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Neubeginn in Virgin River

Neubeginn in Virgin River

Titel: Neubeginn in Virgin River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robyn Carr
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das, was er erlebt hat.“
    „Warum versuchst du es nicht einfach mal mit mir?“
    Preacher holte tief Luft. „Diese Jungs, die jedes Jahr hier raufkommen … Sie kommen hierher, um sich zu vergewissern, dass mit ihm alles in Ordnung ist. Er war ihr Sergeant. Auch mein Sergeant. Der beste Sergeant bei den Marines. Er war in fünf Kampfgebieten im Einsatz. Zuletzt im Irak. Als er eine Einheit nach Falludscha führte, trat einer der Jungs auf eine Mine. Sie hat ihm die Beine weggerissen. Gleich darauf gerieten wir in ein Heckenschützenfeuer. Unser Junge aber, der auf die Mine getreten war, starb nicht sofort. Es hatte irgendwas mit der Hitze der Explosion zu tun, die ihm wohl die Arterien und Gefäße verätzt hat, sodass er nicht verblutet ist. Schmerzen hatte er auch keine – da war etwas mit seiner Wirbelsäule passiert. Aber er war bei vollem Bewusstsein.“
    „Mein Gott.“
    „Jack befahl allen, in den Gebäuden Deckung zu suchen, was wir auch taten. Er aber blieb bei seinem Mann sitzen. Er ließ den Jungen nicht allein. Unter dem Heckenschützenfeuer lehnte er an dem Reifen eines umgestürzten Trucks, hielt ihn in den Armen und redete eine halbe Stunde lang mit ihm, bevor er starb. Der Junge sagte Jack immer wieder, dass er gehen sollte, dass er in Deckung gehen sollte und dass alles in Ordnung wäre. Du kannst dir denken, dass Jack das nicht tat. Er würde niemals einen seiner Männer im Stich lassen.“ Er trank einen Schluck Kaffee. „Wir haben drüben eine Menge Dinge gesehen, die einem lebenslänglich Albträume bereiten können. Bei Jack ist es diese Erinnerung. Ich weiß nicht, was ihm mehr zu schaffen macht – der langsame Tod des jungen Marines oder der Besuch, den er später seinen Eltern abgestattet hat, um ihnen zu erzählen, was der Junge ihm alles gesagt hat, bevor er gestorben ist.“
    „Und dann betrinkt er sich?“
    „Oder er geht angeln. Manchmal geht er auch in den Wald und campt dort eine Weile, um sein Gleichgewicht wiederzugewinnen. Dass er es mit Alkohol versucht, ist eher selten. Erstens, weil das sowieso nicht hilft, und zweitens, weil er sich hinterher schrecklich fühlt. Aber es wird alles gut werden, Mel. Er hat es noch immer überstanden.“
    „Mein Gott“, sagte sie. „Wie es aussieht, hat wohl jeder sein Bündel zu tragen. Gib mir ein Bier.“
    Er zapfte ihr eins vom Hahn und stellte es vor sie hin. „Deshalb ist es wohl das Beste, ihn einfach eine Weile in Ruhe zu lassen.“
    „Wird er bald wieder zu sich kommen?“
    „Glaube ich nicht. Er ist sternhagelvoll. Gerade wollte ich ihn ins Bett tragen, als du hereinkamst. Ich werde in dem Sessel bei ihm im Schlafzimmer übernachten, für alle Fälle.“
    „Für welche Fälle?“
    „Für den Fall, dass er nicht nur betrunken ist. Dass ihm schlecht wird oder so. Im Irak hat er mich einmal eine ganze Meile weit auf einer Landstraße getragen, nachdem ich verletzt worden war. Das werde ich ihm nie vergessen, und ich werde nicht zulassen, dass ihm jemals etwas zustößt.“
    Sie nippte an ihrem Bier. „Mich hat er auch schon mal getragen“, bemerkte sie. „Auch wenn er glaubt, dass ich das nicht mehr weiß.“
    Eine Weile saßen sie nur schweigend da. Sie trank ihr Bier zur Hälfte leer. „Ich versuche gerade, mir vorzustellen, wie es aussah, als er dich getragen hat“, sagte sie. „Wahrscheinlich wie eine Ameise, die einen Gummibaum auf ihrem Rücken schleppt.“
    Er überraschte sie mit einem Kichern.
    „Wie hat er dich dazu gebracht, hierher in diesen kleinen Ort zu kommen?“
    „Dazu musste er mich nicht überreden. Nachdem er aus der Marine ausgeschieden war, habe ich mit ihm Kontakt gehalten, und als ich dann so weit war, bin ich hier heraufgekommen. Er meinte, ich könnte bleiben und in der Bar helfen, wenn ich Lust hätte. Und ich hatte Lust.“
    Als sie ein Geräusch hinter sich vernahm, drehte sie sich um. Jack war vom Stuhl gefallen und hart auf den Boden aufgeschlagen, wo er ausgestreckt liegen blieb.
    „Zeit, ins Bettchen zu gehen“, sagte Preacher und kam um die Bar herum.
    „Preacher, wenn du ihn in sein Zimmer bringen kannst, werde ich bei ihm bleiben.“
    „Das musst du wirklich nicht, Mel. Es könnte unangenehm werden. Verstehst du?“
    „Kein Problem“, entgegnete sie. „Ich habe schon vielen den Eimer gehalten, wenn es dazu kommen sollte.“
    „Manchmal schreit er laut.“
    „Das tue ich auch manchmal.“
    „Willst du wirklich bei ihm bleiben?“
    „Ja, das will ich.“
    „Dann liegt

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