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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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aus. »Guck doch, was wir aus unserem Leben gemacht haben. Wir hatten lauter gute Möglichkeiten, und wir haben sie alle verspielt.«
    Ich sagte »wir«, aber in Wirklichkeit meinte ich: »Ich hatte lauter gute Möglichkeiten, und du hast sie alle verspielt.«
    Aber das musste ich gar nicht aussprechen, er war nicht dumm, er hatte das schon begriffen.
    »Wir hatten Pech«, sagte er wieder.
    »Wir waren arrogant und größenwahnsinnig und dumm.« (Das heißt, du warst das.)
    »Weil wir ein Haus kaufen wollten mit Geld, von dem alle glaubten, dass es fließen würde? Was ist daran größenwahnsinnig? Eine vernünftige Entscheidung, gekoppelt mit Pech, so sieht es für mich aus.«
    »Riskant und rücksichtslos, so klingt es für mich.«
    Er lehnte sich erschöpft an den Türrahmen. »Es hat mit deiner Vorgeschichte zu tun, weil dein Dad eurer Haus nicht halten konnte. Das hat sich so schrecklich auf dich ausgewirkt.«
    Ich sagte nichts. Wahrscheinlich stimmte es.
    »Du bist böse auf mich«, sagte er.
    »Das stimmt nicht«, sagte ich. »Ich hoffe, dass wir Freunde bleiben können. Aber, Anton, wir sind nicht gut füreinander.«
    Er sah mich an, Entsetzen stand in seinem Gesicht, und ich senkte den Blick.
    »Was ist mit Ema?«, fragte er. »Wenn wir uns trennen, kann das nicht gut für sie sein.«
    »Ich tue es wegen Ema«, sagte ich und war plötzlich wütend. »Ema ist meine oberste Priorität. Ich will nicht, dass sie so aufwächst wie ich. Ich will, dass sie in stabilen Verhältnissen groß wird.«
    »Du bist böse auf mich«, sagte Anton wieder. »Sehr böse.«
    »Nein! Aber wenn du das noch oft sagst, dann bin ich es vielleicht.«
    »Ich werfe dir nicht vor, dass du böse bist. Ich könnte mich selbst umbringen, weil ich so viele Fehler gemacht habe.«
    Ich beschloss, darüber hinwegzugehen.
    Was immer er sagte, er würde mich nicht umstimmen. Unsere Beziehung war vorüber, und ich hatte das ehrliche Gefühl, dass wir uns trennen mussten und solange vom Pech verfolgt würden, bis wir das Unrecht, das wir begangen hatten, als ich ihn Gemma wegnahm, wieder gutgemacht hatten.
    Als ich ihm das sagte, ging er an die Decke: »Du bist einfach nur abergläubisch. Das Leben funktioniert nicht so.«
    »Es ist uns nicht bestimmt, zusammen zu sein, ich wusste von Anfang an, dass es in einer Katastrophe enden würde.«
    »Lily, hör mir zu, Lily …«
    »Du kannst sagen, was du willst«, unterbrach ich ihn, »ich gehe, ich muss gehen.«
    Er gab sich geschlagen und schwieg, dann fragte er: »Wenn du das wirklich machen willst, darf ich dich um etwas bitten?«
    »Was?«, fragte ich abweisend. Er würde mich doch nicht um Sex als Abschiedsgeschenk bitten?
    »Ich möchte nicht, dass Ema das sieht. Könnte jemand auf sie aufpassen, während du …« Er sprach nicht weiter, dann presste er hervor: »… packst?«
    Er fing leise an zu weinen, und ich betrachtete ihn verwundert. Wieso war das so ein Schock für ihn?
    »Natürlich. Ich bitte Irina, sie zu nehmen.«
    Dann ging ich ins Bett. Es war viel schwieriger gewesen, als ich angenommen hatte, aber je schneller es vorbei war, desto besser. Ich hörte ihn ins Bett kommen, und in der Dunkelheit legte er seinen Kopf an meinen Rücken und flüsterte: »Bitte, Lily«, aber ich lag steif da wie ein Krebs, bis er sich auf seine Seite legte. Am Morgen rief ich Irina an, sie kam, nickte Anton teilnahmsvoll zu und nahm Ema mit. Dann versuchte ich Anton zu bewegen, die Wohnung zu verlassen. Ich wollte nicht, dass er herumsaß, mir mit trauriger Miene von Zimmer zu Zimmer folgte und zuguckte, als wäre es ein Video. Mir machte das auch keinen Spaß, und dass er so unglücklich war, verschlimmerte alles nur. Er sah zu, wie ich drei Taschen packte, aber er half mir nicht, sondern erklärte: »Ich will keinen Anteil daran haben.« Aber als ich eine Reisetasche vom Schrank zerren wollte, murmelte er: »Himmel, sei vorsichtig«, und hob sie für mich herunter.
    »Vielleicht wäre es besser, du wärst nicht da, wenn ich fahre«, sagte ich.
    Aber nichts da. Bis zur letzten Minute versuchte er, mich umzustimmen. Und als ich ins Taxi stieg, sagte er: »Lily, es ist nur vorübergehend.«
    »Es ist nicht vorübergehend.« Ich sah ihm fest in die Augen. Er musste es ganz klar wissen. »Bitte, gewöhne dich daran, Anton. Es ist für immer.«
    Dann fuhr das Taxi ab und brachte mich in mein neues Leben, und ich weiß, dass es schrecklich grausam klingt, aber zum ersten Mal, seit wir uns begegnet waren,

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