tisch für vier Personen saßen, dann Hope und Doc an der Bar, zwei Männer, die bei einem Krug Bier Kribbage spielten, und eine junge Familie. Jack stand hinter dem Tresen, und als sie eintrat, hob er zum Gruß nur kurz das Kinn. Es war eine sehr zurückhaltende Geste. Sie würde büßen müssen.
    Sie blieb bei den Bristols und Carpenters stehen, plauderte kurz mit ihnen und berichtete von dem Baby der Givens‘. Dann ging sie zum Tresen und setzte sich auf den Barhocker neben Doc. „Hatten Sie heute Gelegenheit, sich etwas auszuruhen?“, fragte sie ihn.
    „Ich kann tagsüber nicht schlafen“, brummte er. Dann nahm er ein Mittel gegen Sodbrennen, und Jack stellte ihm einen Whiskey hin.
    „War wohl eine lange Nacht?“, fragte Hope sie.
    „Eine lange Nacht für die Givens“, antwortete Mel. „Aber jetzt geht es ihnen gut.“
    „Gute Arbeit, Mel. Ich wusste doch, dass es klug war, Sie hierher zu holen.“ Sie drückte ihre Zigarette aus und ging zur Tür, wobei sie auf dem Weg nach draußen noch ein paar Schwätzchen hielt.
    Ohne dass sie ihn darum gebeten hätte, stellte Jack ihr eine Cola hin. Tonlos formten ihre Lippen die Worte: Tut mir leid. Auf seinen Lippen erschien nur ein vages Lächeln, an seinen Augen konnte sie ablesen, wie verletzt er war. Aber er beugte sich zu ihr hinüber und küsste sie sanft auf die Stirn. Oh je, dachte sie. Es ist schlimm.
    Und es wurde noch schlimmer. Während Mel in ihrem Essen herumstocherte, kam es nur zu einer überaus oberflächlichen Unterhaltung zwischen ihr und Jack. Aber hartnäckig wartete sie darauf, dass die Bar sich leerte. Es war acht Uhr, als Preacher den Boden wischte und Jack die sauberen Gläser einräumte. „Wollen wir nicht darüber reden?“, fragte sie ihn leise.
    „Warum vergessen wir es nicht einfach und blicken in die Zukunft“, meinte er.
    „Jack“, flüsterte sie, damit Preacher sie nicht hören konnte. „Ich liebe dich.“
    „Du musst das nicht sagen.“
    „Aber es ist so. Bitte glaube mir.“
    Er hob ihr Kinn an und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. „Okay“, sagte er. „Ich glaube dir.“
    „Oh Gott“, sagte sie, und Tränen stiegen ihr in die Augen.
    „Bitte nicht, Mel“, bat er sie. „Fang nicht wieder an zu weinen. Ich fürchte, dass ich nicht verstehen könnte, weshalb – und das macht alles nur noch schlimmer.“
    Sie schluckte die Tränen hinunter und zwang sich, ihre Nerven zu beruhigen, die mit ihr durchgingen. Einen Moment lang dachte sie: Mein Gott, was werde ich tun, wenn er mit mir deswegen Schluss macht? „Ich werde auf dein Zimmer gehen“, sagte sie zu ihm, „und bleibe dort so lange, bis du zu mir kommst und ich dich irgendwie davon überzeugen kann, dass wir zusammengehören. Ganz besonders jetzt.“
    Er nickte kurz, so kurz, dass es beinahe nicht zu erkennen war. Sie stieg von ihrem Hocker und ging durch den hinteren Teil der Bar in seine Wohnung. Kaum war sie allein, konnte sie die Tränen nicht länger zurückhalten. Ungehindert strömten sie ihr über die Wangen. Er wird glauben, dachte sie, dass ich den Rest meines Lebens damit zubringen werde, meinem toten Mann alles zu erklären und mich dafür zu entschuldigen, was ich für Jack empfinde. Nun, genau das habe ich getan. Was sollte er also sonst denken? Er würde mir nicht glauben, wenn ich ihm sagte, dass es nicht wahr ist, dass es so nicht sein wird. Es war doch nur dieses eine Mal – der Schock, die Erschöpfung, die starke emotionale Erregung, die über mich hereinbrach.
    Mel setzte sich in den großen Sessel im Wohnzimmer und ließ die Nacht, in der sie an genau diesem Platz gesessen hatte, Revue passieren.

Weitere Kostenlose Bücher