Neue Bündnisse
fünfzig Schwestern und einhundert Dienern auf den Allerwertesten fallen, aber sie sollte auch nicht wie eine Invalidin gestützt werden.
Die meisten Sitzenden einschließlich Sheriam, die sich Egwene verschworen hatten, hatten dies tatsächlich aus schlichter Angst und einem Selbsterhaltungstrieb heraus getan. Wenn der Saal erfuhr, daß sie Schwestern ausgesandt hatten, um die Aes Sedai in Tar Valon zu beeinflussen und, was noch schlimmer war, dies aus Angst vor Schattenfreunden unter den Sitzenden vor dem Saal geheimgehalten hatten, würden sie vollkommen gewiß den Rest ihres Lebens in Buße im Exil verbringen. Also hatten sich die Frauen, die geglaubt hatten, sie könnten Egwene wie eine Marionette umherzerren, nachdem der größte Teil ihres Einflusses auf den Saal geschwunden war, als ihr Verschworene wiedergefunden. Das kam selbst in den geheimen Aufzeichnungen selten vor. Es wurde von den Schwestern erwartet, der Amyrlin zu gehorchen, aber ihr Treue zu schwören war etwas völlig anderes. Die meisten schien dies noch immer zu beunruhigen, obwohl sie gehorchten. Nur wenige waren so schlimm wie Carlinya, aber Egwene hatte Beonins Zähne tatsächlich klappern hören, als sie Egwene nach geleistetem Schwur das erstemal mit den Sitzenden gesehen hatte. Morvrin schien stets aufs neue erstaunt, wann immer ihr Blick auf Egwene fiel, als glaube sie es noch immer nicht so recht, und Nisao runzelte ständig die Stirn. Anaiya schnalzte zur Mahnung an die Geheimhaltung mit der Zunge, und Myrelle zuckte häufig zusammen, wenn auch noch aus anderen Gründen als nur wegen des geleisteten Eides. Aber Sheriam war einfach nicht nur dem Namen nach in die Rolle der Behüterin der Chroniken Egwenes geschlüpft.
»Darf ich vorschlagen, diese Gelegenheit dazu zu nutzen, herauszufinden, was das umliegende Land an Nahrung und Futter zu bieten hat, Mutter? Unsere Vorräte sind fast aufgebraucht.« Sheriam runzelte besorgt die Stirn. »Besonders Tee und Salz, obwohl ich bezweifle, daß wir dies hier finden,«
»Tut was Ihr könnt«, sagte Egwene freundlich. Es kam ihr jetzt seltsam vor, daß sie einst Ehrfurcht vor Sheriam und erhebliche Angst vor ihrem Mißfallen empfunden hatte. Und es schien ihr ebenso seltsam, daß Sheriam, die jetzt nicht mehr die Herrin der Novizinnen war und Egwene nicht mehr in die von ihr gewünschte Richtung zu drängen versuchte, tatsächlich einen glücklicheren Eindruck machte. »Ich habe volles Vertrauen in Euch, Sheriam.« Die Frau strahlte bei diesem Lob offen.
Die Sonne war noch immer nicht über den Zelten aufgestiegen, aber das Lager war bereits in Bewegung. Das Frühstück war vorüber, und die Köche wuschen ab, unterstützt von einer Horde Novizinnen. Der Energie nach zu urteilen, mit der die jungen Frauen an die Arbeit gingen, schien es sie zu erwärmen, Kessel mit Schnee zu schrubben, aber die Köche bewegten sich schwerfällig, rieben sich den Rücken, hielten inne, um zu seufzen, zogen manchmal ihre Umhänge fester oder starrten freudlos in den Schnee. Zitternde Diener, welche die meisten Kleider trugen, die sie besaßen, hatten nach alter Gewohnheit damit begonnen, Zelte abzubauen und Wagen zu beladen, nachdem sie ihre eilige Mahlzeit beendet hatten, und stolperten jetzt umher, um die Zelte wieder aufzubauen und die Kisten wieder aus den Wagen zu hieven. Tiere, die bereits angeschirrt worden waren, wurden von erschöpften Pferdeburschen davongeführt, die mit hängenden Köpfen vorangingen. Egwene hörte einige wenige Proteste von Männern, die nicht bemerkten, daß Schwestern in der Nähe waren, aber der größere Teil der Leute schien zu müde, sich zu beschweren.
Die meisten Aes Sedai, deren Zelte wieder errichtet worden waren, verschwanden darin, aber einige wiesen auch noch die Arbeiter an, und andere eilten die festgetretenen Pfade auf eigenen Botengängen entlang. Anders als alle anderen zeigten sie äußerlich so wenig Müdigkeit wie ihre Behüter, denen es irgendwie gelang, den Eindruck zu erwecken, als hätten sie allen für diesen schönen Frühlingstag benötigten Schlaf bekommen. Egwene vermutete dies als den wichtigsten Teil dessen, wie eine Schwester Kraft aus ihrem Behüter zog, davon abgesehen, was sie mit dem Bund tun konnte. Wenn ein Behüter sich nicht eingestehen wollte, daß er fror oder müde oder hungrig war, mußte man es ebenfalls aushaken.
Auf einem der Querwege erschien Morvrin, die Takimas Arm umklammerte. Vielleicht zur Unterstützung, obwohl Morvrin die
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