Neue Schuhe zum Dessert
ehrlich.«
Dann legte er auf, und fast konnte sie spüren, wie das Telefon sich entspannte, jetzt, da die Anstrengungen der vergangenen Tage vorüber waren.
Es handelte sich nicht um einen dummen Trick von Mark, um sie doch noch umzustimmen. Sie wusste, wie er funktionierte. Er hatte alles versucht, es hatte nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht, also gab er auf. Das Spiel war vorbei.
Und genau das hatte sie gewollt. Sie wollte nicht mehr zu ihm zurück.
Sie sah sich selbst, aus der Distanz, wie sie in ihrer Wohnung saß, an einem trüben Morgen im Februar, der beste Freund war weg, ihre Laufbahn war zerstört.
Darauf weinte Jojo so heftig und so lange, dass sie sich danach im Spiegel nicht wiedererkannte. Als sie ihr Gesicht in ein Becken mit kaltem Wasser tauchte, um die geschwollene Haut zu beruhigen, erwog sie, den Kopf nicht wieder zu heben und einfach zu ertrinken. Zum ersten Mal in ihren dreiunddreißig Jahren konnte sie verstehen, dass Menschen den Drang verspürten, sich das Leben zu nehmen.
Eine halbe Sekunde lang.
Dann riss sie sich zusammen. Kollegen? Wer brauchte die schon? Autoren? Die wachsen nach. Ein anderer Mark? Die gab es doch zuhauf, wenn sie sich wirklich aufraffen konnte.
Lily
Über eine Woche lebte ich in der Gewissheit, dass Anton und ich uns trennen würden. Ich hütete dieses schreckliche Wissen, als wüsste ich von einer Mordwaffe unter meinem Bett – es beunruhigte mich, aber ich konnte nicht den ersten Schritt machen.
Meine Überzeugung, dass unsere Zeit abgelaufen war, wurde dadurch bestärkt, dass ich das schon erlebt hatte. Nicht bei mir selbst, aber bei Mum und Dad. Ich wusste, dass das Schlimmste passierte, und zwar jeden Tag. Anton und ich hatten geglaubt, wir seien etwas Besonderes und würden von dem Auf und Ab der Liebe verschont, aber in Wahrheit waren wir ganz gewöhnlich, einfach zwei Menschen, die nicht Kurs halten konnten, wenn das Leben rauer mit ihnen umsprang.
Dennoch war ich zutiefst überrascht von Antons Reaktion, als ich ihm eröffnete, dass ich ausziehen würde. Ich hatte gedacht, er wüsste auch, dass es vorbei war und dass wir nur auf den richtigen Zeitpunkt warteten, um die Trennung zu vollziehen. Seit wir aus unserem Haus ausgezogen waren, hatte zwischen uns ein so tiefes Schweigen geherrscht, dass ich aufrichtig glaubte, das Ende unserer Beziehung sei bereits besiegelt. Ich war mir sicher, dass er mich still gehen lassen würde, in dem traurigen Wissen, dass es nicht geklappt hatte und dass es unter den Umständen ein Wunder war, wie lange wir zusammen geblieben waren und so weiter.
Aber er rastete aus.
Als Ema im Bett war, nahm ich die Fernbedienung und schaltete ohne Vorwarnung den Fernseher aus.
Er sah mich überrascht an. »Was ist?«
»Irina hat gesagt, Ema und ich könnten eine Weile bei ihr wohnen. Ich glaube, wir sollten schon bald ausziehen. Morgen?«
Ich wollte noch erklären, dass er Ema jederzeit besuchen könne, aber das konnte ich gar nicht, weil er explodierte.
»Wovon redest du?« Er umfasste mein Handgelenk so hart, dass es wehtat. »Lily?«, fragte er. »Lily? Was ist los?«
»Ich ziehe aus«, sagte ich schwach. »Ich dachte, das wüsstest du.«
»Nein.« Er sah mich entsetzt an.
Er bettelte. Er flehte. Er nahm meinen Schlüssel aus meiner Handtasche und stellte sich vor die Wohnungstür, obwohl ich gar nicht vorhatte, auf der Stelle zu gehen.
»Lily, bitte«, sagte er erstickt. »Ich bitte dich … ich flehe dich an, denk darüber nach.«
»Anton, ich tue nichts anderes, als darüber nachzudenken.«
»Dann schlaf drüber.«
»Schlafen? Ich habe seit Monaten nicht richtig geschlafen.«
Er fuhr sich mit der Hand über den Mund und fluchte leise vor sich hin. Ich hörte die Wörter »bitte« und »Gott«.
»Was hätte denn deiner Meinung nach mit uns geschehen können?«, fragte ich.
»Ich dachte, es würde besser werden. Ich dachte, es wäre schon besser geworden.«
»Aber wir sprechen nicht mehr miteinander.«
»Weil wir unser Zuhause verloren haben, das war etwas ganz Schreckliches. Aber ich dachte, wir würden uns neu formieren!«
»Wir formieren uns aber nicht neu. Auch in Zukunft nicht. Wir hätten nie zusammen sein dürfen, es war von Anfang an falsch, und es war von Anfang an klar, dass es ein schreckliches Ende nehmen würde. Das wussten wir die ganze Zeit.«
»Ich wusste das nicht.«
»Du willst immer nur das Positive sehen, aber in Wirklichkeit sind wir eine Katastrophe zusammen«, führte ich
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