Neue Schuhe zum Dessert

und den Klingelknopf so lange drückt, bis ich aufmache.«
    »Hier, trink ein Glas Wein, leg die Füße hoch und denk einfach nicht dran«, sagte Becky beruhigend.
    »Das geht nicht.« In dem Moment klingelte ihr Telefon. Sie blickte auf das Display. Diesmal war es nicht Mark. Sie drückte auf die Sprechtaste.
    »Hallo, Nathan! Ja, ich habe es vorhin versucht. Ich wollte nur wissen, ob Sie vielleicht einen Anruf von Richie Gant bekommen haben, mit einem Superangebot.«
    Jojo ging mit dem Telefon auf den Flur und lief auf und ab, während sie sprach. Dann kam sie wieder ins Zimmer und ließ sich aufs Sofa fallen. »Das war Nathan Frey. Anscheinend hat Gant alle meine Autoren angerufen. Alle wichtigen jedenfalls. Jetzt muss ich das Wochenende damit verbringen, den Schaden zu begrenzen und sie wieder zu mir zu holen.«
    Wieder klingelte ihr Telefon, sie griff danach, prüfte das Display, dann sagte sie in jovialem Ton: »Mr Eamonn Farrell, wie geht es Ihnen?«
    Wieder auf dem Flur, ihr angespanntes Auf und Ab stand im Widerspruch zu dem positiven Klang ihrer Stimme. Zurück ins Wohnzimmer.
    »Himmel Herrgott! Der reinste Albtraum. Gant bietet ihnen so niedrige Provisionen, dass er kaum daran verdienen kann. Das macht er nur, um mich zu ärgern.«
    Wieder klingelte ihr Telefon.
    »Lass es klingeln«, sagte Becky.
    »Das geht nicht.« Aber als sie auf das Display geguckt hatte, ließ sie das Telefon fallen wie eine heiße Kartoffel. »Mark.«
    Das Telefon klingelte und klingelte und klang von Mal zu Mal lauter und fordernder. Die drei betrachteten es angsterfüllt, dann hörte das Klingeln auf, und um sie herum breitete sich barmherzige Stille aus.
    »Stell es ab«, bat Becky sie.
    »Das geht nicht, meine Süßen. Ich warte auf Rückrufe von …« Sie zählte sie an ihren Fingern ab. »… von acht Autoren. Ich habe sie alle angerufen, als mir klar wurde, was Gant im Schilde führt. Sie sind in Panik, weil er ihnen ausgemalt hat, wie schlecht ich als Selbstständige sein werde. Ich muss erreichbar sein, um sie beruhigen zu können.«
    Das Telefon zirpte einmal, zweimal.
    »Eine Nachricht von Mark«, sagte Jojo.
    »Willst du sie nicht anhören?«
    »Das brauche ich nicht. Er sagt ja doch nur, dass er mich liebt und dass wir eine Lösung finden können.«
    »Und willst du das nicht?«, fragte Becky. »Ich meine, eine Lösung finden?«
    Jojo schüttelte knapp den Kopf und sprang dann auf, weil das Telefon wieder klingelte.
    Sie guckte auf die Nummer und gab Andy das Telefon. »Kannst du mal rangehen?«
    »Mark?«
    »Es ist nicht seine Nummer, aber ich habe das Gefühl …«
    Mit spitzen Fingern nahm Andy das Telefon. »Ah, Mark.«
    »Raffiniert«, sagte Jojo zu Becky. »Wahrscheinlich von einer Telefonzelle.«
    Andy sprach einen Moment, dann drückte er auf Aus.
    »Mark«, sagte er. »Er steht vor deiner Wohnung und klingelt seit einer halben Stunde. Er sagt, er wartet, bis du ihn reinlässt. Notfalls die ganze Nacht.«
    »Da muss er sich auf ein langes Warten einstellen.« Sie versuchte, munter zu klingen, aber sie fühlte sich schrecklich. Sie wollte nicht, dass er so war.
     
    Das ganze Wochenende und in die folgende Woche hinein klingelte ihr Telefon pausenlos, aber es kamen nicht die richtigen Anrufe. Ihre Kündigung hatte – verständlicherweise – in Verlagskreisen enorme Aufregung ausgelöst. Sie hatte an dem Tag, an dem sie zum Partner befördert wurde, ihre Kündigung eingereicht. WARUM? Der Theorien gab es viele: Sie habe herausgefunden, dass Richie Gant ihr uneheliches Kind war, das sie mit zwölf bekommen und zur Adoption freigegeben hatte. (Das kam von einem Lektor, der auf Fantasy spezialisiert war.) Sie hatte eine Beziehung mit Olga Fisher, die sie wegen Richie Gant verlassen hatte. (Von jemandem, der bei Virago arbeitete.) Sie hatte eine Affäre mit Mark Avery, der nicht für sie gestimmt und sie dann sitzen gelassen hatte. (Das war die Interpretation der meisten in der Verlagsbranche.)
    Doch schlimmer als die Anrufe von den Leuten, die aus reiner Neugier anriefen, waren die von ihren Autoren. Am Dienstagnachmittag rief Miranda England sie an, um ihre Entscheidung offiziell zu machen – sie ging zu Richie Gant. Das war für Jojo wie ein Schlag mit einem Baseballschläger. Am Mittwoch entschied sich Marjorie Franks für Richie. Am Donnerstag wechselten Kathleen Perry, Iggy Gibson, Norah Rossetti und Paula Wheeler zu Richie Gant, und am Freitag war es eine Dreiergruppe von Thrillerautoren, alle drei