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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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in dem Andenkengeschäft des National-Trust-Herrensitzes in der Nähe), nahm sie Ema einfach mit. Und wenn sie nicht arbeitete, ging sie mit Ema über die Wiesen und pflückte Frühlingssträuße, und die beiden wurden (wie Mum es nannte) »Frauen, die mit den Schafen laufen«, sodass ich genug Freiraum hatte, meine Geschichte aufs Papier zu bringen.
    Meine Heldin hieß Grace – nicht sehr einfallsreich, ich weiß, aber immer noch besser, als sie Lucky zu nennen –, und sie war der Star einer komplizierten Liebesgeschichte mit sechs Hauptpersonen, die sich vor dem Hintergrund all der schrecklichen Dinge, die uns nicht zustoßen, abspielte.
    Am ersten Abend las ich Mum und Ema vor, was ich geschrieben hatte.
    »Schatz, das ist wunderhübsch«, sagte Mum.
    »Schmutzig«, stimmte Ema ihr zu. »Ganz dreckig.«
    »Es ist so herzerfrischend. So fröhlich.«
    »Du bist meine Mutter«, sagte ich, »ich muss eine unparteiische Stimme hören.«
    »Ich würde dich doch nicht belügen, Schatz. Ich bin nicht so als Mutter.« Und dann fügte sie unbekümmert hinzu: »Als ich darauf bestand, dass der Doktor kommen sollte, bin ich dir hoffentlich nicht zu nahe getreten. Ich war nur besorgt um dich.«
    »Ich weiß.«
    »Übrigens hat Anton wieder angerufen, er möchte Ema unbedingt sehen.«
    »Das geht nicht, er kann nicht herkommen. Das hat mir der Arzt geraten. Ich könnte etwas Übereiltes tun.«
    »Du kannst ihm nicht das Recht verweigern, sein Kind zu sehen, besonders nicht, nachdem sie fast gestorben wäre. Lily, versuch doch mal, weniger egoistisch zu sein.«
    Es ging nicht um Anton, ich musste an Ema denken. Obwohl sie das neueste Trauma mit ihrer typischen Widerstandsfähigkeit meisterte, war ein regelmäßiger Kontakt zu ihrem Vater sehr wichtig für ihr Wohlergehen.
    »Meinetwegen«, murmelte ich, verstockt wie ein Teenager.
    Mum ging aus dem Zimmer und kam kurz darauf zurück. »Er kommt morgen früh. Er hat mich gebeten, dir zu danken.«
     
    »Mum, wenn Anton heute kommt, dann musst du ihn begrüßen und ihm Ema geben, ich kann das nicht.«
    »Warum denn nicht, um Himmels willen?«
    »Weil der Arzt«, sagte ich wieder, »es mir geraten hat. Ich könnte etwas Übereiltes tun.«
    »Übereilt, wie meinst du das?«
    »Einfach … übereilt. Ich muss warten, bis diese … Adrenalinphase, oder was immer das ist, vorüber ist, dann kann ich ihn wieder sehen.«
    Sie schüttelte den Kopf und schüttelte ihn noch mehr, als ich die Vorhänge im Zimmer zuzog, falls Antons Anblick einen Ausbruch übereilten Verhaltens auslösen würde. Ich vertiefte mich in Graces kompliziertes Liebesleben und ihr glückliches Entrinnen und wartete, dass die Zeit verging.
    Stunden später kam Mum ins Zimmer. Ich zog die Ohrstöpsel heraus (die ich reingesteckt hatte, falls Antons Stimme einen Ausbruch von übereiltem Verhalten auslösen konnte) und fragte: »Ist er gefahren?«
    »Ja.«
    »Wie geht es ihm?«
    »Gut. Er hat sich riesig gefreut, Ema zu sehen, und sie war außer sich vor Freude. Sie ist Papis Schätzchen, kein Zweifel.«
    »Hat er nach mir gefragt?«
    »Natürlich.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Er hat gefragt: ›Wie geht es Lily?‹«
    »Mehr nicht?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Und worüber habt ihr gesprochen?«
    »Nichts Besonderes eigentlich. Wir haben mit Ema gespielt. Die Schafe verscheucht.«
    »Und als er ging, hat er da was über mich gesagt?«
    Mum dachte nach. »Nein«, sagte sie dann, »kein Wort.«
    »Reizend«, murmelte ich zum Bildschirm hin.
    »Was interessiert es dich? Du hast ihn doch verlassen.«
    »Es interessiert mich ja nicht. Ich bin nur überrascht, wie unhöflich er ist.«
    »Unhöflich?«, fragte Mum. »Das sagst du, nachdem du den ganzen Nachmittag mit zugezogenen Vorhängen und Ohrstöpseln im Ohr hier dringesessen hast? Unhöflich, Schatz?«
     
    Sein zweiter Besuch verstörte mich nicht so sehr wie sein erster: Er kam, um seine Tochter zu sehen, und dazu hatte er jedes Recht. Mum sagte, ich solle froh sein, dass mein Kind einen so hingebungsvollen Vater hatte, und da hatte sie Recht. Danach kam er alle fünf oder sechs Tage aus London, und bei jedem seiner Besuche schloss ich mich ein. Aber einmal hörte ich – durch die Ohrstöpsel – sein Lachen, und das riss alte Wunden wieder auf; ich war überrascht, wie groß der Schmerz immer noch war.
    Eines Abends trug ich Ema ins Bett, und sie flüsterte, so leise, dass ich es kaum hörte: »Anton riecht gut.« Das musste nichts bedeuten, Ema war keine

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