Neue Schuhe zum Dessert
sie mit seinen dunklen Augen an und sagte langsam: »Du bist in Kenntnis gesetzt, aber gut.«
»In Kenntnis gesetzt? Wie sprichst du denn mit mir? Ich bin doch nicht ein Verleger, der die Tantiemen nicht rechtzeitig bezahlt.«
Aber er entschuldigte sich nicht. Er ging ohne ein weiteres Wort.
Nachts lag sie wach und dachte nach. Mark, der Allesmerker, hatte Recht, sie wegen ihres Zögerns zur Rede zu stellen. Sie war geschlagen: Sie wollte nicht das Signal geben, auf das hin Mark sich von Cassie trennte. Sie hatte gehofft, dass ein anderes Ereignis die Situation regeln würde – ihre Lieblingsversion war die, in der Cassie einen anderen Mann kennen lernte.
Aber Mark irrte sich, wenn er dachte, ihr Interesse an ihm lasse nach. In ihrem Kern war sie fest wie ein Fels. Manchmal fragte sie sich, was sie an ihm so anziehend fand. Gut, er erfüllte drei wichtige Punkte – er war klug, lustig und sexy – aber die Sache war größer, weniger konkret. Man kann die Gründe, warum man jemanden liebt, aufzählen – Selbstbewusstsein, Klugheit, sein Körper, die Tatsache, dass sie sich mit ihm nie langweilte –, aber irgendwas fehlte immer, der Faktor X, das magische Etwas. Und Mark hatte dieses magische Etwas, was immer es war, in großen Mengen.
Sie mochte niemanden lieber als ihn, und sie hatte, wenigstens unterbewusst, das Gefühl, dass die Dinge erst wirklich für sie wurden, wenn sie ihm davon erzählte. Wenn sie ein paar Tage getrennt waren, fing sie an, sich schmerzlich, fast körperlich, nach ihm zu sehnen. Er erkannte sie. Ihre Verbindung war uneingeschränkt ehrlich, zwei Menschen konnten nicht besser zueinander passen.
Sie konnte sich vorstellen, wie sie in der Zukunft aussehen würden, beide älter geworden, begeisterte Kreuzworträtsellöser, immer noch scharf aufeinander, immer noch die besten Freunde.
Diesmal hatte Mark ihren Widerstand benannt, und seine Verärgerung hatte sie gezwungen, über eine Hürde zu springen. Er würde Cassie verlassen, und das war in Ordnung. Ihr fiel eine Redensart ein: Der einzige Weg raus ist, es durchzustehen. Die andere Option bedeutete, Mark zu verlieren, und das kam ehrlich gesagt nicht infrage.
Sie war bereit. Oder so bereit, wie sie je sein würde. Aber sie hatte Mitleid mit Cassie …
Sie dachte an das, was Becky gesagt hatte: dass die Schwangerschaft vielleicht kein Unfall war. Vielleicht hatte sie sie zugelassen, damit die Entscheidung endlich getroffen würde. Aber obwohl sie sich gar nicht sicher war, dass sie wirklich schwanger war, glaubten alle anderen es mehr als sie selbst, und das war seltsam. Aber inzwischen glaubte sie es ein bisschen, und die Vorstellung gefiel ihr. Sie und Mark und ein Kind, das könnte schön sein. Das Leben wäre anders, nicht grundlegend, aber in einem guten Sinn.
Sie musste gestehen, dass sie nie unbedingt Mutter werden wollte. Sie hatte nie die gleiche Sehnsucht nach einem Kind verspürt wie andere Frauen. Aber weil es Teil des Ganzen war und weil es Marks Kind war, war es anders.
Sie legte die Hand auf den Bauch, das machte man doch so, oder? Na also, das fiel ihr nicht schwer. Wie würde ihr Kind aussehen? Dunkel, blond, rothaarig?
Durchsetzungsstark würde es sein, das stand fest. Wem immer es nachschlug. Wahrscheinlich waren ihrer beider DNAs gerade dabei, sich gegeneinander durchzusetzen. Mal sehen, wer das Rennen machte.
Lily
»So lange schon hatte dumpfe Angst schwer und drückend auf Caitriona gelastet, und nun war die Furcht Fleisch geworden und suchte das vierte Baby heim. Sie brauchte keine weiteren Beweise. Sie wusste es jetzt, hatte es im Grunde seit langem gewusst. Diese Häufung von Krebsfällen war außergewöhnlich, und es musste eine Ursache dafür geben …«
Niemand hörte zu. Ich war in einer Buchhandlung in Sheffield, auf meiner dreiwöchigen Lesereise mit Glasklar , und die achtzig Frauen, die dicht gedrängt in dem Raum saßen, betrachteten ihre Fingernägel, zählten die Teppichfliesen oder überlegten, was sie morgen kochen sollten – so versuchten sie die Zeit zu überstehen, bis ich aufhörte zu lesen.
Ich ließ meinen Blick über die Zuhörer schweifen: eine Gruppe von Frauen in weißen Gewändern, eine Dreiergruppe, die gebeten worden war, sich nach hinten zu setzen, weil sie mit ihren hohen spitzen Hüten die Sicht versperrte; die Gruppe ganz vorn, die mit selbst gemachten Zauberstäben gekommen war und mit Glitzerkram und Federn behängt war. Es gab natürlich auch normale
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